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Innenpolitik

Sackgasse Sozialpartnerschaft

Von Politisches Sekretariat des RSB | 01.01.2011

Während in Griechenland, Italien, Britannien, Irland, Portugal, Frankreich und im spanischen Staat die kapitalistische Krise von den bürgerlichen Regierungen auf die ArbeiterInnenklasse abgewälzt wird, was entsprechende Proteste der Lohnabhängigen, Studierenden und SchülerInnen hervorruft, erklärte Bundeswirtschaftsminister Brüderle: „Die Krise ist vorbei. Jetzt ist es an der Zeit, neue Prioritäten zu setzen“.

Während in Griechenland, Italien, Britannien, Irland, Portugal, Frankreich und im spanischen Staat die kapitalistische Krise von den bürgerlichen Regierungen auf die ArbeiterInnenklasse abgewälzt wird, was entsprechende Proteste der Lohnabhängigen, Studierenden und SchülerInnen hervorruft, erklärte Bundeswirtschaftsminister Brüderle: „Die Krise ist vorbei. Jetzt ist es an der Zeit, neue Prioritäten zu setzen“.

Der Frontmann der FDP weiter: „Wenn die Wirtschaft boomt, sind auch kräftige Lohnerhöhungen möglich“.
Den Worten ihres Ministers lassen KapitalistInnen Taten folgen: In der Metallindustrie werden 2011 u.a. bei Siemens, Audi, Bosch, VW Sachsen, ZF Friedrichshafen, SKF Schweinfurt, Hella Lippstadt, Voith und Ford die vorgesehenen Tariferhöhungen 2011 vorgezogen bzw. Sonderzahlungen ausgeschüttet. Und der Lidl-Konzern fordert einen Mindestlohn von 10 Euro branchen- und bundesweit.
In der BRD erreichte die Offensive des Kapitals bereits vor der Weltkrise des Kapitalismus 2008/2009 mit Hartz IV, Rente mit 67 und Studiengebühren ihren Höhepunkt. Die Politik von Schröder, Fischer, Merkel und Müntefering dient nun in der EU als Paradebeispiel.
In den vergangenen zehn Jahren stiegen die Bruttolöhne in der BRD nominal um nur 22,4 %. Das bedeutet den letzten Platz in der EU, wo die Löhne durchschnittlich um 37,4 % und die Lohnnebenkosten um 38,5 % kletterten. Letztere stiegen in der Bundesrepublik nur um 9,5 % an. Zunehmende Kapazitätsauslastung, Neueinstellungen und Fachkräftemangel belegen den BRD-Wirtschaftsaufschwung. Die internationale Konkurrenz gerät ins Hintertreffen.

Ein wesentliches Erfolgsrezept des BRD-Kapitals und seiner Regierung lautet: Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung, Schlichtung, Runde Tische, Kurzarbeit statt Entlassungen. Die Klassenzusammenarbeit in ihren unterschiedlichen Formen ist nicht nur auf Gewerkschaften und Unternehmensverbände beschränkt. Sie ist das zentrale Instrument der (politischen) Krisenbewältigung in der Bundesrepublik. Der beste Beleg dafür sind die Auseinandersetzungen um Stuttgart 21. Hinzu kommen das insgesamt niedrige Klassenbewusstsein und die geringe Kampfbereitschaft sowie „technische“ Faktoren, wie die spezifische Struktur der deutschen Fertigungsindustrie, die Nähe zu Mittel- und Osteuropa, die Größe der Volkswirtschaft überhaupt usw.

Die freiwilligen Lohnzugeständnisse durchs Kapital und die goldenen Worte von Herrn Brüderle sind ein Armutszeugnis für die Gewerkschaften (und für die soziale Bewegung). Vom großen Kuchen des „Exportweltmeisters“ fällt nicht nur genug für die Gewerkschaftsbürokratie ab (Posten in Aufsichtsräten). Auch manche Betriebsräte in Großbetrieben leben ganz gut von den Brosamen, die vom Tische des Kapitals fallen. Auf sie passt Lenins Wort von der vom Kapital bestochenen „Arbeiteraristokratie“.
Der Widerspruch zwischen der objektiven Lage des BRD-Kapitals und der Lebenssituation der ArbeiterInnenklasse wächst – je mehr die Wirtschaft an Fahrt gewinnt – so wie der Widerspruch zwischen den Bedürfnissen der Lohnabhängigen und der gezielten Lohnzurückhaltung der Gewerkschaftsführungen. Dieser Widerspruch kann sich in eigenständigen Streikaktionen entladen, auch wenn sie nicht der Tradition der hiesigen Gewerkschaftsbewegung entsprechen. Dies sehen Teile der KapitaleignerInnen als Gefahr an und versuchen ihr mit freiwilligen Lohnzugeständnissen zu begegnen.n

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