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Innenpolitik

Spontan und beharrlich auf Stammtischniveau

Von Korrespondent | 01.02.2007

Wenn wir in den letzten Jahren in Wiesbaden bei Protestaktionen gegen den Sozialabbau aktiv waren, war Hene (so heißt Henrico Frank bei uns) fast immer dabei. Er ist eben ein Aktivist und in dieser Eigenschaft sowie als Betroffener hat er Kurt Beck auf dem hiesigen Weihnachtsmarkt heftig kritisiert. Drei Erwerbslose hatten im kleinen Kreis die Aktion vorbereitet. Sie war also nicht spontan. Kurt Becks Reaktion war nicht nur spontan, sie kam offensichtlich auch aus vollem Herzen.

Wenn wir in den letzten Jahren in Wiesbaden bei Protestaktionen gegen den Sozialabbau aktiv waren, war Hene (so heißt Henrico Frank bei uns) fast immer dabei. Er ist eben ein Aktivist und in dieser Eigenschaft sowie als Betroffener hat er Kurt Beck auf dem hiesigen Weihnachtsmarkt heftig kritisiert. Drei Erwerbslose hatten im kleinen Kreis die Aktion vorbereitet. Sie war also nicht spontan. 

Kurt Becks Reaktion war nicht nur spontan, sie kam offensichtlich auch aus vollem Herzen. Ohne etwas über den Werdegang, die Behinderungen oder die aktuellen Schwierigkeiten von Hene zu wissen, hat er ihn auf unverhüllte Weise für seine Lage selbst verantwortlich gemacht. (Er solle sich erst mal waschen und rasieren und dann werde er ihm auch eine Arbeit verschaffen.) Aber damit hat Kurt Beck ja mehr im Visier gehabt als sich eines lästigen Kritikers zu erwehren. Alle Erwerbslosen wurden mit dieser plumpen Kritik angegriffen. So soll von der Verantwortung der Politik für die Verarmung großer Teile der Bevölkerung abgelenkt werden.

Denn: Auch nach Tagen und Wochen ist Kurt Beck nicht von seiner Haltung abgerückt und hat sich weder bei Hene noch bei den Millionen Erwerbslosen entschuldigt. Aktiv unterstützt wurden die politisch Verantwortlichen von einer geifernden Presse (Bild: „Deutschlands frechster Arbeitsloser“), die nichts anderes zu tun hatte, als ihm tage-, ja wochenlang nachzustellen und ihm die Absage publicityträchtiger Jobangebote anzulasten. Hene ist schwerbehindert und konnte 7 der 8 angebotenen Jobs von vornherein gar nicht annehmen, den letzten konnte er sich gar nicht anschauen.
Das nach Sanktionen dürstende Wiesbadener Sozialamt (Wiesbaden ist Optionskommune) hat ihm dann Mitte Januar angekündigt, dass sein ALG II für drei Monate um 30% gekürzt wird (also für Februar bis April nur 241,50 € im Monat!!) […]
Aktion 2. Januar
Es ist das Verdienst des Erwebslosenforums, zu einer kollektiven Wasch- und Rasieraktion vor der Mainzer Staatskanzlei aufgerufen zu haben. Die etwa 50 Anwesenden […] haben der Aktion beigewohnt und den sehr guten Reden von Peter Grottian, Martin Behrsing, u.a. zugehört.

Wir waren nicht viele Menschen an diesem Tag, aber das brauchte bei dieser Aktion auch gar nicht der Fall sein. Die anschließende Abgabe der Bewerbungsunterlagen einiger Erwerbsloser in der Mainzer Staatskanzlei in Anwesenheit der Presse war schließlich neben dem Protest der zweite Hauptgrund für die Aktion. Denn: Gespannt warten nun die Teilnehmer der Aktion: „Waschen und Rasieren“ auf die Post aus der Staatskanzlei. „Wir können die Staatskanzlei nur warnen… Sollten wir erkennen, dass diese Menschen einfach nur irgendwelche sinnlosen Trainingsmaßnahmen, 1 Euro-Jobs oder Niedriglohnsektorjobs angeboten bekommen, hat Kurt Beck ein dickes Problem. Dann müsste er nämlich zugeben, dass die SPD keine Perspektive hat, damit die Leute von ihrer Arbeit angemessen leben können. Hartz IV wäre genauso gescheitert, wie sein Namensschöpfer, der sich diese Woche vor Gericht verantworten muss“, so Martin Behrsing, Erwerbslosen Forum Deutschland.

Inzwischen ist Hene eine Arbeit bei einem Frankfurter Musiksender angeboten worden. Wir hoffen, dass daraus was wird, und niemand sollte sich darum bemühen, ihn vor seinen Karren zu spannen. Zur politischen Arbeit gehört auch das Ernstnehmen persönlicher Schicksale und Hene braucht wirklich Hilfe.

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