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Geschichte und Philosophie

Vor 50 Jahren: Sturm auf die Moncada – Signal für die kubanische Revolution

Von Claudio Reiser | 01.09.2003

Vor fast genau 50 Jahren versuchten 130 kubanische RevolutionärInnen die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba zu stürmen und das Signal für den Beginn des Volksaufstandes gegen die Batista-Diktatur zu geben.

Vor fast genau 50 Jahren versuchten 130 kubanische RevolutionärInnen die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba zu stürmen und das Signal für den Beginn des Volksaufstandes gegen die Batista-Diktatur zu geben.

Die RevolutionärInnen waren schlecht bewaffnet. Die Moncada-Kaserne war mit 1.000 Soldaten belegt und die zweitwichtigste Militärfestung auf Kuba. Gleichzeitig mit ihr sollte auch die Nachbargarnison in Bayamo 120 km entfernt eingenommen werden, um von dort den Nachschub für die Armee zu verhindern. Diese Stadt wurde auch deshalb ausgesucht, weil sie durch ihre historische Rolle in den Unabhängigkeitskriegen von 1868 und 1895 große symbolische Bedeutung für das kubanische Volk hat.
Die Situation am Vorabend der Rebellion
Am 10. März 1952 hatte sich Fulgencio Batista an die Macht geputscht. Er erhielt sehr schnell Unterstützung von seiten der Handelskammer, der Kaufleute und GrundbesitzerInnen, von den meisten Großbanken und der Regierung der USA. Batista war längst „Washingtons Mann in Havanna“ und der Staatsstreich war von daher ein Eingriff in kubanische Angelegenheiten seitens der USA. Die Unterstützung des Batista-Regimes war ein Teil der Lateinamerikapolitik der USA in der Epoche des kalten Krieges, mit der in Venezuela, in der Dominikanischen Republik, in Nicaragua und einigen anderen Ländern in dieser Region Diktaturen unterstützt und gefördert wurden.
Die Batistadiktatur begann auch mit der Verwirklichung des Truslow-Plans „für die Reorganisation der kubanischen Wirtschaft“ gemäß den Empfehlungen der US-Wirtschaftsmission auf Kuba. Batista öffnete dem Auslandskapital und in erster Linie dem US-Kapital Tür und Tor. Die „Empfehlungen“ sahen u.a. eine Revision der kubanischen Sozialgesetzgebung, eine allgemeine Senkung der Löhne und die Einführung des US-amerikanischen Antreibersystems der „Produktorganisation“ vor. Batista ging diensteifrig daran, diese „Empfehlungen“ zu realisieren.
Zusätzlich traten verschiedene Militärabkommen zwischen den USA und Kuba in Kraft, welche die Bedingungen für bisher bestehende Vereinbarungen erweiterten und Vergünstigungen für das US-Militärpersonal vorsahen. Die Korruption nahm erneut ungeheure Ausmaße an. Der Diktator und ehemalige Sergeant wurde zu einem der reichsten Männer Lateinamerikas.
Zunehmende Repression
Die Regierung Batista löste sofort nach dem Putsch den Nationalkongress auf. Viele oppositionelle Gruppierungen, vor allem kommunistische Organisationen, wurden verboten und von der Geheimpolizei Batistas erbarmungslos verfolgt. Batista ließ systematisch einsperren, foltern und morden. Die Unternehmer begannen eine Offensive im ganzen Land, führten Massenentlassungen durch und organisierten Aussperrungen. Auf dem Lande ging die so genannte Dorfpolizei, als Organ der Großgrundbesitzer mit Gewalt und Willkür gegen die Bauern vor.
Trotz dieser massiven Unterdrückung durch die Diktatur verstärkte sich der gesellschaftliche Widerstand. Die Maidemonstrationen waren im Jahre 1952 verboten worden und trotzdem fanden überall im Land Massenversammlungen statt, auf denen Losungen gegen die Diktatur laut wurden. Die Kommunistische Partei, die damals noch PSP (Partido Socialista Popular – Sozialistische Volkspartei) hieß und großen Einfluss in den Gewerkschaften hatte, wandte sich auch noch Ende 1952 gegen einen bewaffneten Aufstand und bezeichnete später den Angriff auf Moncada als putschistisches Abenteuer. Noch 1940 hatte sie mit Batista, während dessen erster Regentschaft eine sog. „antifaschistische“ Koalition gebildet.
Neben der PSP gab es auf Seiten der Opposition gegen Batista noch die aus den Kämpfen gegen die Machado-Diktatur der 30er-Jahre hervorgegangene PRA (Partido Revolucionario Autentico) und die PPC (Partido del Pueblo Cubano – Partei des kubanischen Volkes), die 1947 von Eduardo Chibas gegründet worden war und deren Mitglieder auch Ortodoxos genannt wurden. Die Grundprinzipien dieser Partei waren, „Nationalismus, Antiimperialismus, Sozialismus, wirtschaftliche Unabhängigkeit, politische Freiheit und soziale Gerechtigkeit“. Fidel Castro war Rechtsanwalt und Mitglied der Jungen Ortodoxos.
Die Kräfte der Rebellion …
Enttäuscht durch den mangelnden Widerstand auch seiner eigenen Partei gegen den Putsch begann Castro zusammen mit Abel Santamaria, der sich ihm in Havanna zusammen mit dessen Schwester Haydee‘ Santamaria angeschlossen hatte, im Sommer 1952 Anhänger für den Kampf gegen die Diktatur zu sammeln. Die Santamarias wurden enge Gefolgsleute Fidel Castros. Die aufständische Bewegung, die zum größten Teil von ArbeiterInnen und Angestellten getragen wurde, war innerhalb eines Jahres auf über 1.300 gut organisierte Mitglieder im ganzen Land angewachsen, die SympathisantInnen nicht eingerechnet.
Im Frühjahr 1953 begannen Castro und Santamaria über konkrete Pläne für einen Angriff auf die Moncada-Kaserne in Santiago de Kuba nachzudenken. Nur sehr wenige wurden in diese Pläne eingeweiht. Der Ort für die bewaffnete Aktion war weit weg von der Hauptstadt und wegen der geografischen Gegebenheiten im Osten der Insel hatte das Militär große Schwierigkeiten, seine Kräfte konzentriert einzusetzen.
Der Angriff auf die Moncada begann in den frühen Morgenstunden des 26. Juli 1953. Ein als „Moncada-Manifest“ bezeichnetes Dokument war verfasst worden, in dem an das kubanische Volk ein Aufruf zur Revolution gerichtet wurde und das Revolutionsprogramm der RebellInnen skizziert wurde. Das Programm lehnte sich sehr stark an José Marti an, den wohl wichtigsten politischen Denker und Organisator in der Geschichte Kubas, und hatte zudem Ähnlichkeit mit dem 1934 von Joven Cuba (Junges Kuba) und dessen Führer Antonio Guiteras veröffentlichten Programm eines mit Antiimperialismus verbundenen demokratischen Sozialismus.
Der Angriff auf Moncada wurde von der Armee auf Grund ihrer zahlenmäßigen Übermacht und ihrer überlegenen Waffen zurückgeschlagen. Dem Gefecht fielen nur wenige KämpferInnen zum Opfer. Doch die Rache der Diktatur war ohne Beispiel in der kubanischen Geschichte. Das Regime veranstaltete in den folgenden Tagen eine Treibjagd auf die RevolutionärInnen. Die „Moncada“ wurde zur Folterkammer und Hinrichtungsstätte. Insgesamt wurden 70 Gefangene ermordet, unter ihnen auch Abel Santamaria. Die anderen wurden angeklagt und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Fidel Castro verteidigte sich selbst und hielt bei seinem Prozess eine Verteidigungsrede, die unter dem Titel „Die Geschichte wird mich freisprechen“ Berühmtheit erlangte.
und ihre Ziele
Die Erstürmung der beiden Kasernen sollte nach den Vorstellungen Castros vier Wirkungen erzielen: Den militärischen Sieg, die Sammlung des Volkes, den Abfall der Armee von Batista und den Sturz der Diktatur. Die RevolutionärInnen verstanden sich als Vollstrecker des Volkswillens. In sein
er bereits erwähnten Verteidigungsrede nannte Castro als alleinigen geistigen Urheber für den Angriff auf die Moncada – José Marti. Castro umriss in dieser Rede auch die soziale Basis der zukünftigen revolutionären Bewegung und er machte deutlich, dass sich hinter seiner Volkskonzeption eine Klasseneinschätzung verbirgt. Es heißt dort: „In unserem Kampf nennen wir Volk: die 600.000 arbeitslosen Kubaner, die ihr tägliches Brot ehrlich verdienen wollen, ohne auf der Suche nach einer Existenz auswandern zu müssen; die in elenden Hütten hausenden 500.000 Landarbeiter, die jährlich vier Monate lang arbeiten und in der übrigen Zeit des Jahres hungern und ihr Elend mit den Kindern teilen; die kein Stück Land zum Anbau besitzen und deren Dasein Mitleid in jedem Herz erweckt, das nicht aus Stein ist; die 400.000 Industrie- und Hafenarbeiter, deren Pensionen unterschlagen wurden, denen immer mehr Sozialleistungen entzogen werden, deren Wohnungen elende Behausungen sind“.
Die grausame Repression der Diktatur, die kriminelle Behandlung der politischen Gefangenen, die Folter und Morde empörten viele KubanerInnen und aktivierten politische Kräfte und Institutionen, die bis dahin nicht aktiv gegen die Diktatur vorgegangen waren.
Die aufständische Bewegung nannte sich in der Folge nach dem Datum des Sturms auf die Moncada Bewegung des 26. Juli und war die wichtigste Kraft für den Sturz der Diktatur und die kubanische Revolution, die am 1. Januar 1959 siegte.
Kuba aktuell
In den letzten Wochen wird auch hierzulande wieder über Kuba diskutiert, jedoch nicht über den Beginn der kubanischen Revolution vor 50 Jahren und auch nicht über die massiven Drohungen der Bush-Administration, die Kuba unter die Schurkenstaaten einreihte und immer offener bedroht. Diskutiert werden die Vorgänge auf der Insel in diesem Frühjahr. Grund für viele Veröffentlichungen und Erklärungen sind die Todesurteile gegen drei Kubaner wegen der bewaffneten Entführung eines Schiffes und der Bedrohung der Passagiere und die langjährigen Haftstrafen gegen oppositionelle Journalisten.
Diese äußerst repressiven Maßnahmen sind trotz des zuvor genannten Bedrohungsszenarios durch nichts zu rechtfertigen, und, wie es in einer Erklärung des Büros der IV. Internationale heißt „.. dürfen gerade weil bestimmte Methoden den Ausbeuterklassen eigen sind, Revolutionäre sie nicht anwenden“.
Diese Politik der kubanischen Führung macht die Solidarität, die Kuba heute dringend braucht, schwieriger und schwächt letztendlich die kubanische Revolution. Im Juni 2002 wurden die Drohungen aus Washington und Miami noch mit einer umfassenden Mobilisierung der kubanischen Bevölkerung, Massenversammlungen in allen Teilen des Landes und mit einer riesigen Demonstration in Havanna am 12. Juni 2002 beantwortet. Nur die Rückkehr zu einer solchen Politik unter Einbeziehung des Volkes stärkt das nicht-kapitalistische Kuba.

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