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Länder

Nur der Druck von unten bringt uns weiter!

Von Tassos Anastassiadis und Andreas Sartzekis* | 14.03.2015

In seiner Regierungserklärung am 8. Februar stellt Tsipras klar, dass seine künftige Politik „die Regeln der Eurozone beachten“ wird. Die europäische Bourgeoisie hingegen bleibt hart: Griechenland muss sich dem Diktat beugen, egal was die Wähler dort sagen.

Mit dieser Haltung will die EU gleichsam die spanischen und portugiesischen Wähler­Innen schon vorbeugend davor warnen, gegen die Sparpolitik abzustimmen. Daher sind wir umso mehr gefordert, uns in der Griechenlandfrage eindeutig zu positionieren und europaweit gegen diesen fortgesetzten Staatsstreich zu protestieren, den die EU-Technokraten mit ihrer Verelendungspolitik begehen.

Heilige Allianz gegen das griechische Votum

Wie nicht anders zu erwarten, sind die Masken schnell gefallen. Nach den eingangs geheuchelten Glückwünschen sind Juncker, Schultz und Hollande rasch auf die Linie der Deutschen eingeschwenkt, wonach Griechenland die Memoranden und die Troika zu respektieren habe. Dies überrascht niemanden, erstaunlich ist nur die Blauäugigkeit, mit der die Mehrheitsströmungen von Syriza davon überzeugt sind, dass die diplomatischen Visiten von Tsipras und Varoufakis bei den europäischen Regierungen Sympathien für die Politik von Syriza geweckt haben. Die EZB hat Griechenland den Geldhahn über Nacht abgedreht, Hollande beharrt auf der Rückzahlung der „geliehenen“ Gel­der und die sozialdemokratischen Führungen fordern die „Einhaltung der Verpflichtungen durch Griechenland“: EU und die vereinte europäische Bourgeoisie attackieren ohne Zögern das Votum des griechischen Volkes.
In Griechenland hingegen wächst die Unterstützung für die Regierung aus Empörung darüber, dass die EU die Souveränität des Landes infrage stellt: In Umfragen liegen die Sympathiewerte bei 72 %! Das heißt jedoch nicht, dass sich eine nationale Union zusammenbraut, auch wenn Papandreou oder der Bankengouverneur und vormalige Finanzminister und Erfüllungsgehilfe der Troika Stournaras die Regierung ihrer Unterstützung versichern.

Syriza mit starken Tönen …

Tsipras bleibt in seiner Regierungserklärung auf Kurs: Das Volk hat für das Ende des Memorandums und der Troika gestimmt. Jetzt sei humanitäre Nothilfe geboten, etwa in Form kostenloser Wasser- und Stromversorgung für die ärmsten Haushalte, aber auch in Form von Gerechtigkeit, wie der Rückkehr zu Tarifverhandlungen oder der Beseitigung der Lohnungleichheit für unter 25-Jährige. Auf den ers­ten Blick mag dies dem Maßnahmenkatalog von Thessaloniki entsprechen, schaut man genauer hin, sieht man jedoch, dass diese Vorhaben zeitlich gestreckt werden sollen, um so auf dem Verhandlungstisch der EU ein „Überbrückungsprogramm“ schmackhaft zu machen. Damit glaubt man, die humanitäre Katastrophe bekämpfen zu können, ohne den Rahmen der EU zu verlassen.

In der Regierungserklärung liest sich das so: Der Mindestlohn soll nur schrittweise bis 2016 auf das Niveau von 2009 (750 €) angehoben werden, der Stopp der Privatisierungen bleibt im Unklaren und der von der Vorgängerregierung verabschiedete Haushalt soll nicht angetastet werden. Die Einzelministerien haben sich dieser neuen Lesart bereits angepasst: So hat das Innenministerium der Gewerkschaft POE-OTA auf Anfrage hin mitgeteilt, dass die im Wahlkampf versprochene Wiedereinstellung der entlassenen Beamten konkret erst entlang der internationalen Verhandlungsfortschritte geregelt würde etc.

… Taten folgen jedoch nur auf Druck von unten

Schlimmer noch ist, dass sich infolge der EU-Drohungen, den Geldhahn binnen zwei Wochen komplett abzudrehen, die „Verhandlungsgrundlagen“ bereits gewandelt haben: Als Zeichen des guten Willens wurde die Forderung nach einem Schuldenschnitt fallen gelassen, wie auch die Forderung nach Streichung eines Großteils der Schulden. Stattdessen hat sich der Tonfall in dieser Frage geändert und die Verschuldung wird eher Betrügern im eigenen Land angelastet und nicht mehr den Banken oder dem Kapitalismus. Damit sollen Fortschritte in Richtung eines „beiderseits annehmbaren“ Kompromisses erzielt werden.

Um diese Gemengelage aus Erpressung seitens der EU und ersten Zugeständnissen seitens Syriza zu durchbrechen, braucht es den Druck der Straße, um die überfälligen Sozialmaßnahmen wirklich durchzusetzen. Am 5. Februar haben bereits Zehntausende in Athen und anderen Städten demonstriert – ein wenig in Anlehnung an die Indignados (die „Entrüsteten“) in Spanien. Wichtig wird sein, dass […] in Griechenland und in anderen Ländern Europas die Menschen auf die Straße gehen. An solchen Mobilisierungen wird sich das weitere Schicksal Griechenlands entscheiden.

Übersetzung aus l’anticapitaliste Nr. 276: MiWe
* – Die beiden Autoren sind Mitglieder von OKDE-Spartakos, griechische Sektion der IV. Internationale
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