Was tun gegen rechts?
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Große Beratung dringend nötig

Was tun gegen rechts?

Von Manuel Kellner | 17.06.2024

Der Aufschwung der extremen Rechten weltweit, in Europa und in Deutschland ist äußerst bedrohlich. Hierzulande ist die AfD mittlerweile stärkste Kraft in allen neuen Bundesländern außer in Berlin. Laut einer Wahlumfrage von INSA (vom 16.6.) liegt sie bundesweit bei siebzehn Prozent, das ist ein Prozentpunkt mehr als die SPD. Die Linke hat nur noch 3%, das BSW 7%. Die Grünen sind auf 11% der Stimmen abgesackt.

In den Reihen der AfD und in ihrem Windschatten sind die Nazis, oft schon bewaffnet, ermutigt, verstärkt loszuschlagen. Vielleicht wird unterschätzt, was droht, wenn Personal dieser Art an Regierungen beteiligt wird, über Polizeiverbände und Geheimdienste verfügt. Woran sollen wir uns denn klammern? Müssen wir uns schon freuen, wenn die Unionsparteien mit ihren 31% andere Koalitionspartner als die AfD finden? Was wäre denn die Alternative?

Die wichtigste Zutat für den Aufschwung der Rechten scheint mir die Schwäche der Linken zu sein, darunter ganz besonders der sozialistisch und revolutionär gesinnten Linken. Rechtsextreme haben den Nimbus gekapert, für Protest und Auflehnung zu stehen. Dabei sind sie allesamt Speichellecker der wirklich Herrschenden, nämlich des großen Kapitals. Die Zersetzung der revolutionären und emanzipationsorientierten Hoffnung begünstigt die konterrevolutionäre und reaktionäre Verzweiflung, die perverse Lust am Untergang.

Eine weitere wichtige Zutat ist der Rassismus. Der ist tiefer in unseren Mentalitäten verankert, als mancher ahnt. Und das aus gutem Grund. Der Rassismus ist das ideologische Kind des Kolonialismus. Wenn man Leute drangsaliert, ausraubt, versklavt und massakriert, tut es gut, sie abzuwerten. Anders hält man die eigenen Verbrechen nicht aus.

So rechtfertigt man zum Beispiel gegenüber Namibia, gegenüber den Herero und Nama, sie nicht zu entschädigen, sondern mit ein paar schmalzigen Worten und einem Butterbrot abzuspeisen. Imperialistisch ist unsere kapitalistische Weltordnung, plündert die Armen der Welt weiter aus, und in ihr verzeihen die Profiteure ersten, zweiten und dritten Ranges den Opfern nie, dass sie noch leben und auch noch Ansprüche stellen, gar lieber in der Ersten Welt leben wollen, als dem Los der Verdammten dieser Erde ausgeliefert zu bleiben.

Gibt es Bewegungen, die Hoffnung machen? Gewiss. Der unsägliche „Remigrations“-Skandal hat große Protestdemonstrationen zur Folge gehabt (Sahra Wagenknecht mit ihrem iranischen Vater müsste bei „Remigration“ wohl auch das Kopftuch in ihren Koffer packen). Das ist ein Hoffnungsschimmer, zumal Kommentatoren davon ausgehen, dass die AfD ohne dies noch mehr Stimmen bei den EU-Wahlen eingefahren hätte. Doch scheint dieser Protestbewegung allmählich die Puste auszugehen.

Aber Momentchen mal! Die Alarmglocken schrillen, und das nicht erst seit gestern. Daran gemessen passiert viel zu wenig. Wer bin ich zu wissen, was getan werden muss und getan werden kann? Die großen Arbeiterparteien, deren Einheitsfront die Nazis vielleicht hätte aufhalten können, gibt es schon lange nicht mehr. Offensichtlich brauchen wir eine große Beratung, angefangen mit einer großen Konferenz aller derer, die sich in unserem Land der extremen Rechten entgegenstellen wollen.

Eine solche Konferenz wäre die Spesen nicht wert, wenn die Gewerkschaften daran nicht teilnehmen würden. Sie sollten sich daran erinnern, dass die Nazis sie zerschlagen hatten. Von allen bestehenden Organisationen haben sie noch immer die stärksten Bataillone. Von innen wie von außen müssen wir sie dazu auffordern, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Ebenso wenig Sinn hätte eine solche Konferenz, wenn nicht die Organisationen und Vereine der Migrant*innen und Flüchtlinge darin eine prominente Rolle spielen würden, den bevorzugten Zielscheiben des rechtsextremen Hasses. Dazu müssten natürlich vielfältige soziale Bewegungen kommen, so die Klimagerechtigkeitsbewegung und die Frauenbewegungen. Natürlich auch alle aktiven Antifagruppen und die verbliebenen revolutionären Linken. Die kulturpolitisch äußerst reaktionär gesonnene Rechte verfolgt alle sogenannten Minderheiten mit ihrem geifernden Unverstand, so sollten diese alle teilnehmen. Alice Weidel übrigens sollte sich überlegen, die Seiten zu wechseln, bevor sie von ihren Leuten als lesbische Schlampe aufgehängt wird.

Ein paar Vorschläge für die große Beratung und die Praxis vor Ort hätte ich schon. Der erste lautet „Schutz und Trutz“. Alle Organisationen, die im Fadenkreuz der extremen Rechten stehen, sollten sich miteinander verschwören zur gegenseitigen Hilfe und Alarmbereitschaft. Es geht nicht macho-mäßig darum, Nazis zu jagen. Es geht darum, ihre Anschläge abzuwehren, sie auszugrenzen und einzuschüchtern. (Fck AfD finde ich nicht so gut, wir sollten denen keine Vergünstigungen gewähren.) Weiterhin bin ich für die größtmögliche Einheit aller antifaschistischen Kräfte in der Aktion.

Daneben gilt es, eigene Akzente zu setzen als sozialistische Linke: Alles für die Interessen der abhängig Beschäftigten und Benachteiligten, für die Mobilisierung der Arbeiter*innenklasse im Sinne ihrer Interessen und für den Aufstand der Volksmassen, die für eine lebenswerte Zukunft kämpfen müssen, wenn sie nicht untergehen wollen.

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