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Innenpolitik

Am 3. Juni die Rote Karte für Sozialabbau – Protestieren wie in Frankreich

Von Tom Bogen | 29.04.2006

Unter dem Motto „Schluss mit den Reformen gegen uns! Gemeinsam gegen Massenentlassungen, Sozialabbau, innere Aufrüstung und Krieg“ werden am ersten Juni-Wochenende viele tausend Menschen in Berlin auf die Straße gehen. Die Demonstration soll ein Kristallisationspunkt der Abwehrkämpfe sein, die in letzter Zeit geführt wurden. Die Vorbereitungen hierzu stehen unter dem Eindruck der Proteste in Frankreich.

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Unter dem Motto „Schluss mit den Reformen gegen uns! Gemeinsam gegen Massenentlassungen, Sozialabbau, innere Aufrüstung und Krieg“ werden am ersten Juni-Wochenende viele tausend Menschen in Berlin auf die Straße gehen. Die Demonstration soll ein Kristallisationspunkt der Abwehrkämpfe sein, die in letzter Zeit geführt wurden. Die Vorbereitungen hierzu stehen unter dem Eindruck der Proteste in Frankreich.

Die Liste der in letzter Zeit kämpfenden Betriebe ist für deutsche Verhältnisse ziemlich lang: Infineon in München, AEG in Nürnberg, G&D in Louisenthal, die Belegschaften verschiedener Kliniken, Gate Gourmet in Düsseldorf, Freudenberg in Weinheim, der ver.di-Streik, Alstom in Mannheim, CNH in Berlin, Philips in Hamburg, um nur einige zu nennen. Sie alle eint die Einsicht, dass Entlassungen, Arbeitszeitverlängerungen und Lohnkürzungen keine Naturereignisse sind. Mensch kann sich dagegen wehren. Doch die Angriffe werden auf vielen Ebenen geführt. Ebenso kämpfen Erwerbslose gegen die entwürdigenden Hartz-Gesetze oder Studierende gegen den wachsenden Druck im Studium in Form von Studiengebühren oder Eliteuniversitäten. Doch es fehlt eine gemeinsame Perspektive.

Die drei wohl wichtigsten Forderungen der Demonstration sind die, nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 10€, Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche und einem Mindesteinkommen für alle Erwerblosen ohne Arbeitszwang und Bedürftigkeitsprüfung. Die Proteste gegen den Ersteinstellungsvertrag (CPE) in Frankreich haben nicht nur die direkt Betroffenen auf die Straße getrieben. Eine breite Solidaritätsbewegung hat sich auf den Straßen Frankreichs zusammengefunden und Gehör verschafft. Sie wurde damit auf einen Schlag Vorbild für die Protestbewegungen in ganz Europa. Die Demonstration am 3. Juni in Berlin kann zu solch einer Zusammenführung der verschiedenen Kämpfe beitragen.
Eine kurze Geschichte der Demo
Die Idee der Demonstration geht zurück auf einen Beschluss des Abschlussforums bei der „Aktions- und Strategiekonferenz“ im November 2005 in Frankfurt/Main. Hier hatten überraschenderweise 350 Menschen teilgenommen und mit großer Mehrheit einen Aufruf für eine Demonstration „im Frühjahr 2006“ beschlossen. Auf den der Konferenz nachfolgenden Planungstreffen wurde ursprünglich der 25. März als Termin festgelegt. Dies allein war schon ein Erfolg. Denn teilweise bemühten sich erneut die gleichen Menschen, die schon in Frankfurt versucht hatten, die Demonstration zu verhindern, auf undemokratische Weise die bundesweite Demo nicht stattfinden zu lassen. Im Anschluss blieben dann auch die VertreterInnen der Vorbereitungsgruppe des Sozialforums in Deutschland sowie die Vertreterin des Attac BundessprecherInnen-Rates den weiteren Vorbreitungsgesprächen fern. Der festgelegte Termin stieß dann aber bei dem TrägerInnenkreis in Berlin auf wenig Gegenliebe. Am gleichen Wochenende fanden nämlich bundesweite Aktionstage gegen Krieg statt. So wurde der Termin auf den 3. Juni verschoben. Das hatte den Vorteil, dass mehr Zeit blieb die Sache richtig vorzubereiten. Befürchtungen, nach denen die bundesweite Demo an den verschiedenen Widerständen scheitere, haben sich dann aber im Laufe der weiteren Vorbereitungen zerstreut.

Und nicht nur das, durch die erfolgreiche Abwehr des Vertrages für Ersteingestellte in Frankreich bekommt die Demo wachsenden Rückenwind. Die Vorzeichen für den 3. Juni sind ähnlich denen der Demo am 1. November 2003*. Auch hier mobilisierte die Gewerkschaftsspitze nicht und auch hier setzte sich das Vorbereitungsplenum aus ähnlichen Gruppen, teilweise den gleichen Personen zusammen. Durch die europäischen Ereignisse, nicht aber zuletzt auch durch die verstärkten Kämpfe der ArbeiterInnen in Deutschland, erscheint die Hoffnung, dass die Demo ein ähnlicher Erfolg wird wie die 2003, als zumindest nicht unrealistisch. Doch der Erfolg einer Demo misst sich nicht nur an der TeilnehmerInnenzahl. Die Hoffnungen, dass der November 2003 zu einer Beförderung und Verstetigung der Kämpfe gegen Sozialabbau beiträgt, hatten sich leider nicht bestätigt. Deshalb ist die Perspektive und der Vorsatz der Verallgemeinerung der bundesweiten Proteste für den Juni 2006 so wichtig.
Breitestmögliche Mobilisierung
Zehntausende Flugblätter wurden mittlerweile verteilt, 15 000 Plakate gedruckt und viele Unterstützer­Innen gefunden. Die Mobilisierungsmaterialien können auf der Homepage der Demo heruntergeladen und bestellt werden (s. Kasten). Der RSB ruft dazu auf, in allen Orten Aktionseinheiten zu bilden, um für die Demo zu werben. Weitere Initiativen müssen zur Unterstützung, vor allem auch zur finanziellen Hilfe, gefunden werden. Die DGB-Spitzen ignorieren die Demo zur Zeit noch erfolgreich. Es ist deshalb gerade wichtig, gewerkschaftliche Gliederungen zur Unterstützung zu gewinnen und so Druck aufzubauen. Im Gegensatz zu Frankreich kommen hier die Angriffe auf den Lebensstandard der breiten Massen fast ohne Widerstände durch. Dies geht zu großen Teilen auf das Konto der Gewerkschaftsspitzen, die selber tief im neoliberalen Sumpf versunken, lieber mauscheln und schieben als kämpfen und siegen.

Das Konzept der Demo mag vielleicht bewirken, dass die auf ihren Stühlen Alteingesessenen unruhig umher rutschen. In den Reden zu Wort kommen, sollen vor allem AktivistInnen der verschiedenen Protestbewegungen, auch die aus kämpfenden Belegschaften. Sie, die in ihren Kämpfen von den Mainstream-Medien unsichtbar gemacht werden, sollen ein massenhaftes Podium bekommen. Noch ein Grund, warum die Demo so wichtig ist.
Was ist los am 3. Juni?
Wie auf einem der Vorbereitungstreffen zu hören war, wird zur Zeit von einigen Initiativen versucht, einen Sonderzug nach Berlin zu organisieren. Auch dass Busse, nach Möglichkeit für die TeilnehmerInnen kostenlos, nach Berlin fahren ist wichtig. Wichtig deshalb, weil so auch sichergestellt werden kann, dass erwerbslose AktivistInnen sich an der Demo beteiligen können. Im Berlin selbst geht es um 13:00 Uhr mit der Auftaktveranstaltung in der Karl-Liebknecht-Straße, die sich nördlich hinter dem Alexanderplatz befindet, los. Nach der eigentlichen Demo, die um 16:00 Uhr wieder am Alex eintreffen wird, gibt es dann noch mal bis ca. 17:00 Reden und ein Kulturprogramm.
Zeigen wir am 3. Juni den Bossen in Politik und Wirtschaft, dass unsere internationale Sprache der Protest ist – denn der  Klassenkampf von oben läuft schon zu lange ohne ausreichende Gegenwehr.

*     Am 1.11.03 fand in Berlin eine bundesweite Demo mit 100 000 TeilnehmerInnen gegen Sozialabbau statt. Moblisiert h
atten für die Demo die Bewegegungen gegen Sozialabbau und die Gewerkschaftslinke.

 

Auch Du musst mobilisieren!
Plakatbestellung, Aufruf, Mobilisierungsflugblätter, MitfahrerInnen-Börse, UnterstützerInnen-Liste sowie das Spendenkonto u.v.m. befinden sich auf: www.protest2006.de

 

Weiterer Artikel zur Demo am 03.Juni in Berlin 

 

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