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Innenpolitik

Blockupy: eine Bilanz

Von Linda Martens | 01.08.2013

Blockupy Frankfurt vermittelt sowohl einen Eindruck davon, wie die hiesige Protestbewegung gegen die Politik der Troika aufgestellt ist, als auch vom hierzulande HERRschendenDemokratieverständnis.

Blockupy Frankfurt vermittelt sowohl einen Eindruck davon, wie die hiesige Protestbewegung gegen die Politik der Troika aufgestellt ist, als auch vom hierzulande HERRschendenDemokratieverständnis.

Ein Rückblick auf Frankfurt am Main, Mitte Mai 2012:

Eine Stadt wie im Belagerungszustand. Bahnstationen im Bereich der Europäischen Zentralbank (EZB) werden nicht mehr angefahren. Polizeiketten versperren FußgängerInnen immer wieder den Weg und zwingen zur Umkehr. Ein Protestcamp wird nicht zugelassen. Platzverweise werden erteilt und Men- schen willkürlich festgesetzt.

Die geplanten Proteste gegen die Politik der Troika werden durch die massive Repression im Keim erstickt. Nicht das politische Anliegen von Blockupy, sondern der maßlose Polizeieinsatz ist das Thema der Medien. Erst mit der Demonstration mit 25.000 TeilnehmerInnen zum Abschluss der Aktionstage gibt es aus der BRD doch noch Bilder von massenhaftem Protest gegen die Austeritätspolitik.
Demokratie?
Fast genau ein Jahr später, am 1. Juni 2013, zum gleichen Anlass am selben Ort:

Die Stimmung ist entspannt. Doch die etwa 10.000 DemonstrantInnen kommen nur wenige hundert Meter weit. Dann werden circa tausend Menschen aus dem an der Spitze laufenden „Antikapitalistischen Block“ von der Polizei eingekesselt, ohne dass sie dazu einen Anlass geliefert hätten. Später wird aus Polizeikreisen bekannt, dass dieser Einsatz bereits im Vorfeld geplant war. Die Bilder, die sich nun bieten, ähneln auf frappierende Weise denen, die zeitgleich auf dem Taksim-Platz in der Türkei zu sehen sind: Tränengasschwaden, prügelnde PolizistInnen, viele verletzte DemonstrantInnen.

Der Demonstrationszug dahinter erfüllt die Erwartung der Repressionskräfte nicht, den Ort des Geschehens zu verlassen und auf einer neuen Route die Demo einfach fortzusetzen. Die Menschen harren vielmehr an Ort und Stelle aus, bis nach geschlagenen zehn Stunden auch die letzten Eingekesselten von der Polizei abgeführt werden.

Ihr solidarisches Verhalten ist die große Stärke der Demonstration von Blockupy 2013. Auch wenn ihr der Zug vorbei an der EZB verwehrt wurde, so hat sie ihr politisches Ziel doch erreicht: mit einem breiten Bündnis den Protest gegen die Troika auch in der BRD deutlich sichtbar auf die Straße zu tragen.

Mit gut 10.000 Beteiligten bleibt die TeilnehmerInnenzahl aber deutlich hinter der vom Vorjahr zurück. Hier zeigt sich die Schwäche des Bündnisses, das die Aktionstage vorbereitet hat. Die eigene Basis konnte nicht in gleichem Maße wie 2012 mobilisiert werden. Gleichzeitig war das Bündnis nicht in der Lage, neue Sektoren für die Teilnahme an den Protesten zu gewinnen. Dies liegt sicherlich nicht zuletzt an den „privilegierten“ Bündnisabsprachen von Interventionistischer Linker (IL), Attac und Linkspartei bei der Vorbereitung der Aktionstage.
Ihre Demokratie…
Der 1. Juni 2013 in Frankfurt ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie in der BRD die bürgerliche Demokratie hinter ihr eigenes rechtliches Regelwerk und ihre proklamierten Werte zurückfällt:

Eine erlaubte Demonstration wird von den Repressionskräften auf Anweisung der hessischen Polizeiführung eigenmächtig verhindert, um sie vom Heiligtum der Herrschenden fernzuhalten. Gegen die TeilnehmerInnen wird ohne Not exzessiv Gewalt angewandt. Es gibt über 320 Verletzte, unter ihnen mehrere Schwerverletzte. Auch die Presse bleibt nicht verschont. Die vermummten TäterInnen in Uniform können nicht identifiziert werden. Solche Zustände kennt man von Diktaturen.

Die offizielle Politik schweigt zunächst dazu, bis sie sich durch kritische Presseberichte zur Stellungnahme gezwungen sieht. Stattdessen vernehmen wir Äußerungen, mit denen Erdogan wortreich verurteilt wird. Welch glücklicher Zufall für die HandlangerInnen der Herrschenden hierzulande, dass sie sich auf diese Weise als VerteidigerInnen der Demokratie aufspielen können.
… und unsere Antwort
Für uns – wie für viele Menschen hier und anderswo – kann die Antwort darauf nur sein:
Jetzt erst recht! Taksim ist überall!

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