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Ökologie

Anti-Atom-Herbstkonferenz im Wendland

01.10.2004

Vom 24.09.2004 bis zum 26.09.2004 fand im wendländischen Meuchefitz die diesjährige Anti-Atom-Herbstkonferenz statt. Neben einer Bilanz der Anti-AKW-Bewegung und einer Planung der weiteren Ausbreitung und Vernetzung standen auch ganz untypische Diskussionspunkte wie z.B. Hartz IV und Sozialabbau an.

Vom 24.09.2004 bis zum 26.09.2004 fand im wendländischen Meuchefitz die diesjährige Anti-Atom-Herbstkonferenz statt. Neben einer Bilanz der Anti-AKW-Bewegung und einer Planung der weiteren Ausbreitung und Vernetzung standen auch ganz untypische Diskussionspunkte wie z.B. Hartz IV und Sozialabbau an.

In den letzten Jahren stellte sich für die Anti-Atomkraft-Bewegung immer öfters die Frage, ob sie nun gesiegt hätte und die Atomkraft als Auslaufmodell bezeichnet werden kann, oder ob nicht in den letzten Jahren vielmehr eine Renaissance der Atomindustrie eingeläutet worden ist? Bei besonders vielen Menschen in diesem Land sorgte z.B. der so genannte Atomausstieg, den die Bundesregierung SPD-Grüne ins Rollen brachte, für die Überzeugung, dass nun endlich Schluss sei mit der unverantwortlichen Atompolitik, welche über Jahrzehnte die Atomkraft mit Milliarden Steuersubventionen bezuschusste und eine Entwicklung von Alternativtechnologien verhinderte.

Ende der Atomkraft?

Der Anfang vom Ende der Atomkraft in der BRD sah zuerst gar nicht mal so schlecht aus. Vor 15 Jahren ging der letzte Atomreaktor (Neckarwestheim 2) in Betrieb. Da viele Auflagen in den Folgejahren verschärft wurden, wie z.B. der Entsorgungsnachweis für abgebrannte Brennelemente und ein in dem Unrentablen der AKWs begründetes scheinbares Umdenken in den Konzernetagen und der Politik stattgefunden hatte, wurde seitdem auch kein ernsthaftes neues AKW- Projekt für die BRD geplant. 10 Jahre später läuten SPD-Grüne einen angeblichen „Atomausstieg“ ein. Der Haken dabei ist nur, dass der „Ausstieg“ de facto aber eine Betriebsgarantie ist, die zuvor nie bestanden hatte. Entscheidungen über Abschalttermine übernimmt die Atomindustrie lieber selbst. Lassen sich doch die Restlaufzeiten der unrentablen AKWs, die seitdem abgeschaltet wurden (Stade 2004) und werden sollen (Obrigheim 2005), bequem auf die restlichen Meiler übertragen. Das bedeutet eine gigantische finanzielle Wettbewerbsverzerrung auf dem Strommarkt zugunsten der Atomindustrie unter dem Deckmantel „Atomausstieg“.

Atomare Aufrüstung geplant?

Nach nun sechs Jahren „Atomausstieg“ wurde in diesem Sommer das erste Mal wieder ein neuer Reaktor in Betrieb genommen. Der bayrische Ministerpräsident Stoiber persönlich eröffnete den neuen Forschungsreaktor FRM2 in Garching bei München. Dabei stellt sich die Frage, wofür die BRD einen Forschungsreaktor braucht, wenn doch die Bundesregierung und die Industrie, welche schließlich beide den Atomausstiegspakt unterschrieben haben, aus der Nutzung der Kernenergie aussteigen wollen. Wollen sich einige PolitikerInnen bzw. Konzernchefs etwa die Tür zur Atombombe offen halten?
Ausbau der Atominfrastruktur
Aber auch ohne Atombombe blicken wir in eine „strahlende Zukunft“. So wird überall in der BRD kräftig an der atomaren Infrastruktur gebaut. Da bei den meisten Atomkraftwerken die Gefahr besteht, dass die Lagerkapazitäten für abgebrannte Brennelemente in ihren Abklingbecken nicht ausreichen, um einen Weiterbetrieb bis zur vorgesehenen Abschaltung zu gewährleisten, werden in der letzten Zeit überall dezentrale Zwischenlager an den Kraftwerken selbst errichtet. Dadurch versucht die Regierung, die aufgrund der Proteste von AtomkraftgegnerInnen finanziell und politisch schwierig durchzusetzenden Atommülltransporte zu minimieren. Allerdings wird für den Weiterbetrieb der AKWs in Deutschland nicht nur eine Lagermöglichkleit für abgebrannte Brennelemente, sondern auch eine Herstellung von neuen Brennelementen benötigt. Zu diesem Zweck wird die Urananreicherungsanlage in Gronau zu Zeit massiv ausgebaut.

Wie weiter mit der Anti-Atom-Bewegung?

Im bislang gut vermittelbaren Aktionsfeld Transporte wird sich die Anti-Atom-Bewegung umstellen müssen. Zwar werden in Zukunft sogar vermehrt Transporte von den Wiederaufbereitungsanlagen in die Zwischenlager Ahaus und Gorleben stattfinden, aber die dezentralen Zwischenlager und der Stopp der Transporte in die Wiederaufbereitungsanlagen Mitte 2005 erfordern neue Aktionskonzepte. So könnte als ein Beispiel die Urananreicherungsanlage Gronau „neues“ Aktionsfeld werden. Wer Transporte von und nach Gronau thematisiert, stört empfindlich das erste Glied der atomaren Kette in Deutschland. Ohne den Zulieferer Urenco kein „Stoff“ für Brennelemente und ohne Brennelemente kein AKW. Im Umkehrschluss: Ohne den Abnehmer Gronau weniger Uranabbau und Verarbeitung in anderen Ländern.

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