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Aufstand und Proteste in Oaxaca

Von Larissa Reissner | 01.01.2007

Nach der gewaltsamen Niederschlagung eines Streiks von LehrerInnen im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca, die um eine Verbesserung der Bildungssituation im Land und um die Erhöhung ihres niedrigen Gehalts kämpften, kam es in der Stadt Oaxaca zum Aufstand. Oaxaca, das im Süden Mexikos liegt, ist einer der ärmsten Bundesstaaten Mexikos

Nach der gewaltsamen Niederschlagung eines Streiks von LehrerInnen im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca, die um eine Verbesserung der Bildungssituation im Land und um die Erhöhung ihres niedrigen Gehalts kämpften, kam es in der Stadt Oaxaca zum Aufstand.

Oaxaca, das im Süden Mexikos liegt, ist einer der ärmsten Bundesstaaten Mexikos. Ein Großteil der ärmsten Gemeinden des Landes (ohne Trinkwasser-, Abwasser- und Stromversorgung) befindet sich dort. Hinsichtlich Bildung, Arbeit, Einkommen und Gesundheit gehört Oaxaca zu den mexikanischen Schlußlichtern. 20% der BewohnerInnen des Bundesstaats können nicht lesen und schreiben.

Wie in ganz Mexiko gehören auch in Oaxaca Gewalt und Unterdrückung, Korruption, Armut, Marginalisierung und Diskriminierung zur gesellschaftlichen Realität. Oaxacas gegenwärtiger Gouverneur Ulises Ruiz gehört der PRI (Partei der Institutionellen Revolution) an. Er ist für Korruption und repressives Vorgehen bekannt.
Streik mit Toten
Vom 22.Mai an wurde der Hauptplatz von Oaxaca von Streikenden und DemonstrantInnen besetzt gehalten. Bereits bei seiner Räumung am 14. Juni kam es zu 10 Todesopfern, 90 Festnahmen und zahlreichen Verletzten.
In der Folge solidarisierte sich die Bevölkerung mit den protestierenden LehrerInnen und gründete die basisdemokratische APPO, die Asamblea Popular del Pueblo de Oaxaca (die Volksversammlung der Bevölkerung von Oaxaca), der sich bald mehr als 300 Organisationen (indigene Gemeinden, Gewerkschaften, etc.) anschlossen. Die APPO stellte ihren ausdrücklich friedlichen Protest unter die Hauptforderung nach dem Rücktritt des korrupten Gouverneurs. Im Zuge der Proteste wurden Rathäuser, öffentliche Straßen, Plätze und Gebäude besetzt.

Der Gouverneur suchte jedoch nicht den Dialog mit den Protestierenden, sondern ging seit dem 27. Oktober mit massiver Gewalt und Repression gegen diese vor. Spezialeinheiten (Bundespolizei) wurden eingesetzt, um den Aufstand zu beenden. Zahlreiche Personen, Protestierende und auch zufällige Passanten, wurden gefangen genommen, verschwanden und wurden in staatlichen Gefängnissen gefoltert. Auch Tote gab es.

Dies führte dazu, dass sich der Aufstand ausweitete. Barrikaden wurden errichtet. 80 Regierungsgebäude wurden besetzt. (Die Regierung richtete sich solange provisorisch in Luxushotels ein.) Die Aufständischen verdrängten frühere Behörden; Kongresse und Versammlungen fanden statt; eine neue Verfassung wurde diskutiert und Medien wurden der staatlichen Kontrolle entzogen und berichteten über die Ereignisse. Vor allem einige Radiosender spielten hierbei eine bedeutende Rolle.
Ausdrücklich gewaltfrei
Gegen die unbewaffneten DemonstrantInnen, die ausdrücklich zu friedlichem, gewaltfreiem Widerstand aufriefen, ging die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas vor, gegen die Barrikaden der Aufständischen mit Bulldozern. Auch mit paramilitärischen Aktionen versuchte die Regierung, den Aufstand niederzuschlagen und die Kontrolle über die Stadt wieder zu erlangen. Bei einer Großdemonstration am 25.November, zu der das APPO-Bündnis mobilisiert hatte, um seiner Forderung nach Absetzung von Gouverneur Ruiz Nachdruck zu verleihen, kam es erneut zu schweren Zusammenstößen zwischen DemonstrantInnen und Bundespolizei. 141 Menschen wurden verhaftet und in ein 1200 Kilometer entferntes Gefängnis verschleppt. Nach dem letztem Stand der Dinge konnten bisher weder AnwältInnen noch Angehörige Kontakt zu ihnen aufnehmen.
Jedoch gelang es der Regierung erst am 29. November, auch die letzte Barrikade der Rebellen räumen zu lassen und die Stadt wieder unter ihre Kontrolle zu bringen.
Proteste gehen weiter
Die Menschen in Oaxaca lassen sich jedoch nicht so einfach „kontrollieren“. Es gibt nach wie vor zahlreiche Demonstrationen und Protestveranstaltungen und nach wie vor geht die Regierung mit Repression gegen die DemonstrantInnen und AktivistInnen vor. Es kommt zu zahllosen und wahllosen Festnahmen, Vergewaltigungen und zu Folter.

Bisher sind ca. 20 Tote, Hunderte von Verletzten, Folteropfer, Inhaftierte und Verschwundene zu beklagen.
Der umstrittene Amtsantritt Felipe Calderons, Mexikos neuem Präsidenten, der der Partei der Nationalen Aktion (PAN) angehört, verspricht keine Entspannung – im Gegenteil – die Lage droht weiter zu eskalieren. Nur wenige Tage nach dem 1. Dezember, dem Datum des Amtsantritts dieses Präsidenten, der eine konservative und wirtschaftsliberale Politik vertritt, begannen die Sicherheitsbehörden weiter die Repression gegen AktivistInnen der APPO zu verschärfen.
Aber die Proteste gehen weiter und auch zahlreiche internationale Organisationen solidarisierten sich bereits mit den Forderungen der APPO nach einem „Stopp der staatlichen Repression“, nach „Freiheit für alle politischen Gefangenen“, nach „Einhaltung der Menscherechte“ nach „Weg mit allen korrupten Politikern“, nach „Militär und Bundespolizei raus aus Oaxaca“ und nach Frieden und Gerechtigkeit. 

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