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Betrieb & Gewerkschaft

Alstom Power Mannheim: Die Kontinuität des Widerstands

Von H.N. | 29.10.2005

Seit über sieben Monaten kämpft die Belegschaft des Kraftwerksbauers Alstom Power gegen den Abbau von knapp der Hälfte der rund 2 000 Arbeitsplätze. Wir beleuchten die aktuellen Perspektiven dieser Auseinandersetzung.

Seit über sieben Monaten kämpft die Belegschaft des Kraftwerksbauers Alstom Power gegen den Abbau von knapp der Hälfte der rund 2 000 Arbeitsplätze. Wir beleuchten die aktuellen Perspektiven dieser Auseinandersetzung.

Nach wie vor beharrt die Konzernleitung auf ihren Abbauplänen. Allerdings scheint das Management in den letzten Wochen begonnen zu haben, seine Haltung zu überdenken. Es bietet an, statt 970 Arbeitsplätzen „nur“ noch 820 Stellen zu streichen. Gleichzeitig versucht Alstom mit einer geschickteren Öffentlichkeitsarbeit als bisher, den Widerstand zu diskreditieren und weitere „Kostensenkungen“ als „notwendig“ einzufordern.
Dies wird vor allem im lokalen Monopolblatt Mannheimer Morgen gerne aufgegriffen, weil Alstom Power weit über die Region hinaus ein Symbol für hartnäckige Gegenwehr gegen die Kapitallogik geworden ist.

Rückblende
Blenden wir zurück auf die Ursprünge dieses Konflikts. Im November 2003 hatte der Betriebsrat nach einem für hiesige Verhältnisse harten Streit mit der Kapitalseite eine Standortvereinbarung ohne Verzicht auf tarifliche Leistungen und mit Kündigungsschutz bis Ende Juni 2007 durchgesetzt. Zwar konnte der Betriebsrat nicht den Abbau von rund 360 Stellen über Altersteilzeitregelungen und freiwillige Aufhebungsverträge verhindern, aber es gelang ihm, das hochprofitable Unternehmen in seinen wesentlichen Strukturen zu erhalten.
Der Betriebsrat beharrt nicht nur auf der vereinbarten Arbeitsplatzgarantie: Wenn Alstom Power das Käfertaler Werk tatsächlich schließen würde, gäbe es mit Siemens nur noch einen großen Hersteller in der Bundesrepublik Deutschland. Dieser könnte dann Monopolpreise diktieren, die letztlich von den Stromkonzernen an ihre KundInnen weitergereicht würden.

Aktionen
Mit dem im März 2005 verkündeten erneuten Abbau versuchte der Konzern, diese Vereinbarung zu brechen. Dagegen wehren sich Betriebsrat, IG Metall-Vertrauenskörper und Belegschaft seither mit vielfältigen Aktionen.
Nach der Sommerpause setzte sich die Reihe öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten fort: 26. September, nach einer Betriebsversammlung, erneute Demonstration mit etwa 400 TeilnehmerInnen während der Arbeitszeit in die Mannheimer Innenstadt; 30. September, die angekündigte Demo zum Arbeitsgericht wurde abgesagt, nachdem der Konzern seine Klage wegen der mehrtägigen Betriebsversammlung im Frühjahr kurzfristig zurückgezogen hatte; 12. Oktober, spontane Informationsveranstaltung mit rund 1 200 KollegInnen am Werkstor 1; 15. Oktober, DGB-Demo mit anschließender Kundgebung gegen Arbeitsplatzabbau in der Stadtmitte mit ebenfalls rund 1 200 TeilnehmerInnen (etwa 80% kamen von Alstom).

Boom
Eigentlich wollte die Konzernspitze den erneuten Abbau vor Beginn des Booms am europäischen Kraftwerksmarkt durchsetzen. Das hat sie wegen des anhaltenden Widerstands nicht geschafft. Zudem hat die vorgezogene Neuwahl des Bundestags geholfen, die Investitionsblockade der inländischen Stromerzeuger aufzulösen. In den nächsten zwei Jahren werden allein in der Bundesrepublik etwa 23 große konventionelle, nichtnukleare Kraftwerksprojekte mit einem Volumen von rund 20 Milliarden Euro vergeben – an diesem Kuchen will Alstom natürlich seinen Anteil. Dadurch verbessert sich die Ausgangslage für die Mannheimer Gegenwehr spürbar.

Hingegen kommt die Konzernspitze jetzt zunehmend in die Klemme. Zum einen hatte sie die Entwicklung in Deutschland und Europa schlichtweg verschlafen, weil sie sich völlig auf das Chinageschäft orientiert hatte. Zum anderen will sie zwar nach wie vor Aufträge in Deutschland entgegennehmen und diese dann anderswo abarbeiten lassen, aber diese Verlagerungspläne kommen zunächst einmal mit wachsendem Auftragseingang ins Stocken.

TiPP!
 Infos und Solidarität: www.alstom.resistance-online.com
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