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Betrieb & Gewerkschaft

Opel-Krise: Sozialpartnerschaft oder Klassenkampf an der Ruhr?

Von W.W. | 01.11.2004

Das hatten sich die smarten Vertreter des shareholder-Kapitalismus von GM in Detroit/Zürich anders vorgestellt: Standortschließungen, betriebsbedingte Kündigungen und Lohndumping mit einem Federstrich. Eines der Zentren des sozialen Kahlschlags: Opel Bochum.

Das hatten sich die smarten Vertreter des shareholder-Kapitalismus von GM in Detroit/Zürich anders vorgestellt: Standortschließungen, betriebsbedingte Kündigungen und Lohndumping mit einem Federstrich. Eines der Zentren des sozialen Kahlschlags: Opel Bochum.

Im Zentrum einer europäischen Zentralregion (Opel Bochum 9.600 Beschäftigte, 30.000 KollegInnen im Zulieferbereich; Karstadt-Zentrale in Essen; Duisburg mit Europas größtem Binnenhafen) sollte ein Exempel praktiziert werde.
Der Plan schlug fehl. Sieben Tage ruhte die Produktion; eine ganze Region stellte sich hinter die Belegschaft: am sechsten Tag stagnierte die Produktion in Rüsselsheim und am 19.10. beteiligten sich weit über 50.000 Menschen europaweit an Solidaritätsaktionen. Insbesondere die Unterstützung durch die Porsche-Belegschaft und durch eine Delegation aus Spanien verdienen besondere Erwähnung.
Am Nachmittag des 20.10 stimmten 2/3 der Belegschaft der Arbeitswiederaufnahme zu. Die „Alternative“ war durchsichtig formuliert „Arbeitsaufnahme oder Verhandlungen“. Die Fortsetzung des Kampfes wurde seitens der Gewerkschaftsbürokratie erst gar nicht thematisiert. Das fiel sogar dem WDR-Reporter auf!

Die Rolle der SPD und Gewerkschaftsbürokratie

Die SPD, bekannter unter dem Namen „Ruhrgebietsmafia“, positionierte sich in Gestalt von Clement, Steinbrück und Schartau hundertprozentig hinter der Kapitalfraktion. Wer jahrzehntelang bei Opel durchs Werkstor ging, kann dank Schröder-Clement und eines neoliberalen Parlaments – das Sozialabbau mit Volkskammermehrheiten beschließt – demnächst seine 345 Euro monatlich verjubeln und in Zwangsarbeitsverhältnissen zu Hungerlöhnen „vermittelt“ werden.
Die Hartz-IV-Gemeinde wächst dank der neoliberalen Kapitalpartei täglich an, wahrlich eine erfolgreiche „Wende“ auf dem Arbeitsmarkt. Der IGM-Apparat hatte, das konnten selbst die im mainstream des Globalisierungswahns agierenden Medien nicht verhehlen, bei nennenswerten Teilen der Opel-MitarbeiterInnen „das Heft des Handelns verloren“ (WR 20.10.). Allerdings muss erwähnt werden, dass im Gegensatz zu Rheinhausen, die Bochumer Belegschaft nicht nur lokal orientiert ist, sondern sich aus der ganzen Region zusammensetzt, was eine spezifische Mobilisierung erschwerte. Zu dem sind in einem solchen Kampf eine lokalbornierte Standortpolitik und ein gewisser „Betriebsegoismus“ („Wir bauen die besten Autos!“) nicht geeignet, solidarisches Verhalten anderer Betriebe zu fördern. Es stellt sich also die Frage, unter welchen Forderungen und mit welchen Kräften sind solche Kämpfe in Zukunft – hoffentlich mit Erfolg – zu führen.

Forderungen, Ziele, Perspektiven

Der erpresserische Kurs der GM-Manager, die Drohung mit Standortschließungen und Entlassungen, erfordern eine gesellschaftliche Antwort, die in NRW sogar Gesetzeskraft hat. Und zwar sollen lt. Landesverfassung „Großbetriebe und monopolartige Unternehmen in Gemeineigentum überführt werden“. Und: „Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche Macht mißbrauchen, sind zu verbieten“. Hatten diese Zeilen schon in den Zeiten des rheinischen Kapitalismus ihre Berechtigung, sind sie in den Tagen des Raubtierkapitalismus geradezu eine Notwendigkeit.
In einer Zeit, wo der/die normale Arbeitslose dank Hartz IV sich vollkommen durchleuchten lassen muss (Hausbesuche inklusive), müssen die Belegschaften im Fall von Standortschließungen die Offenlegung der Geschäftsbücher und ihre Überprüfung durch betrieblich-gewerkschaftliche Gremien fordern. Die Erfahrung der Opel-Belegschaft, gerade im Ruhrgebiet, mit dem „sozialpartnerschaftlichen“ Machtkartell von KapitaleignerInnen, SPD und inkompetenter Gewerkschaftsbürokratie stellt den Aufbau einer innergewerkschaftlichen Opposition auf die Tagesordnung. Der Aufbau einer linken, klassenkämpferischen Gewerkschaftstendenz ist das Gebot der Stunde.
Die sieben Tage an der Ruhr haben das gewaltige Potential der organisierten ArbeiterInnenbewegung erahnen lassen. Sie haben demonstriert, dass außerparlamentarische Mobilisierungen mit Schwerpunkten in den Betrieben die wirksamste Waffe gegen die Bestrebungen des Kapitals sind, unsere Arbeit und unser Leben den Gesetzen des Kapitals unterzuordnen. Der RSB wird mit seinen (noch) bescheidenen Kräften die Kämpfe solidarisch, kritisch und unsektiererisch unterstützen.

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