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Body Count

Von Harry Tuttle | 01.01.2005

Zuverlässige Informationen über den Irakkrieg gibt es kaum, am ehesten haben noch britische Journalisten des Guardian und der BBC bewiesen, dass auch in das US-Militär „eingebettete“ Reporter Distanz halten können. Doch nicht nur US-Militärzensoren, auch rechtsextreme Terrorgruppen, die Journalisten entführen und ermorden, verhindern eine unabhängige Berichterstattung.

Viele Berichte und Gerüchte bleiben unüberprüfbar, und auch Teile der Friedensbewegung und der Linken stützen sich häufig auf unseriöses Material. So ist die von der britischen Zeitschrift Lancet veröffentlichte Studie, die von 100.000 zivilen Kriegstoten spricht, bestenfalls eine grobe Schätzung. „Wir schätzen, dass es in der Nachkriegsperiode 98.000 Extratote (95 Prozent CI 8000-194000) gegeben hat“, resümieren die Autoren. Die Angaben in Klammern bedeuten jedoch, dass sie sich zu 95 Prozent sicher sind, dass die Zahl zwischen 8.000 und 194.000 liegt und einfach den Mittelwert gebildet haben, weil das eine gute Schlagzeile ergibt.
Zuverlässiger sind die aus Berichten der Medien, Kranken- und Leichenschauhäuser gewonnenen Daten von Iraq Body Count (IBC) (www.iraqbodycount.net), demnach lag die Zahl der zivilen Kriegsopfer Mitte Dezember zwischen 14.800 und 17.000. IBC beziffert die Zahl der getöteten ZivilistInnen während des ersten US-Angriffs auf Falluja auf 600, für den Angriff im November wurde noch kein Bericht vorgelegt. Obwohl mehr als 200.000 ZivilistInnen die Stadt vor Beginn der Offensive verlassen hatten, dürfte die Zahl der Toten höher sein. Bereits vor der Offensive hatte ein Pentagon-Beamter gegenüber der New York Times erklärt, dass so genannte Kollateralschäden der Einschüchterung dienen: “Wenn Zivilisten im Zusammenhang mit diesen Angriffen sterben (…), müssen die Einheimischen irgendwann eine Entscheidung treffen (…). Wollen sie die Aufständischen beherbergen und die Konsequenzen tragen?”
Die Realität im Irak ist brutal genug. Übertreibungen und der Bezug auf spektakuläre Hypes der Medien sind überflüssig und schaden der Glaubwürdigkeit der Antikriegsbewegung.

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