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Betrieb & Gewerkschaft

Zum Tarifabschluss bei der Bahn

Von Korrespondent | 01.07.2003

In den letzten beiden Avanti brachten wir Artikel, die den Tarifabschluss und die Rolle der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) unterschiedlich bewerteten. Unser Korrespondent antwortet auf die Kritik des Kollegen Arens:

In den letzten beiden Avanti brachten wir Artikel, die den Tarifabschluss und die Rolle der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) unterschiedlich bewerteten. Unser Korrespondent antwortet auf die Kritik des Kollegen Arens:

Nun kann man bei den diversen Tarifabschlüssen alle möglichen Rechnungen anstellen, die Tarifergebnisse hin und her rechnen und je nach Standpunkt die Zahl vor und hinter dem Komma interpretieren, die Tariftabellen für West und Ost ergeben für 2004 nun mal eine nominelle Erhöhung von über 3 % im Gesamtvolumen, unter Einbeziehung der Einmalzahlungen 2003, der Anpassung Ost/West zum 1. September und der tabellarischen Erhöhung zum 1.05.2004. Dies alles erfolgt ohne Anrechnung auf die diversen Zulagen wie ZU und ZÜK, d.h. also diese persönlichen Zulagen bleiben voll dem betreffenden Beschäftigten erhalten. Was real den Kolleginnen und Kollegen bleibt, ist natürlich eine anderen Sache und kann für jeden persönlich sehr unterschiedlich ausfallen.. Zumal die Bahn AG mit Ausgliederungen, Personalabbau und Herabgruppierungen ein vielfältiges Instrumentarium besitzt, um die Erhöhungen in ihren Gesamtvolumen für die Konzernbilanz zu begrenzen. Von der Inflationsrate einmal ganz abgesehen.

Daß die Kollegen mehr brauchten und auch wollten steht außer Frage. Ob sie aber auch dafür mit aller Konsequenz gekämpft hätten, muß leider bezweifelt werden. Dafür sitzt die Enttäuschung und Resignation bei den Beschäftigten leider inzwischen zu tief. Dies zeigte sich sowohl in der Teilnahme an den Basisdialogen während der Tarifrunde, wie auch an der Mobilisierung für die Warnstreiks. Von der guten Stimmung der Berliner Demo sollte man sich aber nicht täuschen lassen. Auch hier gab es Probleme in der Mobilisierung. Von den geplanten 20.000 kamen gerade mal knapp 10.000, der harte Kern der gewerkschaftlich Aktiven. Die GDL hat inzwischen bewiesen, dass sie den Namen "Gewerkschaft" kaum verdient. Als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet. Anders kann man ihr Verhandlungsergebnis nicht bewerten. Dem GDL – Apparat geht es einzig und allein um seine Existenzsicherung . Als kleinste Bahngewerkschaft hat auch sie in den letzten Jahren durch den Arbeitsplatzabbau tausende Mitglieder verloren. Mit ihren ca. 30.000 Mitgliedern (davon sind über ein Drittel Pensionäre und Vorruheständler-Innen) und ihrer Konzentration auf eine bzw. jetzt zwei Berufsgruppen, sind die Verluste für sie existentiell bedrohlicher als für die TRANSNET. Eine Fusion mit ihrer Schwestergewerkschaft im Beamtenbund, der GDBA, kam auf Grund heftiger interner Auseinandersetzungen nicht zustande.

Daraufhin traten einige führende Funktionäre, u.a. zwei aus dem Bundesvorstand, zur GDBA über. Die Diskussion um den Ergänzungstarifvertrag bei DB Regio nutzten sie geschickt, um in der Berufsgruppe der Zugbegleiter, welche davon betroffen worden wäre, ihren Einfluß auszudehnen.

Dies gelang ihr regional ziemlich erfolgreich, so dass sie jetzt ca. 25 % in dieser Berufsgruppe organisiert (vorher ca. 10 %). Ein Vetorecht für Zulagen und Arbeitszeit bei zukünftigen Tarifverhandlungen erreichte sie aber nur bei den Lokführern, die sie zu 75 % organisiert . Um andere Berufsgruppen kümmert sie sich allerdings überhaupt nicht. Ihre Tarifforderungen fielen hinter die der TRANSNET zurück. Ihr Versuch mit einem sogenannten Spartentarifvertrag nur für ihre begrenzte Klientel vermeintlich bessere Verträge auszuhandeln, muß als Spaltungsversuch der Bahnbelegschaft einfach verurteilt werden, weil sie den Kampf um einen Flächentarifvertrag für alle Eisenbahnunternehmen damit untergräbt. Es wäre ein Schritt zurück. Den Vergleich mit Cockpit halte ich daher für mehr als gewagt. Auch politisch ist die GDL eine durch und durch konservative Organisation. Noch nie hat sie sich an gewerkschaftlichen Protesten gegen Sozialabbau beteiligt, ganz zu Schweigen von Aktionen zur Verteidigung demokratischer Errungenschaften oder z.B. gegen den Irakkrieg. Teile ihres Funktionärskörpers stehen der CDU/CSU nahe. Für Linke kann es nur heißen in der TRANSNET, als größter Bahngewerkschaft, für eine konsequente und kämpferische Linie einzutreten. Eine Zusammenarbeit mit GDL-Kolleginnen und Kollegen an der Basis, im Interesse aller Bahnbeschäftigten, schließt das nicht aus. Da gibt es allerdings noch genug zu tun.

Mit kollegialen Grüßen
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