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Pakistan: Solidarität mit den „Faisalabad 6“

Von Farooq Tariq | 01.12.2011

Gegen sechs führende Gewerkschafter in Faisalabad sind Gefängnisstrafen von zusammen 490 Jahren verhängt worden. Ihr einziges Verbrechen bestand darin, dass sie einen friedlichen Streik für die Anhebung der Mindestlöhne, wie sie von der Regierung verkündet worden ist, angeführt haben. Es sind Akbar Ali Kamboh, Babar Shafiq Randhawa, Fazal Elahi, Rana Riaz Ahmed Muhammad Aslam Malik und Asghar Ali Ansari.

Vier von ihnen sind im Juli 2010 festgenommen worden, die beiden anderen wurden im Juli 2011 unter den gleichen Beschuldigungen festgenommen. Alle sind in der Führung einer Webereiarbeiterorganisation namens Labour Qaumi Movement (LQM) in Faisalabad, der drittgrößten Stadt in Pakistan. LQM ist eine gemeindebasierte Arbeiterorganisation, die seit 2004 für die Rechte der TextilarbeiterInnen kämpft. Sie hat unter den TextilarbeiterInnen der Stadt und der umliegenden Gegenden eine Massenbasis.

Ein Richter eines Antiterrorismus-Gerichts hat diese sechs in Faisalabad am 1. November 2011 wegen Terrorismusbeschuldigungen verurteilt. Wie oft zu beobachten ist, werden Terroristen von diesen Gerichten freigelassen und Arbeiterführer wegen der Terrorismusgesetze in Pakistan angeklagt.

Ihnen wurde zur Last gelegt, sie hätten während eines Streiks eine Fabrik niedergebrannt. Dies ist ein fabrizierter Vorwurf. Tatsache ist, dass am Streiktag, dem 20. Juli 2010, Gangster im Solde der Fabrikbesitzer in Thekri Wala auf die Arbeiter zu schießen begannen, die für die Forderung nach besseren Löhnen aus der Fabrik herauskamen. Einige Arbeiter wagten es, in die Fabrik hineinzugehen, und sie zwangen die Gangster, das Schießen einzustellen. Einige wurden von den wütenden Arbeitern verprügelt.

Während des Prozesses fragte der Anwalt der Arbeiter, wie es denn möglich wäre, wenn die Fabrik niedergebrannt worden sei, dass sie drei Tage danach wieder in Gang gewesen sei.

Am 20. Juli 2010 waren über 100 000 WebereiarbeiterInnen im Distrikt Faisalabad für eine Lohnerhöhung, wie sie von der Regierung bei der Vorlage des Haushalts 2010/11 angekündigt worden war, in Streik getreten. Die Regierung kündigte eine Anhebung des Mindestlohns der Beschäftigten im Privatsektor um 17 Prozent an. Die LQM in Faisalabad, Jhang und anderen Distrikten hatte drei Wochen vor dem Streik mit den Webereibesitzern in Verhandlungen gestanden.
Der geschilderte Vorfall geschah im Gebiet Sudhar, einem Industrievorort von Faisalabad, in dem sich zahlreiche Webereifabriken angesiedelt haben. Dieses Gebiet ist seit drei Jahren Schauplatz von Kämpfen zwischen ArbeiterInnen und Eigentümern, da die ArbeiterInnen sich dort in großer Zahl wirkungsvoll organisiert haben.

Die hohen Gefängnisstrafen der Arbeiterführer sind ein verheerender Schlag gegen die Arbeiterbewegung in Faisalabad und im ganzen Land. Dass das Gericht in Faisalabad solch ein drakonisches arbeiterfeindliches Urteil verhängt hat, übertraf sämtliche Erwartungen, insbesondere deswegen, weil das Gerichtswesen erst durch die Unterstützung einer machtvollen Volksbewegung wiederhergestellt worden ist. Das Antiterrorismus-Gericht hat sich jedoch dafür entschieden, ein Urteil mit dem einzigen Ziel zu sprechen, der Webereiarbeiterbewegung Schaden zuzufügen, die allmählich im ganzen Land zu einem Symbol für die Militanz der Arbeiterklasse wurde.

Eine der wichtigsten Methoden zur Disziplinierung der Arbeitenden besteht unter dem Kapitalismus darin, sie bis zu dem Punkt zu treiben, wo ihnen nichts anderes mehr übrig bleibt, als mit den Bossen zu deren Bedingungen zu verhandeln. Dies geschieht entweder durch nackte staatliche Gewalt oder durch finanzielles Niederdrücken der Arbeiterklasse, so dass ihnen nur noch Nachgeben übrig bleibt, um innerhalb des Systems überleben zu können.

Die Bosse haben diese Taktik angewendet, um sicher zu gehen, dass diese Arbeiterführer zu Beispielen für alle werden, die ihre Stimme gegen Ungerechtigkeiten gegenüber den Arbeitenden erheben. Unsere ins Gefängnis gesteckten Kollegen sind alle verheiratet und diejenigen, die hauptsächlich für das Einkommen ihrer Familien sorgen. Ihre Familien sind an den Rand einer finanziellen Katastrophe gedrängt worden. Die Familien erwägen, Kinder von der Schule zu nehmen, da sie nicht einmal in der Lage sind, genügend Lebensmittel zu kaufen.

Im Wissen darum, dass dies Teil der Strategie der Bosse zur Knechtung der Arbeitenden ist und dass diese einschneidende Konsequenzen für die Familien der gefangenen Arbeiterführer haben, rufen die Labour Party Pakistan, das Labour Qaumi Movement, die National Trade Union Federation und das Labour Education Foundation zur finanziellen Unterstützung der Familien unserer gefangenen Kollegen auf.

Diese Arbeiterführer haben enormen Mut und Standhaftigkeit gezeigt, als sie sich nicht auf einen Kompromiss mit den Behörden einließen und stattdessen die Konsequenzen davon erlitten, dass sie die Wahrheit aussprechen. Diese Familien verdienen unsere großzügige Unterstützung, nicht nur weil diese Kollegen aufgrund ihres Engagements für die Arbeiterklasse leiden. Sondern auch wegen des Ausgangs dieser Bewegung: Unsere Fähigkeit, die Solidarität mit unseren Kollegen unter schwierigen Bedingungen auszuweiten, wird dafür ausschlaggebend sein, ob sich dieses Ereignis für die Kampfbereitschaft abschreckend auswirken wird (wie die Bosse es wünschen) oder als ein glänzendes Beispiel für Solidarität der Arbeiterklasse gegen scheußliche Taktiken der herrschenden Klassen dastehen wird.

In der Provinz Punjab werden Antiterrorismus-Gesetze häufig gegen protestierende IndustriearbeiterInnen angewendet. Dreizehn Gewerkschaftsführer sind mit solchen Terrorismusanklagen konfrontiert. Ihr wirkliches Verbrechen besteht darin, dass sie für ein besseres Leben ihrer Mitglieder kämpfen und höhere Löhne fordern. Die Regierung von Punjab ist ganz darauf aus, jegliche Gewerkschaftsbewegung in Fabriken zu zerschlagen, die ihre Autorität in Frage stellt.
 

 

Bitte schickt Solidaritätserklärungen an
Labour Education Foundation: Ground Floor, 25-A Davis Road, Lahore, Pakistan. Tel. 92-42-36303808, Fax 92-42-36271149, Email: lef [-at-] lef.org.pk, Website: www.lef.org.pk
 
Im Namen von LQM, NTUF, LPP und LEF bitten wir nachdrücklich, für die Familien in bitterer Not zu spenden, wir können ihnen nur mit einer kollektiven Anstrengung helfen.

  1. Khalid Mehmood, Direktor des Labour Education Foundation (kahlid [-at-] lef.org.pk) 03219402322
  2. Mian Abdul Qayum, Vorsitzender des Labour Qaumi Movement (0300 6606306)
  3. Nisar Shah, Generalsekretär der Labour Party Pakistan (rednisar [-at-] hotmail.com) 0300 2147960
  4.  Niaz Khan, Generalsekretär der National Trade Union Federation (Punjab) 03009414863

 

Spenden, die nach Pakistan weitergeleitet werden, können auf folgende Konten eingezahlt werden
  • ESSF, Cr&
    eacute;dit lyonnais, Agence de la Croix-de-Chavaux (00525), 10 boulevard Chanzy, 93100 Montreuil
    . Konto 445757C, IBAN FR85 3000 2005 2500 0044 5757 C12, BIC/SWIFT: CRLYFRPP
  • Thies Gleiss, Konto 478106507, Postbank Köln, Bankleitzahl 37010050, IBAN DE44370100500478106507, BIC PBNKDEFF370 Stichwort: Pakistan


Aus dem Englischen übersetzt und bearbeitet von Wilfried Dubois

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