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Bildung, Jugend

Bildungsproteste in Dresden: „Wir haben heute noch ein Gespräch mit der Regierung“

Von Korrespondent Dresden | 01.12.2008

Unter dem Motto „Jetzt geht’s um die Wurst“ demonstrierten im Zuge der bundesweiten Bildungsproteste am 12. November ca. 6000 StudentInnen in Dresden gegen die Verabschiedung des neuen Sächsischen Hochschulgesetzes, welches am 14. November im sächsischen Landtag abgestimmt werden sollte.

Unter dem Motto „Jetzt geht’s um die Wurst“ demonstrierten im Zuge der bundesweiten Bildungsproteste am 12. November ca. 6000 StudentInnen in Dresden gegen die Verabschiedung des neuen Sächsischen Hochschulgesetzes, welches am 14. November im sächsischen Landtag abgestimmt werden sollte.

Die von den verschiedenen StudentInnenräten vorbereite Demonstration war bereits die Zweite, die sich gegen die Verabschiedung des Sächsischen Hochschulgesetzes richtete. Neben vielen Dresdner StudentInnen kamen nochmals ca. 1700 Menschen mit zwei Sonderzügen aus Chemnitz und Leipzig. Dass der StuRa für diesen Shuttle-Service nicht weniger als jeweils 10.000 € an die Deutsche Bahn zahlte, rief unter einigen Passagieren Unmut hervor.
Wogegen?
Die Proteste gegen das neue Hochschulgesetz richteten sich vor allem gegen eine zunehmende Ausdünnung der demokratischen Mitbestimmung, sowie gegen die schleichende Einführung von Studiengebühren. So zielt das neue Gesetz auf die Schaffung „schlanker und moderner“ Hochschulen ab, was konkret die Umsetzung neoliberaler und wirtschaftsorientierter Denkmuster an den Universitäten bezweckt. Dazu sollen beispielsweise, in anderen Bundesländern bereits bekannt, Hochschulräte entscheiden, in welche Richtung sich die Universität entwickelt und wie sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern soll. Dieses übergeordnete Gremium kann sich dabei neben Hochschulangehörigen zu bis 75% aus externen Personen zusammensetzen.

Weiterhin wurde die immer weiter reichende Einführung von Gebühren im Hochschulbetrieb, z. B. für Sprachkurse oder die Nutzung andere universitärer Einrichtungen, kritisiert.

Die OrganisatorInnen lenkten den deutlich sichtbaren Demozug über größere Straßen entlang der Dresdner Innenstadt und achteten dabei peinlichst genau auf die Einhaltung der vorgegebenen Demoroute. Streckenweise erinnerte der Demozug wegen der chart-kompatiblen Musik eher an ein Festival, als an eine politische Demonstration. Während der Zwischenkundgebung wurde von der Demoleitung vergeblich versucht, die hoffnungslos überfüllte und eigentlich dafür vorgesehene Wiese, die dummerweise abseits jedes sonstigen Publikums lag, noch mit den letzten DemoteilnehmerInnen zu füllen. (Hat sie sich einen Benimmpreis von der Polizei erhofft, wenn die Straße hinter der Kundgebungswiese wieder befahrbar ist?) Während dieses Aufenthalts wurden nochmal von verschiedenen RednerInnen die Kritikpunkte am Hochschulgesetz ausgeführt und die generelle Unterfinanzierung des Bildungssektors geschildert. All dies vor dem Hintergrund der Milliardengeschenke der Bundesregierung an in Profitnot geratene Unternehmen, rief bei DemoteilnehmerInnen lautstarken Protest hervor.
Finale am Landtag
Auf dem zweiten Teilstück nahm die Demo nochmals einen Schritt mehr auf der Wandlung zum Festival für elektronische Musik und näherte sich allmählich dem sächsischen Landtag am Elbufer. Dort wartete bereits eine Kundgebung der GEW und des Lehrerbunds, die ebenfalls an diesem Tag die Bildungsproteste mitorganisiert hatten. Als sich während der wenig kämpferischen Redebeiträge ca. 100 Personen spontan zur Besetzung der Landtagstreppe entschlossen, kippte die Kooperationsbereitschaft der anwesenden GEW-OberstudienrätInnen schnell in lehrerhafte Ermahnung. So wurden die Menschen auf der Landtagstreppe buchstäblich vom Anmelder zurückgepfiffen und aufgefordert, sich doch auf dieser jährlich von der GEW veranstalteten Kundgebung anständig zu benehmen. „Wir haben heute noch ein Gespräch mit der Regierung“ erzählte eine „Kollegin“ stolz.
Demo vorbei – Gesetz verabschiedet
Die Demonstration am Landtag endete ohne weitere Ereignisse. Dementsprechend gering war sicherlich der erzeugte Eindruck bei den Abgeordneten im Landtag am 14. November, als sie mit komfortabler Mehrheit das Hochschulgesetz ohne große Änderungen durchwinkten. Die noch von den Demo-OrganisatorInnen erhoffte Verschiebung innerhalb der Mehrheitsverhältnisse hatte sich in Luft aufgelöst. Wenn die „MitbestimmerInnen“ der StuRas weiter auf Mitverwaltung statt auf den Aufbau einer außerparlamentarischen Opposition abzielen, kann es zum Bruch innerhalb der Studierendenbewegung kommen.

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