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Innenpolitik

Versammlungsrecht verteidigen!

Von Korrespondentin München | 01.07.2008

Auch wenn die reine Existenz eines Versammlungsgesetzes schon die Versammlungsfreiheit einschränkt, muss es doch gegen noch rigidere Entwürfe verteidigt werden! Gegen die Einführung des Bayerischen Versammlungsgesetzes haben sich in München breite Bündnisse gebildet, die zwei Demos organisierten. Der Arbeitskreis Versammlungsrecht (AKVR) bildete ein ungewöhnlich breites Bündnis von der FDP und Grünen über die Gewerkschaftslinke bis hin zu libertad! und dem RSB.

Auch wenn die reine Existenz eines Versammlungsgesetzes schon die Versammlungsfreiheit einschränkt, muss es doch gegen noch rigidere Entwürfe verteidigt werden! Gegen die Einführung des Bayerischen Versammlungsgesetzes haben sich in München breite Bündnisse gebildet, die zwei Demos organisierten.

Der Arbeitskreis Versammlungsrecht (AKVR) bildete ein ungewöhnlich breites Bündnis von der FDP und Grünen über die Gewerkschaftslinke bis hin zu libertad! und dem RSB. Er organisierte die Demo am 31.5.08, an der sich immerhin mehr als 2500 Menschen beteiligten. Trotz der Unterstützung der FDP und eines Redebeitrags der ehemaligen Justizministerin Leutheuser-Schnarrenberger gab es einen starken linksradikalen Anteil bei der Demo. Das lag v.a. an der guten Mobilisierungsarbeit des linken Bündnisses Unkontrollierbare Soziale Bewegungen (USB), das deutlich mehr Menschen aus ganz Bayern zur Demo brachte als das bürgerliche Spektrum.

Im Aufruf des USB heißt es: „Diese Verschärfung des Versammlungsrechts wollen wir so nicht hinnehmen. Bereits jetzt ist das bestehende Versammlungsrecht ein repressives Mittel des Staates, um unsere legitime politische Meinungsäußerung zu behindern und kontrollieren. Das neue Gesetz bedeutet eine noch größere Handhabe und Willkür von Polizei und Staat gegen soziale Bewegungen. […] Dieses Gesetz ist der Ausdruck (und hierzulande wohl bisheriger Höhepunkt) einer immer weiter voranschreitenden, umfassenden autoritären Formierung dieser bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft. Polizeistaatliche Methoden, wie die Erfassung sämtlicher Autokennzeichen auf deutschen Autobahnen, die Speicherung von Internet-, Handy- und Telefonverbindungsdaten, die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes usw. gehen einher mit einem zunehmenden Sozialabbau, der Schaffung eines riesigen, prekären Billiglohnsektors auf dem Arbeitsmarkt, der Prekarisierung weiter Teile der Bevölkerung in der BRD und der zunehmenden repressiven Abgrenzung nach außen gegenüber – von den herrschenden kapitalistischen Verhältnissen verursachten – Migrationsströmen.“

Während das USB deutlich die Systemfrage in seinem Aufruf stellt, beschränkt sich der AKVR auf eine klare Kritik am Gesetzentwurf. Immerhin wird diese Kritik auch von einer ganzen Reihe gemäßigter und bürgerlicher Parteien und Gruppierungen unterstützt: „ Mit dem neuen Gesetz werden Versammlungen noch stärker polizeilicher Kontrolle und Schikane unterworfen und zugleich bisher rechtswidrige Praktiken der Polizei und Behörden gesetzlich verankert.

  • •    Eindringen des Staates bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen.
  • •    Polizei darf bei allen Versammlungen „Übersichtsaufnahmen“ erstellen, die auch ausgewertet und beliebig lange gespeichert werden dürfen.
  • •    VersammlungsleiterInnen und OrdnerInnen werden zu „Hilfspolizisten“ gemacht und können von Behörden und Polizei sogar als „ungeeignet“ oder „unzuverlässig“ abgelehnt werden.
  • •    Zukünftig ist ein Versammlungsverbot auch möglich, wenn „Rechte Dritter unzumutbar beeinträchtigt“ werden.
  • •    Der neu eingeführte Begriff des „Militanzverbots“ gibt der Polizei die Handhabe, gegen Demonstrationen oder TeilnehmerInnengruppen vorzugehen, wenn sie den „Eindruck von Gewaltbereitschaft“ vermitteln und “einschüchternd” wirken.
  • •    Durch die Einführung neuer Straftatbestände wird die Leitung von Versammlungen zum unkalkulierbaren persönlichen Risiko.
  • DGB und ver.di

Tatsächlich sieht es so aus, als ob sich um das Thema „Versammlungsfreiheit“ und „Vorratsdatenspeicherung“ in Bayern eine größere Bewegung entfalten könnte. Neben der Demo von AKVR hat vor allem ver.di München schon frühzeitig erkannt, welche Brisanz ein solcher Gesetzentwurf auch für die Gewerkschaften hat. Ver.di München lud zum Bündnis, wollte aber bestimmte Entscheidungen nicht dem Bündnis überlassen, sonderm als Gewerkschaft Einladerin bleiben, die UnterstützerInnen sucht. Dabei ging es wohl v.a. darum, den DGB mit ins Boot zu holen, was letztendlich auch gelang. Deshalb wurde auch ein zweites Bündnis gebildet. Am 21.6. fand in München die DGB und ver.di Demo „Für unsere Versammlungsfreiheit! Verhindern wir das geplante bayerische Versammlungsgesetz!“ statt: „Aus Sicht des DGB stellt der vorliegende Entwurf einen unzulässigen Eingriff in das grundgesetzlich garantierte Recht auf Versammlungsfreiheit dar, unter dem Vorwand Nazi-Versammlungen an besonders sensiblen Tagen und Orten beschränken zu wollen.

Das Versammlungsrecht als zentraler Teil unserer verfassungsmäßigen Grundrechte verdient einen sorgfältigen Umgang sowie große Besonnenheit in der Anwendung. Davon zeigt sich im vorliegenden Gesetzentwurf leider nichts. Im Gegenteil ist vorgesehen, die zuständigen Behörden mit zusätzlichen Rechten auszustatten, mit denen sie empfindlicher als bisher in die Planung und Organisation von Veranstaltungen eingreifen können.“

Obwohl es eine gewerkschaftliche Moblisierung war, war die Beteilung eher mager. Ver.di selber spricht von 5000 DemonstrantInnen – diese Einschätzung sollte eher am oberen Ende der möglichen TeilnehmerInnenzahlen angesiedelt werden.

Trotz der Aufteilung in mehrere Bündnisse, sind viele Organisationen in allen drei Zusammenschlüssen vertreten, so dass es zum Glück nicht zu einer totalen Spaltung gekommen ist. Die beiden Demos in München und weitere Demos u.a. in Rosenheim und Aschaffenburg zeigen das Potential der GegnerInnen! Die Verhinderung des geplanten geplanten Gesetzes ist für alle Bundesländer, die ähnliches planen, entscheidend.

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