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Ökologie

Mobilisierung statt Hinterzimmerdiplomatie

Von Thadeus Pato | 01.02.2010

Kopenhagen zeigte, wenn es dazu noch eines Beweises bedurft hätte, die Unfähigkeit und den Unwillen der Industrie- und „Schwellen“länder, ihrer Verantwortung für die Bekämpfung des Klimawandels gerecht zu werden. Der Präsident von Bolivien, Evo Morales, hat die Konsequenz daraus gezogen: Er will Druck von unten organisieren.

Kopenhagen zeigte, wenn es dazu noch eines Beweises bedurft hätte, die Unfähigkeit und den Unwillen der Industrie- und „Schwellen“länder, ihrer Verantwortung für die Bekämpfung des Klimawandels gerecht zu werden. Der Präsident von Bolivien, Evo Morales, hat die Konsequenz daraus gezogen: Er will Druck von unten organisieren.

Die neun Staaten, die sich zur ALBA (Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika – Handelsvertrag der Völker1) zusammengeschlossen haben (Kuba, Bolivien, Venezuela, Nicaragua, Honduras, Ecuador, St. Vincent und die Grenadinen, Dominica sowie Antigua und Barbuda), trafen sich vor Kopenhagen in Havanna und fanden dort in ihrer Abschlusserklärung deutliche Worte: „Die sich aus dem Temperaturanstieg ergebende Umweltkrise ist die Konsequenz des kapitalistischen Systems, des unerträglichen Produktions- und Konsummodells der entwickelten Länder, einer der übrigen Welt aufgezwungenen räuberischen Entwicklung und des fehlenden politischen Willens, die im Kyoto-Protokoll festgelegten Verpflichtungen vollständig und effektiv zu erfüllen.“ Sie forderten bereits damals ein Abkommen, das das Recht der in Armut Lebenden auf Teilhabe am Reichtum beinhaltet und der bolivianische Botschafter bei der UNO, Pablo Solon, wies völlig korrekt darauf hin, dass die reichen Länder weniger Geld für den Kampf gegen den Klimawandel vorsehen als sie für die Sanierung der Spekulantenmafia und den Irak- und Afghanistankrieg bisher ausgegeben haben.
Nach dem Gipfel
Nach dem Scheitern der Kopenhagener Konferenz herrschte allgemeine Ratlosigkeit. Als Erster ergriff Evo Morales die Initiative: Er rief zu einer alternativen Klimakonferenz im April in Cochabamba/Bolivien auf, zu der er „die Völker, die sozialen Bewegungen und die Verteidiger von Mutter Erde aus aller Welt“, sowie die „Wissenschaftler, Akademiker, Juristen und Regierungen, die mit ihrem Volk zusammenarbeiten wollen“ einlädt (Aufruf und vorläufiges Programm s. unter: http://cmpcc.org/).

Die Konferenz soll nicht nur der „Analyse der strukturellen und systembedingten Ursachen des Klimawandels und (dem) Vorlegen tief greifender Maßnahmen, die den Wohlstand der gesamten Menschheit in Harmonie mit der Natur ermöglichen“ dienen, sondern auch eine Erklärung verabschieden und konkrete Aktionsperspektiven beschließen, nämlich:

  • organisatorische Vorbereitung eines weltweiten Referendums über den Klimawandel;Analyse und Entwurf eines Aktionsplans, um der Errichtung eines Tribunals für Klimagerechtigkeit näherzukommen;
  • Festlegen der Aktions- und Mobilisierungsstrategien zur Verteidigung des Lebens angesichts des Klimawandels und für die Rechte von Mutter Erde.

Dieser Aufruf von Morales ist grundsätzlich zu begrüßen und zu unterstützen. Die Regierungen der für den Treibhausgasausstoß in erster Linie verantwortlichen Länder sind – das hat Kopenhagen gezeigt – weder willens noch fähig, effektive Maßnahmen zu ergreifen. Selbst die vom Umweltminister der BRD vor einigen Tagen mit viel Trara vorgeschlagene Senkung des Ausstoßes um 30 % bis 2020 ist völlig unzureichend: Das absolut notwendige Minimum wird übereinstimmend von allen wesentlichen wissenschaftlichen Experten auf 40 % geschätzt und mindestens 80 % bis 2050.

Wenn die Herrschenden sich weigern, die notwendigen Schritte gegen den Klimawandel zu beschließen und gleichzeitig nicht daran denken, den Hauptbetroffenen in den Ländern des Südens zu helfen, mit dessen jetzt schon sicht- und spürbaren Folgen fertig zu werden, dann muss man sie dazu zwingen. Und dazu sind breite Mobilisierungen notwendig. Das vorgeschlagene Referendum – auch wenn man über einige Punkte in dem vorgeschlagenen Text geteilter Auffassung sein kann – ist ein gutes Mittel, den Ernst der Lage ins Bewusstsein der Masse der Bevölkerung zu rücken und der Klimaschutzbewegung eine Aktionsperspektive zu geben. Dass das alleine nicht ausreicht, ist allerdings ebenfalls klar, und deshalb ist es auch richtig, sich in Cochabamba über weitergehende globale Aktionsstrategien nicht nur zu unterhalten, sondern zu einer koordinierten weltweiten Kampagne zu kommen.

1    Spanisch: Alianza Bolivariana para los Pueblos de Nuestra América – Tratado de Comercio de los Pueblos, ALBA-TCP.

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