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Betrieb & Gewerkschaft

Tarifrunde Öffentlicher Dienst: Kick it like GDL

Von Clarissa L. | 01.01.2008

Die Aufstellung der Tarifforderung für den Öffentlichen Dienst (Bund und Kommunen) ist sowohl eine Reaktion auf die Kritik am letzten Abschluss als auch eine Folge des Kampfes der LokführerInnen. Seit Monaten war richtig Druck im Kessel der ehrenamtlichen FunktionärInnen. Die Unzufriedenheit mit dem Absenkungstarifvertrag TVöD war und ist gewaltig. Speziell seit dem TVöD hat z.B. ein Familienvater mit zwei Kindern in der Entgeltgruppe fünf, das sind zum Beispiel Gärtner, Anspruch auf ergänzende Sozialhilfe was die meisten allerdings nicht beantragen.

 

Die Aufstellung der Tarifforderung für den Öffentlichen Dienst (Bund und Kommunen) ist sowohl eine Reaktion auf die Kritik am letzten Abschluss als auch eine Folge des Kampfes der LokführerInnen.

Seit Monaten war richtig Druck im Kessel der ehrenamtlichen FunktionärInnen. Die Unzufriedenheit mit dem Absenkungstarifvertrag TVöD (s. Kasten) war und ist gewaltig. Speziell seit dem TVöD hat z.B. ein Familienvater mit zwei Kindern in der Entgeltgruppe fünf, das sind zum Beispiel Gärtner, Anspruch auf ergänzende Sozialhilfe (was die meisten allerdings nicht beantragen). Deshalb ist dieses Mal die Forderung nach einer Festgelderhöhung so verbreitet. Seit drei Jahren hatte es keine tabellenwirksamen Erhöhungen gegeben (nur Einmalzahlungen). Inflationsrate plus Produktivitätssteigerung machen für diesen Zeitraum schon 11% aus.

In dieser Ausgangslage führen die LokführerInnen vor, wie es besser geht. So schreibt z.B. die Süddeutsche Zeitung über die von ver.di-München aufgestellte Forderung nach einer 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich und einer zweistelligen Lohnerhöhung, dies sei „offensichtlich beflügelt“ von der Macht der GDL.

Kein Wunder, dass dann auf Bezirkskonferenzen und in den bezirklichen Tarifkommissionen endlich mal etwas substantiellere Forderungen aufgestellt wurden: in BaWü 9,4% (hier in Anlehnung an die Selbstbewilligung der Bundestagsabgeordneten), in Hessen 10%, mindestens aber 350 €, Osnabrück und Emsland: 250 € usw. Der ver.di-Vorstand konnte sich zwar wieder klar durchsetzen und (via Tarifsekretariat) die Forderung auf 8% runterziehen, aber auch das ist deutlich mehr als ohne den LokführerInnenstreik vorstellbar gewesen wäre. Auch die jetzt von der Bundestarifkommission aufgestellte ergänzende Forderung von mindestens 200 € ist ganz und gar nicht auf der Linie von Bsirske, der in den vergangenen Jahren immer für niedrige Forderungen eingetreten war („damit der Abschluss nahe an der Forderung liegt“).
Keine Änderung der Grundhaltung
Der Vorstand hat also auf die veränderte Erwartungshaltung und die zum Teil sehr heftige Wut der Betroffenen reagiert, aber es ist zu bezweifeln, dass er seine Grundeinstellung geändert hätte, nämlich, dass die „öffentliche Hand“ nur begrenzte Mittel habe, „wir“ sparen müssen usw.  Beunruhigend ist vor allem, dass er sich in der Frage der Arbeitszeit völlig abwartend verhält und nur hofft, dass die VKA (Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände) nicht die Forderung nach einer Arbeitszeitverlängerung in die Tarifrunde einbringt. Selbst eine Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit einzubringen kommt diesen BürokratInnen überhaupt nicht in den Sinn. Seine Einstellung: Ruhe halten, damit wir in Ruhe gelassen werden.

Klar ist, dass eine höhere Forderung viel besser mobilisieren würde (auch das wird durch den GDL-Streik bestätigt). Es ist aber auch klar, dass diese Forderung in keiner Weise in die politische Landschaft der Herrschenden passt.
Wofür es zu kämpfen gilt

  • •     Für die uneingeschränkte Durchsetzung der Tarifforderung (die eh schon viel zu bescheiden ist)! Um faule Kompromisse hinter dem Rücken der KollegInnen zu verhindern, braucht es aktive Strukturen, die selbstbewusst öffentlich auftreten und keine Ruhe geben.
  • •    Die Laufzeit darf in jedem Fall nur 12 Monate betragen, damit wir beim nächsten Mal wieder mit den Beschäftigten der Länder gemeinsam kämpfen können. (Der Tarifvertrag der Länder (TV-L) ist zum 31. 12.2008 kündbar.)
  • •    Kein Abschluss unter dem BAT (bzw. dem BMT-G, MT Arb. usw.). Abschaffung der Entgeltstufe 1 und keine Absenkungen bei den Neueingruppierungen (es gibt noch keine Regelung für die Anwendung der neuen Entgeltgruppen). Das Eingruppierungsniveau muss erhalten bleiben!
  • •    Weg mit der Leistungsentgeltregelung und Wiederherstellung der Bezahlungen (Weihnachtsgeld und Kinderzuschlag) mit denen angeblich das Leistungsentgelt (das es noch gar nicht gibt) finanziert werden soll.
  • •    Abschaffung der Meistbegünstigungsklausel und Verkürzung der Arbeitszeit um mehrere Stunden in einem Schritt bei vollem Entgelt- und Personalausgleich.
  • •    Keine Kompensationsgeschäfte
  • •    Gegen Privatisierungen und Ausgliederungen.

 

 

Weitere Verschlechterungen des TVöD:
•     Der TVöD hat einen neuen Niedriglohn eingeführt: Entgeltstufe 1 mit 1286 € brutto West und 1247 € Ost, das sind rund 300 Euro niedriger als die unterste Gehaltsstufe im BAT. Getreu dem Motto: Wenn uns die Gegenseite erpresst und mit Ausgliederungen droht, dann stimmen wir auch Verschlechterungen zu!
•    Einführung eines Leistungsentgeltanteils, der jetzt mit einer Absenkung des Weihnachtsgeldes und dem Wegfall des Kinderzuschlags finanziert wird (=1% der „Lohnsumme des Vorjahres“, als erste Stufe eines noch auszuhandelnden Abkommens zur Einsparung von insgesamt 8% zur Finanzierung des Leistungsentgeltes).
•    Verlängerung der Arbeitszeit und dabei vor allem die Meistbegünstigungsklausel, nach der die Vereinbarung einer längeren Arbeitszeit mit einem „Arbeitgeber“ gleichzeitig ein Angebot an die anderen „Arbeitgeber“ darstellt, auch dort die Arbeitszeit entsprechend zu verlängern.

 

 

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