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Geschichte und Philosophie

8. März: Steiflichter auf die Geschichte des Internationalen Frauentags

Von Ingrid Kohlhas | 01.03.2005

Am 26. und 27. August 1910 fand im Folketshus in Kopenhagen die zweite Internationale Sozialistische Frauenkonferenz statt, an der etwa hundert Teilnehmerinnen aus siebzehn Ländern mitwirkten.

Einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte war das Wahlrecht. “Im Einvernehmen mit den klassenbewussten politischen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats in ihrem Lande veranstalten die sozialistischen Frauen aller Länder jedes Jahr einen Frauentag, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dient. Die Forderung muss in ihren Zusammenhang mit der ganzen Frauenfrage der sozialistischen Auffassung gemäß beleuchtet werden. Der Frauentag muss einen internationalen Charakter tragen und ist sorgfältig vorzubereiten. Clara Zetkin, Käte Duncker und Genossinnen.“
Als Vorläufer des Internationalen Frauentags gelten Demonstrationen der New Yorker Arbeiterinnen gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen und für gleiche Löhne im Jahre 1858, Streiks der Tabak- und Textilarbeiterinnen im Jahre 1908 in Manhattan und der Streik von 20.000 Handnäherinnen 1909 in der gleichen Stadt. Mehrere tausend Arbeiterinnen wurden verhaftet aber die Handnäherinnen setzten nach zweimonatigem Streik ihre Forderungen durch. Am 20. Februar 1909 wurde in allen Städten Amerikas der Frauentag feierlich begangen. Interessant war, dass noch die bürgerlichen Frauen mit ihren bunten Fahnen neben den roten der SozialistInnen demonstrierten. Die zentrale Forderung –demokratisches Frauenwahlrecht – stand für die politische Gleichberechtigung der Frau.

Zur Lage der Frauen vor dem 1. Weltkrieg

Im Jahre 1907 gab es in Deutschland 4,4 Millionen Arbeiterinnen einschließlich der Dienstmädchen und 700 000 Saisonarbeiterinnen und Tagelöhnerinnen auf dem Land. Arbeitszeiten von 11 bis 14 Stunden täglich waren üblich, ein freier Sonntag selten.
Auch im Bürgertum war Frauenerwerbsarbeit nicht mehr völlig verpönt. Frauen arbeiteten in Sozial- Pflege- und Erziehungsberufen, im Post- und im Fernmeldewesen. Die gut bezahlten Berufe, die eine Qualifizierung erforderten, blieben auch den bürgerlichen Frauen versperrt. In Preußen gelang es den Frauen erst im Jahre 1908 sich den Zugang zu den Universitäten zu erkämpfen. Nur etwa 6% der Arbeiterinnen waren “gelernte“ im Vergleich zu 36% der Arbeiter.

Am Vorabend des 1. Weltkriegs

Am 19. März 1911 fand der erste Internationale Frauentag in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA statt. Es beteiligten sich über eine Million Menschen. Gewerkschaftslokale und Säle waren überfüllt, auf Straßen und Plätzen mussten weitere Kundgebungen veranstaltet werden. Im Jahre 1912 schlossen sich Frankreich, Holland und Schweden an. Die Forderungen waren: Frauenwahlrecht, Mutterschutz und der Achtstundentag.
Der Parteiausschuss der SPD stufte den Frauentag als Fiasko ein und wollte ihn 1913 nicht mehr begehen, aber da hatte er nicht mit dem Widerstand der Frauen gerechnet. So fand er auch 1913 statt. Die Veranstaltungen dehnten sich auf kleinere Städte aus. Im Verlaufe des Jahres 1913 traten 11000 Frauen in die SPD ein. Das waren 85% der neuen Mitglieder. Ein ähnliches Bild bot sich in den Gewerkschaften.
Auch zum Frauentag 1914 gab es Kundgebungen für das Frauenwahlrecht, gegen Militarismus und für den Frieden. Das war für lange Zeit das letzte Jahr, in denen es zu Großveranstaltungen in Deutschland, Frankreich und Österreich zum Internationalen Frauentag kam.

Krieg dem Kriege

„Krieg dem Kriege“, unter dieser Losung standen die Frauentagsveranstaltungen (1915) in den neutralen Ländern. Trotz Zensur, Versammlungsverbot und Verhaftungen hielten die sozialistischen Frauen und die radikalen Pazifistinnen ihren Widerstand aufrecht.
Am 8. März 1917 (23. Februar des russischen Kalenders) bildeten die Streiks der Petrograder Textilarbeiterinnen den Auftakt zur Februarrevolution, die den Sturz des Zaren zur Folge hatte und das Ende des Krieges einläutete.

Nach dem 1. Weltkrieg

Am Internationalen Frauentag 1921 erschien im Iran die erste Frauenkampfzeitschrift “Glückliche Botinnen“. Ermutigt durch die russische Revolution bildeten Frauen die ersten Frauengruppen. Schah Reza, Vater des späteren Schahs, ließ die Feministinnen einsperren.
In den Jahren zwischen den Weltkriegen waren die Forderungen in Deutschland: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, Arbeitszeitverkürzung, Schulspeisung, verbilligte Kohle und verbilligtes Brot, Abschaffung des § 218. Frauentagsveranstaltungen wurden immer wieder verboten, so in Bayern im Jahre 1921 und 1926.
Der Frauentag 1931 fiel in die Zeit der großen Kampagnen gegen den §218. 1500 Versammlungen wurden abgehalten “Gegen Krieg und Naziterror für Sozialismus und Frieden“.

Nach dem 2. Weltkrieg

Die Tradition des Internationalen Frauentags wurde in den osteuropäischen Ländern nach dem 2. Weltkrieg weitergeführt und von staatlicher Seite gefördert. Ende der 70er Jahre entdeckte auch die neue Frauenbewegung in Westeuropa den Internationalen Frauentag neu und belebte ihn als Fest- und Kampftag.
Nach dem Sturz des Schah 1979 demonstrierten allein am 10. März 50000 iranische Frauen für gleichberechtigte Teilnahme am politischen und gesellschaftlichen Leben. Demonstrativ legten sie den Chador als Symbol veralteter Sitten ab. Tausende chilenischer Frauen traten aus der Illegalität und demonstrierten für Frieden Gerechtigkeit und Freiheit.

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