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Betrieb & Gewerkschaft

BSH Berlin: Erfolg eines Abwehrkampfes – ohne Abwehr und ohne Kampf

Von Korrespondentin Berlin | 29.09.2005

Im Mai diesen Jahres verkündete die Unternehmensleitung von Bosch-Siemens-Hausgeräte die Stilllegung der Produktion in Berlin bis Ende 2006. 1.100 ArbeiterInnen und Angestellte arbeiten dort. 700 Arbeitsplätze standen mit der Schließung auf dem Spiel.

Im Mai diesen Jahres verkündete die Unternehmensleitung von Bosch-Siemens-Hausgeräte die Stilllegung der Produktion in Berlin bis Ende 2006. 1.100 ArbeiterInnen und Angestellte arbeiten dort. 700 Arbeitsplätze standen mit der Schließung auf dem Spiel.

Überraschend nahm nun am 29.8.2005 die Unternehmensleistung die Schließungspläne zurück und kündigte an, eine Fortführung der Produktion zu prüfen.

Ein Erfolg der IG Metall?

Viele Beschäftigte sind erleichtert. Aber es gibt viele Gründe misstrauisch zu sein. Es gibt keine schriftliche Vereinbarung über den Erhalt des Produktionsstandorts im bisherigen Umfang. Das aktuelle Modell läuft Mitte 2007 aus und die Unternehmensleitung schloss bereits aus, dass dann das neue Produkt nach Berlin kommt. Die Linie soll in Nauen (Brandenburg) nach weiteren Investitionen von rund 90 Mio. Euro  gebaut werden. 5 Mio. Euro staatliche Fördergelder sind schon beantragt. Das heißt, dass ein Konzern, der bereits Gewinne macht, mit Hilfe von Steuergeldern noch mehr Gewinne machen will. Dies in einem Betrieb, den BSH als GmbH ausgelagert hat, um dort untertariflich zu paradiesischen Ausbeutungsverhältnissen zu produzieren.
Aber auch ohne Schließung des Werkes wird es in Berlin Stellenabbau geben. Der Betriebsrat sprach auf einer Betriebsversammlung von notwendiger “Anpassung an die Produktion”. Nach dem bereits laufenden Sozialplan dürfen immerhin 100 ArbeiterInnen bis Ende 2006 mit geringeren Abfindungen entlassen werden.
Es bleibt unklar, unter welchen Bedingungen in Berlin zunächst weiterproduziert wird. Die Verhandlungen laufen. Viele Beschäftigte sehen in der Rücknahme der Schließung lediglich eine Verzögerungstaktik, um in aller Ruhe ohne Streikgefahr zu verhandeln.

Es droht der Verkauf der Beschäftigten!

Die IGM-Verantwortlichen klopfen sich nach dem Rückzug von BSH auf die Schulter. Sie schreiben es ihrer tollen Verhandlungstaktik mit extrem hohen Abfindungsforderungen zu. Was in den Gesprächen genau verhandelt wurde, weiß die Belegschaft jedoch bis heute nicht. Aber ein paar Schweinereien sind herausgekommen. So haben die Verhandlungsführer der IGM bereits die Streichung des Urlaubsgeldes, eine Beschäftigungsgesellschaft und eine Arbeitszeitverlängerung auf 40 Stunden angeboten. Aber nicht nur dies. Die IGM schlug sogar ein Management-Buy-Out vor, so dass die Beschäftigten dann in Zukunft das Produktionsrisiko selbst hätten tragen müssen, wenn sie den Betrieb unter eigener Regie weiter geführt hätten.
Im Mai noch kündigte die IG Metall einen Streik für Juli an und versicherte den Beschäftigten den Kampf um alle Arbeitsplätze. Die ArbeiterInnen waren auch streikbereit – wenn die IGM dazu aufgerufen hätte. Doch die IG Metall-Verantwortlichen schleppten sich lediglich von Aktionstag zu Aktionstag, um wenigstens den Schein der Kampfbereitschaft aufrecht zu halten. Nicht einmal ihre Taktik, die Abfindungssummen in die Höhe zu treiben, um die Verhandlungen darüber geschickt scheitern zu lassen und um dann legal in einen Streik treten zu können, haben die lokalen IGM –Funktionäre und die Betriebsräte angewendet.

Kein Rückzug, sondern taktisches Manöver

Warum aber hat ein großer Konzern wie Bosch-Siemens so unerwartet einen Rückzieher gemacht? Die IGM hat dieses Mal mehr Glück als Verstand gehabt. Sicherlich musste die Werksleitung mit einem Streik rechnen, auch wenn die IGM-Bürokratie alles daran setzte, dies zu verzögern. Zusätzlich haben alle Verantwortlichen die Situation regelmäßig so schwarz wie möglich gemalt, um zu entmutigen. Doch BSH wollte offenbar alles oder nichts und die Bundestagswahlen haben ihrerseits Druck ausgeübt. Ein Streik vor den Wahlen wäre politisch ein falsches Signal gewesen. Ein Glück für die BSHler – doch wie lange? Das Unternehmen hält sich weiterhin alle Optionen offen – auch eine spätere Schließung.  Der Konzern wird wieder zum Angriff übergehen. Die IGM will die diplomatischen Spielchen mitmachen und ist bereit, die Interessen der Arbeitenden zu verscherbeln. Für die Belegschaft von BSH gibt es allen Grund, sich auf künftige Kämpfe vorzubereiten. Doch dies muss unter der Regie der BSH-ArbeiterInnen selbst geschehen, denn die IG Metall-Sekretäre haben gezeigt, dass sie nicht bereit sind, alles für den Erhalt der Arbeitsplätze und die Arbeitsbedingungen zu tun.

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