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Betrieb & Gewerkschaft

Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst: Mehr ist drin!

Von Trixi Blixer | 01.02.2008

Im Januar begannen in Potsdam die Verhandlungen über den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVöD), unter den 1,3 Millionen Beschäftigte des Bundes und der Kommunen fallen. Zahlreiche nicht-öffentliche Vereine und Verbände werden ihre Gehaltsstruktur und ihr Arbeitszeitmodell entsprechend dem Ergebnis anpassen. Passend: Verhandlungsführer für den Bund ist Überwachungsfan Schäuble. Mit den ersten Warnstreiks kann noch in diesem Monat gerechnet werden, die Verhandlungen könnten sich bis März hinziehen.

Im Januar begannen in Potsdam die Verhandlungen über den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVöD), unter den 1,3 Millionen Beschäftigte des Bundes und der Kommunen fallen. Zahlreiche nicht-öffentliche Vereine und Verbände werden ihre Gehaltsstruktur und ihr Arbeitszeitmodell entsprechend dem Ergebnis anpassen. Passend: Verhandlungsführer für den Bund ist Überwachungsfan Schäuble.

Mit den ersten Warnstreiks kann noch in diesem Monat gerechnet werden, die Verhandlungen könnten sich bis März hinziehen. Ver.di fordert diesmal 8% bzw. mindestens 200 € mehr. In den vergangenen Jahren mussten die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst nicht nur mit Nullrunden, sondern entsprechend mit Reallohnverlust auskommen. Zusätzlich wurden beim Wechsel vom Bundesangestelltentarif (BAT) zum TVöD große Zugeständnisse seitens der Gewerkschaft an die Öffentliche Hand gemacht.

Die Stimmung, diesmal nicht wieder für Peanuts dankbar sein zu müssen, wäre da. V.a nachdem das Fahrpersonal bei der Bahn eine solide Lohnerhöhung durchsetzen konnte, sehen auch die KollegInnen im Öffentlichen Dienst mehr Land. Vorgemacht hatten das vor zwei Jahren die Beschäftigten bei den Ländern, die, obwohl sie eigentlich nicht zu den kampferfahrensten Teilen gehören, wochenlang gegen die Erhöhung der Arbeitszeit und für die Übernahme des TVöD streikten.

Für die Beschäftigten bei Bund und Kommunen geht es um viel. Zum einen zwingen die niedrigen Gehälter in den unteren Entgeltgruppen immer mehr Beschäftigte einen Zweitjob anzunehmen, zum anderen ist die Inflation in den letzten Jahren so stark gewesen, dass auch die Angestellten in den höheren Entgeltgruppen deutlich weniger Geld zur Verfügung haben. Neben diesen offensiven Forderungen werden die KollegInnen aber sicherlich wieder ihre Arbeitszeiten verteidigen müssen. Denn hier hoffen Bund und Kommunen immer noch, auch die Angestellten wie schon die BeamtInnen zu unbezahlter Mehrarbeit zu zwingen. Denn das würde eine Erhöhung der Arbeitszeit bedeuten.

Die SPD, wie immer zugleich Regierung und Opposition, hat schon Sympathie für die Forderungen von ver.di gezeigt. Schließlich hat sie Angst, dass Die Linke­ ihr das Wasser abgräbt. So ist Arbeitsminister Scholz (SPD) für „ordentliche Lohnsteigerungen“, SPD-Fraktionschef Struck hält eine Anhebung der Gehälter im öffentlichen Dienst um „mindestens 200 Euro im Monat“ für angemessen. Aber sogar der niedersächsische CDU-Ministerpräsident Wulff hat sich vorsichtig positiv zu den Gewerkschaftsforderungen geäußert. Woher die Sympathie? Zum einen stehen Wahlen in drei Bundesländern an, zum anderen ist ein harter Arbeitskampf angesichts der guten Konjunktur, des Erfolges des rollenden Bahnpersonals und der Wut der KollegInnen durchaus denkbar. Und ein langer Streik in den Kommunen wäre sehr viel schlimmer für die Wirtschaft, als der lange Streik der Länderbeschäftigten vor zwei Jahren. Ver.di sollte deshalb offensiv vorgehen, jetzt schon die KollegInnen mobilisieren und v.a. gegen die Verschlechterungen, die der TVöD mit sich brachte, kämpfen. Der Mindestlohn muss auch im Öffentlichen Dienst durchgesetzt werden.
Mehr Geld zählt
Am zweiten Verhandlungstag legten die Arbeitgeber ein Angebot vor, auf das ver.di zum Glück nicht eingegangen ist. Sie schlugen fünf Prozent mehr Gehalt vor – bei der gleichzeitigen Erhöhung der Arbeitszeit auf 40 h/Woche. Das wäre keine Lohnerhöhung, sondern einfach eine Umverteilung auf dem Gehaltszettel. Auch wenn jetzt, bei der Erstellung der Avanti, noch nicht klar ist, wie die Tarifverhandlungen weiter gehen, entscheidend ist, dass die Beschäftigten am Ende der Tarifrunde wirklich einen ganzen Batzen mehr Geld in der Tasche haben. 8% sollten voll durchgesetzt werden, weniger würde bei Weitem kein Ausgleich für die Reallohnverluste bedeuten. Einen Angriff auf die Arbeitszeiten müssen die KollegInnen auf jeden Fall abwehren, so wie sie es schon bei der Tarifrunde der Länder vor zwei Jahren fast erfolgreich geschafft haben.

Weitergehend als ver.di fordern wir jedoch nicht nur mehr Geld für alle, sondern zusätzlich die sofortige Abschaffung der neuen Niedriglohngruppen im TVöD. Es kann nicht angehen, dass der Bund oder die Gemeinden sog. niedrig Qualifizierten einen Hungerlohn bezahlen. Des Weiteren muss die Einführung von leistungsbezogenen Gehaltsbestandteilen sofort rückgängig gemacht werden. Diese wurden aus den bestehenden Gehältern eingeführt und schaden den KollegInnen sowohl finanziell als auch der Solidarität untereinander. Schließlich profitieren bei einer Leistungsprämie ja nicht alle.
Wir unterstützen eine kämpferische Tarifrunde! Übrigens nannte Verhandlungsführer und Überwachungsfan Schäuble die Forderungen der Gewerkschaft „nicht verhandlungsfähig“. Das wollen wir ja mal sehen, Herr Schäuble!

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