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Innenpolitik

Verfassungsbeschwerde gegen ELENA

Von Artur Blechschmidt | 01.05.2010

Zum 1. Januar diesen Jahres ist ein neues Verfahren zur Erfassung der Entgeltnachweise in Kraft getreten. Der mediale Aufschrei war groß und mittlerweile liegt eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor.

Zum 1. Januar diesen Jahres ist ein neues Verfahren zur Erfassung der Entgeltnachweise in Kraft getreten. Der mediale Aufschrei war groß und mittlerweile liegt eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor.

Mit dem elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) sollen ab 2012 sämtliche Abrechnungsdaten von ca. 40 Mio. Lohnabhängigen zentral in einer Datei erfasst werden (Siehe Artikel in Avanti 172, 01/2010). Seit Januar 2010 läuft die Einführungsphase in welcher parallel zur herkömmlichen Papierabrechnung auch die Daten mittels des ELENA-Verfahrens gemeldet werden müssen. Die Bundesregierung initiierte das Projekt mit den Argumenten Bürokratieabbau und Kosteneinsparung in Höhe von ca. 85 Mio. €. Sämtliche Sozialleistungen (Arbeitslosengeld, Wohngeld etc.) sollen ab 2012 dann nur noch mit einer geeigneten Chipkarte und dem darauf enthaltenen Verweis in die Zentraldatei zu bekommen sein.

Bereits im Vorfeld der Einführung gab es erhebliche Kritik an dieser neuen Technologie, da nicht nur Arbeitszeiten und Lohnhöhen sondern auch Streikaktivitäten und Abmahnungsgründe gemeldet werden. Insgesamt enthält der Katalog der zu erfassenden Daten knapp 41 Seiten – jeden Monat, für jeden Lohnabhängigen. Auf die gespeicherten Daten haben die eigentlichen Besitzer­Innen keinerlei Einfluss, die zugriffsberechtigten Stellen (Arbeitsagenturen u. a.) können somit ein sehr ausgefeiltes Profil der jeweiligen Personen einsehen und ggf. Sozialleistungen im Falle von Streikaktivitäten verweigern.
Riesiger Datenberg
Mit dem ELENA-Verfahren entsteht die größte Sammlung persönlicher Daten, welche auf Vorrat für Millionen von Menschen angehäuft werden, unabhängig davon, ob sie jemals wieder benötigt werden. Dieses Projekt lässt die aktuell gestoppte Vorratsdatenspeicherung noch relativ harmlos erscheinen.

Wie schon bei der erwähnten Vorratsdatenspeicherung, erhoffen sich Gegner­Innen des ELENA-Verfahrens den Erfolg einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. So wurden am 31. März über eine durch den FoeBud e.V. initiierte Klage gegen das ELENA-Verfahren 22 005 Vollmachten zur Klage beim Verfassungsgericht eingereicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Verfassungsgericht Nachbesserungen am ELENA-Verfahren anmahnt, das Gesetz im Prinzip jedoch bestehen lässt, stehen ähnlich wie bei der Vorratsdatenspeicherung recht hoch. Bereits zum Jahresbeginn rückte das Arbeitsministerium von der ursprünglichen Ausgestaltung des Verfahrens ab und will nun die Fragebögen und somit die zu erfassenden Menge der Daten überarbeiten.

Die Klage gegen das ELENA-Verfahren führt eine seit mehreren Jahren andauernde Tendenz fort, Auseinandersetzungen um demokratische Rechte an die „neutrale“ Instanz der verfassungsrechtlichen Gralshüter in Karlsruhe zu übergeben (Siehe Demonstrationsrecht, Vorratsdatenspeicherung u. a.). Dass die Richter­Innen am Bundesverfassungsgericht jedoch ebenso wenig außerhalb der laufenden Debatten um „Extremismusbekämpfung“ und neoliberale Optimierung stehen, sollte nicht außer Acht gelassen werden.

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