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Länder

Auswanderung aus Deutschland

Von Larissa | 01.09.2005

602 000 Zuwanderer kamen im Jahr 2004 nach Deutschland. Mit dieser Zahl wird Politik gemacht und die Befürchtung verbreitet, dass Deutschland von sog. Ausländern überrollt würde. Weniger oft erwähnt wird jedoch, dass im selben Jahr eine größere Zahl an Personen Deutschland verließ, nämlich – nach den vorläufigen Angaben des statistischen Bundesamtes – fast 697 000. Von diesen fast 700 000 Personen waren ca. 150 000 Deutsche, das sind 18% mehr als im Jahr 2003 und immerhin 31% mehr als durchschnittlich in den Jahren 1991-2002.

Es liegt relativ klar auf der Hand und ist gut erforscht, warum Nichtdeutsche Deutschland wieder verlassen und in ihr Ursprungsland zurückkehren oder in ein anderes Land weiter wandern: Sie haben in Deutschland keine Perspektive, ihre Aufenthaltsgenehmigung läuft ab, ihr Asylgesuch wurde abgelehnt, sie sind von Abschiebung bedroht oder werden abgeschoben. Es gibt aber über die Gründe für die Auswanderung von Deutschen und den deutlichen Anstieg dieser Auswanderung im letzten Jahr kaum statistische Erhebungen.
Einerseits spielen sicherlich persönliche Gründe eine Rolle wie Abenteurertum, direkter Bezug zum Einwanderungsland (z.B. durch Verwandtschaft), Neugier auf ein anderes Leben, etc. Es scheinen aber auch wirtschaftliche und sozialpolitische Gründe eine Rolle zu spielen. So wird das Leben in Deutschland als “eng” und “reglementiert” empfunden, es gibt aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und der krassen Einschnitte ins soziale Netzwerk bei vielen Menschen große Zukunftsängste und Perspektivlosigkeit und es scheinen auf gesellschaftlicher Ebene kaum mehr Alternativen zum bestehenden hochkonkurrenten System auf.
Aber es sind nicht allein die sog. Push-Faktoren, die Menschen dazu bewegen, auszuwandern. Hinzu kommen auch die Pull-Faktoren, die ein Land als Ziel erst attraktiv machen, z.B. beschrieben in den 80er Jahren deutsche AuswanderInnen nach Australien ihre Gründe für die Auswanderung einerseits damit, dass sie mit dem Leben im dicht besiedelten, hektischen Deutschland unzufrieden seien. Andererseits wünschten sie sich aber auch mehr  Natur, eine sauberere Umwelt und waren der Auffassung, Australien sei ein sicherer Platz im Fall eines Atomkriegs in Europa. Auch schöneres Wetter ist oft ein Kriterium für die Entscheidung für ein Zielland – damals wie heute, wenn z.B. viele Menschen in Rente wegen der Sonne  nach Spanien auswandern.

Faktor Arbeit
Einer der wichtigsten Faktoren, warum Menschen wandern, war zu allen Zeiten jedoch immer die Arbeit. Auch in Deutschland scheint die Arbeitsauswanderung zuzunehmen. Aus einigen ostdeutschen Bundesländern, aus denen es schon seit Jahren eine starke Abwanderung nach Westdeutschland gibt, führt für immer mehr Personen der Weg aus der Arbeitslosigkeit in ein anderes Land. Wichtige Zielländer für deutsche ArbeitsauswanderInnen sind hierbei Österreich, die Schweiz, die Niederlande, Großbritannien, Irland und Skandinavien – alles Länder, in denen Arbeitskräfte v.a. in den Bereichen Bau, Handwerk, Hotellerie und Gesundheit gesucht werden. Für das Ursprungsland bedeutet die Auswanderung immer einen Verlust, da es oft gerade die höher Qualifizierten, Engagierteren, Flexibleren und Kreativeren sind, die gehen. Die Bundesagentur für Arbeit jedoch möchte, wie sie in einem Text anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung  mit dem ihr angegliederten erweiterten Europaservice  ”die Freizügigkeit von Arbeitnehmern innerhalb der EU noch besser fördern und einen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit leisten”. Für die Arbeitsagentur ist die Vermittlung deutscher Arbeitsloser in andere Länder eine realistische Option. Inwieweit die Bewerbung im Ausland in nächster Zeit obligatorisch werden wird, um in Deutschland weiter ALG II empfangen zu können, wird sich zeigen.

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