Zur Bilanzierung eines für deutsche Verhältnisse ereignisreichen Jahres trafen sich Ende November die örtlich gewählten Delegierten des RSB zur jährlichen Bundeskonferenz.
Zur Bilanzierung eines für deutsche Verhältnisse ereignisreichen Jahres trafen sich Ende November die örtlich gewählten Delegierten des RSB zur jährlichen Bundeskonferenz.
Neben zahlreichen Gästen aus allen Teilen der Republik konnten wir GenossInnen der internationalen sozialistischen Linken, der Fraktion von Lutte ouvrière sowie der französischen und der philippinischen Sektion der IV. Internationale begrüßen.
Außer dem obligatorischen Rückblick auf die Aktivitäten der Organisation seit Ende 2003 standen die Diskussionen über die politische Lage in der Republik und die Entwicklung der brasilianischen Arbeiterpartei (PT) als politische Hauptthemen auf der Tagesordnung. Die Debatte über die aktuelle Entwicklung des Klassenkampfs in Deutschland war in verschiedene thematische Schwerpunkte gegliedert.
In der Aussprache zeigte sich eine große Einigkeit bei der Einschätzung der allgemeinen Lage. Eine Große Koalition aus Regierung, parlamentarischer „Opposition” und Unternehmerverbänden organisiert mit massiver Unterstützung durch die bürgerlichen Medien einen scharfen Klassenkampf von oben. Unter dem Titel Agenda 2010 wird dem Publikum ein als „Reformpolitik” bezeichnetes Schmierenstück geboten, das mit Hartz IV den bisher schärfsten Angriff auf die gesellschaftlichen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte zum Inhalt hat. Die schrittweise Zerstörung der sozialen Sicherungssysteme findet ihre Fortsetzung in den Attacken des Kapitals auf Arbeitszeiten und Entgelt.
Außerparlamentarische Opposition
Erfreulicherweise entwickelte sich ausgehend von der Großdemo am 1. November 2003 über den europäischen Aktionstag am 3. April 2004 und die Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV eine für hiesige Verhältnisse beachtliche außerparlamentarische Protestbewegung gegen den sozialen Kahlschlag. Besondere Bedeutung wurde auf der Konferenz den Beispielen eines radikaleren betrieblichen Widerstands gegen „Sparpläne” und Arbeitsplatzvernichtung bei Daimler-Chrysler Mettingen, bei Märklin in Göppingen und vor allem bei Opel in Bochum beigemessen.
Teilweise unterschiedliche Einschätzungen der Gewerkschaftsbürokratie und der Gewerkschaftslinken wurden auf der Delegiertenkonferenz offen und solidarisch diskutiert. Eine große Mehrheit betonte die Notwendigkeit, die politischen Differenzierungen der Gewerkschaftsapparate genau zu betrachten und den weiteren Aufbau der Gewerkschaftslinken aktiv mitzugestalten. Für die Thesen der Leitung des RSB zur politischen Lage stimmten 70 Prozent der Delegierten. Eine alternative, eher global ausgerichtete Einschätzung unterstützten 7 Prozent, 23 Prozent enthielten sich der Stimme.
WASG…
Weitgehende Einigkeit bestand auch bei der Wahrnehmung der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) als eines letztlich neoreformerischen Projekts. Eine taktische Differenz zeigte sich lediglich bei der Frage, ob und in welchem Umfang die revolutionären SozialistInnen sich in die Debatten der WASG einbringen sollen.
Die WASG ist zwar Ausdruck der politischen Differenzierung des SPD-Lagers. Sie kann aber durch ihre politische Selbstbeschränkung auf eine sozialere Verwaltung des Kapitalismus und ihre Defizite bei der innerparteilichen Demokratie kein Ersatz für eine radikale, demokratisch verfasste ArbeiterInnenpartei sein, die das Profitsystem grundsätzlich in Frage stellt. Diese Position wurde von 74 Prozent der Delegierten geteilt (bei 7 Prozent Gegenstimmen und 19 Prozent Enthaltungen).
… und PT
Die Debatte über Brasilien und die pro-kapitalistische Politik der Regierung Lula konzentrierte sich auf die negativen Auswirkungen der weiteren Mitarbeit eines Teils unserer dortigen Sektion der IV. Internationale in der PT. Eine Vorlage der RSB-Leitung zum Umgang mit dieser Problematik innerhalb der Internationale wurde von allen anwesenden Delegierten unterstützt, obwohl in der Diskussion Kritik an einer angeblich zu zögerlichen Haltung des RSB laut geworden war.
Als letzter wesentlicher Tagesordnungspunkt stand wie jedes Jahr die Wahl eines neuen Parteivorstandes an.
Die Aufgabenstellung des RSB für das kommende Jahr bleibt im Wesentlichen die gleiche wie bisher: Erstens gemeinsam mit anderen die außerparlamentarische Opposition gegen den Klassenkampf von oben zu stärken, zweitens weiterhin für Arbeitszeitverkürzung und Mindesteinkommen als politische Alternativen zur herrschenden Politik der Arbeitsplatzvernichtung und Verarmung zu streiten und drittens mit den eigenen Kräften hierzu einen noch besseren Beitrag zu leisten.