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Länder

ALCA, ALBA, MERCOSUR

Von Thadeus Pato | 01.06.2007

Bisher konnte sich die Bush-Regierung mit ihren Plänen, einen gemeinsamen Markt in ganz Amerika zu schaffen, nicht so recht durchsetzen. Der ALCA (amerikanische Freihandelszone) ist nicht nur bei der lateinamerikanischen Basisbewegung extrem unpopulär. Die Verhandlungen kommen nur schleppend bis gar nicht voran, und der ALCA hat Konkurrenz bekommen.

Bisher konnte sich die Bush-Regierung mit ihren Plänen, einen gemeinsamen Markt in ganz Amerika zu schaffen, nicht so recht durchsetzen. Der ALCA (amerikanische Freihandelszone) ist nicht nur bei der lateinamerikanischen Basisbewegung extrem unpopulär. Die Verhandlungen kommen nur schleppend bis gar nicht voran, und der ALCA hat Konkurrenz bekommen.

Seit 1991 schon existiert der Mercosur (Mercado comun del Sur – gemeinsamer Markt des Südens), der ein gewisses Gegengewicht zu den Plänen der USA darstellen sollte. Derzeit sind Vollmitglieder Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela (seit 2006), assoziiert sind Chile, Bolivien, Peru (seit 2003) und seit 2004 auch Kolumbien und Ecuador.
Der Mercosur war von den Initiatoren dazu gedacht, einen gemeinsamen Wirtschaftsblock zu bilden, der gegenüber  den anderen Blöcken wie EU und NAFTA gemeinsam auftreten und verhandeln soll. Mit der EU wurde auch bereits ein Abkommen geschlossen. Das angepeilte völlige Freihandelsabkommen kam aber, hauptsächlich wegen des Streites über den europäischen Agrarexport, bisher nicht zustande.

Prinzipiell handelt es sich also beim Mercosur um ein genuin kapitalistisches Projekt, das hauptsächlich von der jeweiligen nationalen Bourgeoisie der lateinamerikanischen Länder vorangetrieben wird. Einerseits soll es den inneren lateinamerikanischen Markt öffnen und andererseits eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den vorherrschenden Wirtschaftsblöcken bieten.
Warum ALBA?
Doch der venezolanische Präsident Chavez hat etwas andere Vorstellungen davon, wie eine lateinamerikanische Wirtschaftsintegration aussehen soll, die nicht nur den Interessen der nationalen und regionalen Kapitalien dient, sondern die die Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Ländern Lateinamerikas abbauen soll.

ALBA (Alternativa Bolivariana para los pueblos de Nuestra América/Bolivarianische Alternative für die Völker unseres Amerika) hat das Programm im Namen. Simon Bolivar, der Held der lateinamerikanischen Freiheitsbewegung, hatte die Vision eines vereinten Südamerika und gründete die Republik Großkolumbien, einen Staat, der die Territorien der damaligen spanischen Provinzen Venezuela, Ecuador und Neu-Granada. Das heutige Kolumbien zusammen mit dem Gebiet des heutigen Staates Panamá entspricht dem damaligen „Neu-Granada”.

Ein solcher internationalistischer Ansatz erfordert einen Abbau der immensen ökonomischen Ungleichheit sowohl auf nationaler wie südamerikanischer Ebene. 2001 stellte Chavez sein Vorhaben erstmals vor, 2004 wurde das erste Abkommen geschlossen – mit Kuba. Ziel der ALBA ist es, einen wirtschaftlichen und ökonomischen Machtblock zu schaffen, der von den USA und Europa unabhängig ist. Zu diesem Zweck werden zwischen den Staaten spezielle Kooperationsabkommen abgeschlossen.
Der Unterschied zum Mercosur ist dabei, dass man sich um solidarische Handelsbeziehungen bemüht. Es haben z.B. die Handelspartner Venezuelas die Möglichkeit, Lieferungen von Erdöl mit Waren oder Dienstleistungen zu bezahlen. Die Kubaner schickten beispielsweise im Austausch für Öl Ärzte nach Venezuela.

Hervorzuheben ist dabei, dass eine eigenständige Freihandelszone im Rahmen der ALBA zunächst nicht vorgesehen ist. Der Grund ist einfach: Bei der unterschiedlichen ökonomischen und sozialen Struktur der einzelnen Länder gäbe es in  einer solchen Zone erst einmal immer Gewinner und Verlierer und damit eher eine Vergrößerung der Disparitäten.
Wer ist heute Mitglied?
Bolivien trat am 29. April 2006 der ALBA bei, im Februar 2007 unterschrieben die Premierminister der Inselstaaten Antigua/Barbuda und San Vicente eine politische Erklärung zur Unterstützung der ALBA. Am 27. März 2007 trat Nicaragua der ALBA bei.  Auf dem 5. Gipfeltreffen der Organisation im April diesen Jahres in Venezuela waren die Staatsoberhäupter Venezuelas, Cubas, Boliviens und Nicaraguas als Mitglieder vertreten, darüber hinaus aber auch die der karibischen Staaten Haiti, Dominica, Saint Kitts und Nevis, St. Vincent und die Grenadinen. Paraguay und Ecuador hatten Delegationen entsandt.
Auf dem Gipfel wurden zwischen den Staaten zahlreiche Kooperationsabkommen geschlossen, speziell im Energiesektor. Venezuela stimmte zu, die übrigen Länder der ALBA mit Erdöl zu beliefern und zwar mit Rabatten von bis zu 50% im Vergleich zum Weltmarktpreis. Außerdem sollen in Nicaragua, Ecuador, Bolivien, Cuba und Dominica neue Raffinerien gebaut respektive bestehende erweitert werden. Mit einer Art energiepolitischen Allianz sollen auch die Energieeffizienz verbessert und der Einsatz von Erdgas, das in Bolivien und Venezuela gefördert wird, ausgeweitet werden.

Zwischen Venezuela und Cuba wurde außerdem der Aufbau eines gemeinsamen staatlichen Stahlkonzerns mit Sitz in Venezuela abgesprochen, der in der Lage sein wird, 500 Millionen Tonnen Edelstahl zu produzieren. Auch die Nickelproduktion Cubas soll gemeinsam vermarktet werden.
Wie weiter?
Die ALBA ist ein bewusstes Gegengewicht gegen die kapitalistisch strukturierten Integrationspläne a la ALCA und MERCOSUR. Aber erfolgreich kann sie nur sein, wenn auch die innere Struktur der angeschlossenen Staaten sich ändert.
Inzwischen ist aber schon ein weiteres Projekt spruchreif: Die Bank des Südens (Banco del Sur), die die lateinamerikanischen Länder von der Weltbank unabhängig machen soll. Im Februar wurde ihre Gründung von dem argentinischen Präsidenten Kirchner und Chavez beschlossen. Ecuador, Bolivien und Paraguay haben sich inzwischen der Gründungsinitiative angeschlossen.

Es bleibt abzuwarten, ob dieses Projekt nach ähnlichen Prinzipien funktionieren wird, wie die ALBA, denn gerade Nestor Kirchner ist alles andere als ein Sozialist. Aber Sitz der Bank wie des ALBA wird Caracas sein. Übrigens: ALBA bedeutet auf deutsch: das Herannahen eines neuen Morgens. 

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