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Innenpolitik

Wahlparteitag Die Linke: Konsequent sozialdemokratisch

Von Edith Bartelmus-Scholich | 01.07.2009

Parteilinke in der Defensive, antikapitalistische Ansätze offen unterdrückt. Ordnung statt Fantasie an der Macht.

Parteilinke in der Defensive, antikapitalistische Ansätze offen unterdrückt. Ordnung statt Fantasie an der Macht.

Der Wahlparteitag der Linkspartei hat das vom Vorstand vorgelegte  Programm zur Bundestagswahl am 27. September 2009 bestätigt. In einzelnen Punkten wurde es noch nach rechts korrigiert. Antikapitalistische Anträge oder weiter gehende Vorschläge zugunsten der Lohnabhängigen wurden meist abgelehnt. Der Parteitag fügte sich der Vorstandsregie, mit Blick auf die Medien ein diszipliniertes Bild abzugeben. Die Aufbruchstimmung von 2005 und 2007 ist passé.
Keine neue soziale Idee
2005 trat die Linkspartei.PDS unter dem Slogan „Für eine neue soziale Idee“ an. Heute ist der Anspruch aufgegeben. Das Wahlprogramm „Konsequent sozial. Für Demokratie und Frieden“ steht für keine neue soziale Idee, sondern bewegt sich im Rahmen der ordnungs- und sozialpolitischen Vorstellungen, die im 20. Jahrhundert vornehmlich in der Sozialdemokratie entwickelt wurden.
Unter den Bedingungen der globalen Wirtschaftskrise schlägt Die Linke die Neuordnung der Marktwirtschaft vor. Profit- und Konkurrenzlogik werden nicht in Frage gestellt. Mit Belegschaftsbeteiligungen und der Ausweitung der Mitbestimmung knüpft sie an die Sozialdemokratie der 20er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts an. Die Mitverantwortung der Beschäftigten biete eine Garantie dafür, dass die „Systemfehler beseitigt und die sozialen Interessen der Menschen in den Mittelpunkt gestellt werden“. Belegschaftsbeteiligungen und eine Ausweitung der Mitbestimmung stellen jedoch nur eine neue erweiterte Form der Klassenzusammenarbeit dar.

In der Annahme, dass nicht der Kapitalismus, sondern nur der Finanz-Kapitalismus gescheitert und der vergangene Klassenkompromiss aktualisierbar ist, sollen Märkte kontrolliert und die neoliberale Marktordnung humanisiert werden. Keine der Forderungen orientiert sich ausschließlich an den Bedürfnissen der Lohnabhängigen. Wichtig ist, was die Parteispitze für realistisch, durchsetzungs- und bündnisfähig hält. Es fehlt der politische Wille, die Interessen der Lohnabhängigen ohne Wenn und Aber zu vertreten.

Gegenüber dem Wahlprogramm von 2005 werden nun zwar mittelfristig 10 Euro Mindestlohn und 500 Euro Eckregelsatz ALG II gefordert.  Eine Forderung nach hinreichender Arbeitszeitverkürzung scheiterte jedoch. Selbst die 35-Stunden-Woche zu fordern, wurde abgelehnt. Es gebe dafür keine Bündnispartner, hieß es. Einen Rückschritt stellt die Forderung nach einer bloßen Rücknahme der Rente mit 67 Jahren dar. 2005 wurde noch die Rente mit 60 Jahren gefordert. Hier zeigt sich, wie nach einer Niederlage die Forderungen an die verschlechterten Bedingungen angepasst werden.
Realpolitisch und repressiv
Die defensive Linie stärkt den rechten Flügel der ostdeutschen RealpolitikerInnen. Strategisches Ziel ist, in fünf Bundesländern mitzuregieren. Ungeachtet dessen, dass in Folge der globalen  Wirtschaftskrise und der „Schuldenbremse“ absehbar in Landesregierungen nur noch soziale Grausamkeiten exekutiert werden können, will man regieren, sobald und wo immer dies geht. Zudem kündigten ostdeutsche Verantwortliche an, im Fall einer Regierungsbeteiligung kompromissbereit zu sein. Lafontaine bekräftigte, dass rot-rote Regierungen nicht an Der Linken, sondern an der Blockade der SPD scheitern. Es tröstet kaum, dass aufgrund der außenpolitischen Positionen ein Eintritt der Linkspartei in eine Bundesregierung derzeit (noch) nicht denkbar ist.
Die Parteilinke kämpfte in Berlin auf verlorenem Posten. Die Tagungsleitung polemisierte gegen linke Redner­Innen, die gesetzte Redeliste ließ kaum Linke zu Wort kommen, linke Anträge wurden willkürlich nicht zur Beratung und zur Abstimmung auf dem Parteitag zugelassen. Lesezeichen der linken Onlinezeitung ‚scharf-links‘ wurden ebenso von Ordner­Innen aus dem Verkehr gezogen, wie ein Flyer des linkssozialistischen Netzwerks Marx 21.

Repression schlug auch Mitgliedern, die den Parteitag als Gäste besuchten, entgegen. Zunächst wurden diese von Ordner­Innen am Betreten des Sitzungssaals gehindert. Später beschloss der Parteitag, diese Praxis zu beenden. Dennoch wurden weiter Mitglieder abgewiesen. Von der Autorin dieses Artikels nach Gründen für die Ignoranz gegenüber dem Parteitagsbeschluss befragt, antwortete eine Ordnerin: „Seien Sie doch froh. Sie können doch viel ruhiger arbeiten, wenn nicht so viele Querulanten im Saal sind“.

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