Wirksame Gegenwehr im Betrieb

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Betriebsratsarbeit

Wirksame Gegenwehr im Betrieb

Von B. G. | 11.03.2021

Unternehmen gehen verstärkt gegen die Interessenvertretungen der Mitarbeiter vor. Um dem Druck standzuhalten, sollten sich die betroffenen Kolleg*innen genau überlegen, was sie wollen und wie sie die restliche Belegschaft mobilisieren können.

Ein Gespenst geht in zunehmend mehr Unternehmen und Einrichtungen um – die „Diktatur der Zahlen“. Betriebs- und Personalräte, Mitarbeitervertretungen, Gewerkschaften, Gesetze und Tarifverträge werden immer häufiger als Hindernisse für die Profitmaximierung durch permanente „Kostensenkung“ angesehen. Hindernisse müssen aus einem solchen Blickwinkel mindestens umgangen, besser aber noch beseitigt werden. Frei nach dem Motto – legal, illegal, …egal.

Wer bereit ist, sich in einer Interessenvertretung zu engagieren, ist in der Regel auch motiviert, sich für Verbesserungen des Arbeitsalltags einzusetzen. Dieses Engagement beinhaltet grundlegend, auf die Einhaltung bestehender Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu achten.

Unter den gegebenen Bedingungen sind dann Konflikte vor allem mit der Gegenseite, also dem Unternehmen und seinem Führungspersonal, vorprogrammiert. Selbst aktive Interessenvertretungen können in solchen Auseinandersetzungen nicht auf eine automatische Unterstützung durch „ihre“ Belegschaften blind vertrauen.

Wie vorankommen?

Um dem für aktive Kolleg*innen spürbaren Druck auf Dauer Stand halten zu können und sich einen langen Atem bewahren zu können, sollten folgende zehn Fragen beachtet werden:

  1. Hat die Interessenvertretung ein gemeinsames Verständnis von ihrer Arbeit als Organ der Betriebsverfassung?
  2. Wird die Balance Arbeit und Leben von jedem/jeder Einzelnen ständig im Auge behalten?
  3. Ist die Funktionsweise des Gremiums demokratisch, kooperativ und für alle seine Mitglieder und die Belegschaft transparent?
  4. Wird die Bedeutung des Aufbaus und der Entwicklung eines „harten, widerstandsfähigen Kerns“ im Betriebsrat (Personalrat, in der Mitarbeitervertretung) kontinuierlich verfolgt?
  5. Findet eine geplante politische, rechtliche und fachspezifische Bildung des Gremiums statt (Verstehen von Strategie und Taktik, Zeitmanagement, Rhetorik, Kommunikation, Verhandlungstechniken, EDV-Kenntnisse …) und wird systematisch Wissen über das Unternehmen, die Branche und das Wirtschaftssystem erworben?
  6. Gibt es eine strukturierte, prozessorientierte Organisation der BR-Arbeit mit überprüfbaren Schwerpunktsetzungen?
  7. Gelingt es, aus dem Hamsterrad des ständigen Reagierens auf die offenen und verdeckten Aktionen der Gegenseite auszusteigen und durch die Umsetzung einer eigenen Zeitplanung und inhaltlichen Agenda selbst zum Treiber zu werden?
  8. Gibt es ein praktisch wirksames Projekt des Organizing, um den Organisationsgrad und die Verankerung in der Belegschaft ausbauen zu können (mit „Betriebsplan“, der gezielten Suche von Unterstützer*innen, dem Aufbau beziehungsweise Ausbau eines Vertrauenskörpers und der gewerkschaftlichen Nachwuchsförderung …)?
  9. Wird die Aktions- und Mobilisierungsfähigkeit zu betrieblichen und gewerkschaftlichen Themen im Unternehmen bewusst entwickelt?
  10. Gelingt es, wirksame überbetriebliche Strukturen, Netzwerke und Verbindungen aufzubauen und zustärken – natürlich auf gewerkschaftlicher Ebene aber auch darüber hinaus?

Ermutigen, aktivieren, organisieren

Antworten auf diese oder andere Fragen sind nicht schnell und mühelos zu finden. Im Kern geht es also nicht um eine aufopfernde und gut gemeinte Stellvertreterpolitik. Sondern es geht darum, gemeinsam mit möglichst vielen anderen die Ängste, die Lethargie und die Spaltungslinien in einer Belegschaft zu erkennen und zu überwinden. Oder mit anderen Worten: Es geht darum, Freude am gemeinsamen Engagement zu wecken und aus den gemachten Erfahrungen Kraft und Mut zu schöpfen.

Die Stärke einer Interessenvertretung hängt letztendlich vom Ausmaß der kollektiven Unterstützung durch die Belegschaft ab. Größere und wirksame Erfolge sind nur durch die reale Bereitschaft zur gemeinsamen Gegenwehr der Beschäftigten zu erzielen. Um diese entwickeln zu können, braucht es Engagement und eine politische und organisatorische Strategie. Sie muss konkret von dem ausgehen, was im Unternehmen mit der vorhandenen Belegschaft und den bisher gemachten Erfahrungen möglich und persönlich leistbar ist.

Vor allem aber braucht es Geduld! Nur mit Geduld lässt sich das Fundament für eine betriebliche Gegenmacht aufbauen und stärken. Nur so lässt sich Anerkennung für die Arbeit der Interessenvertretung in der Belegschaft erreichen. Nur so lässt sich vermeiden, dass die gesteckten Ziele zu groß sind und die eigene Kraft zu schnell verbraucht wird.

Der größte Fehler wäre es jedoch, mit dieser Arbeit zu warten.

Um dem Druck durch BR-Mobber und Gewerkschaftsfeinde standhalten zu können, müssen wir uns besser bilden und organisieren – im Unternehmen, in der Gewerkschaft und in der Gesellschaft.

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