Überall auf der Welt werden tagtäglich grundlegende Menschenrechte von Frauen, Lesben, Inter-, Nichtbinären, Trans- und Agender-Personen verletzt.
Der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen geht auf die Schwestern Patria, Minerva und Antonia Mirabal zurück, die am 25. November 1960 im Widerstand gegen die Diktatur in der Dominikanischen Republik ermordet wurden.
Feministinnen weltweit nutzen die Gelegenheit, um unserer verlorenen und verwundeten Schwestern zu gedenken und ein Ende dieser schrecklichen Verbrechen zu fordern.
Eine Kultur des Schweigens
Männliche Gewalt gegen Frauen wird durch eine weit verbreitete Kultur des Schweigens und der Toleranz aufrechterhalten, die zur Festigung der Geschlechterrollen beiträgt.
Schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen und die Gefahren, die Frauen drohen, werden von Politik und Presse oft heruntergespielt oder falsch benannt. Nicht selten kommt es zu einer Täter-Opfer-Umkehr, bei der die Betroffenen für die Tat verantwortlich gemacht werden.
Es ist seit langem bekannt, dass der gefährlichste Ort für eine Frau ihr eigenes Zuhause ist. Also der Ort, der am sichersten sein soll. In etwa der Hälfte der Fälle von körperlicher Gewalt gegen Frauen ist der (männliche) Partner der Täter. Alle 72 Stunden wird in Deutschland eine Frau ermordet, weil sie eine Frau ist. Allerdings werden diese Taten nicht als Femizide bezeichnet, sondern als „Beziehungsdramen“ und „Ehrenmorde“ bagatellisiert.
Die #MeToo-Bewegung hat gezeigt, dass der Arbeitsplatz auch für Frauen ein gefährlicher Ort sein kann, wenn der männliche Chef seine Machtposition ausspielt. Unerwünschte Belästigungen können in jedem vertrauten Umfeld einer Frau stattfinden: Schule, Universität, Sportverein etc.
Auch heute noch lernen wir Frauen von klein auf, dass wir uns vor Fremden in Acht nehmen sollen. Wir sollen dunkle Ecken meiden und nachts zu Hause bleiben. Wir lernen, dass wir Männer mit bestimmten Kleidern anziehen und dass Männer sich nicht mehr beherrschen können. Wir sollen uns klein machen und einschränken, uns dem Patriarchat unterwerfen. Aber ein Mann lebt sein Leben so, wie er denkt, dass es ihm zusteht.
Frauenrechte unter Druck
Alle Menschen haben ein Recht auf ein Leben in Würde. Doch für Frauen gilt dieses Recht – auch in Deutschland – nicht in gleicher Weise wie für Männer. Im Gegenteil, seit einigen Jahren geraten von der Frauenbewegung erkämpfte Errungenschaften unter Druck.
Neoliberale Politiker:innen „sparen“ an Mitteln für Gleichstellungsprojekte, Gewaltprävention und Institutionen wie Frauenhäuser. Sie verhindern damit, dass Männergewalt unterbunden wird und Frauen besser geschützt werden.
Extreme Rechte, insbesondere die AfD, und konservative Kreise in der Union bekämpfen die Gleichstellung der Geschlechter und unterschiedliche sexuelle Vorlieben. Sie treffen sich hier mit „Männerrechtlern“ wie „Incels“, den „unfreiwillig Enthaltsamen“ und religiösen Fundamentalisten. Es eint sie die Herabsetzung von Frauen und die Vergewaltigungs-Unkultur. Trans- und nicht-binäre Menschen werden aufgrund ihrer Geschlechtsidentität besonders gehasst.
Auch die reproduktiven Rechte der Frauen sind nicht garantiert und noch immer in Gefahr.
Zur Beseitigung der Wurzeln der Gewalt
Je verletzlicher eine Frau ist, desto größer ist ihre Gefahr: Eine Behinderung, ein Abhängigkeitsverhältnis zum Täter oder ein ungewisser Aufenthaltsstatus beispielsweise erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau Opfer einer Gewalttat wird, erheblich.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Je mehr Frauen ihr Leben selbst bestimmen können, desto besser können sie sich vor Gewalt schützen. Ein wichtiger Schritt zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt ist der Zugang zu menschenwürdigen und familiengerechten Arbeitsplätzen und Wohnraum, unabhängiger Existenzsicherung, gleichen sozialen und politischen Rechten, die ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
Die dringend benötigte Sorgearbeit darf nicht länger als zweitrangig und unterbewertet angesehen werden und hauptsächlich auf den Schultern der Frauen lasten.
Gleichzeitig müssen wir die Vergewaltigungskultur als Ganzes ausdrücklich anprangern. Sie formt Geschlechterrollen, fördert die Degradierung von Frauen zu Objekten und will uns zwingen zu akzeptieren, dass die Wünsche oder die Wut eines Mannes wichtiger sind als die körperliche, geistige und emotionale Gesundheit einer Frau.
Zusammen für ein Leben ohne Gewalt
Wir lassen uns von den Frauen inspirieren, die sich weltweit solidarisch für ihre Rechte einsetzen. Wir erheben unsere Stimme gegen die lautstarken neoliberalen und rechtsextremen Angriffe, die die Rechte der Frauen bedrohen, sowie gegen patriarchale Kulturen, die Menschen in geschlechtsspezifischen Rollen einsperren.
Wir handeln kollektiv und unterstützen uns gegenseitig, um selbstbestimmt leben zu können, und prangern auf dem Weg zur Emanzipation alle Formen der geschlechtsspezifischen Ausbeutung und Abhängigkeit an, die Gewalt erzeugen.
Wir fordern
- effektiven Schutz von Frauen und Kindern vor häuslicher Gewalt
- sichere Orte für Trans- und nicht-binäre Menschen
- flächendeckende Finanzierung von Frauenhäusern, Beratungsstellen und Einrichtungen zur Gewaltprävention; Unterstützung der Frauen auch nach ihrem Aufenthalt in Frauenhäusern
- keine Schuldzuweisungen an die Opfer durch Medien, Polizei und Gerichte
- gendersensible Bildung in Kita und Schule, Gendertraining für Institutionen
- angemessene Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, Alte, Kranke – an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet, nicht an Profitinteressen
- gleichberechtigte gesellschaftliche und politische Teilhabe
- keine Akzeptanz für Vergewaltigungs-Unkultur!