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Innenpolitik

Mit der Verfassung gegen Nachtarbeit und längere Ladenöffnungszeiten?

Von Politisches Sekretariat des RSB | 01.01.2007

Versucht ver.di über das Bundesverfassungsgericht längere Ladenöffnungszeiten und die Nachtarbeit zu verhindern? Darauf deutet alles hin. Bei der Nachtarbeit argumentieren Gewerkschaften mit der staatlichen Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit, die sich aus dem Grundgesetz Art. 2, Abs. 2, Satz 1 ergibt. Demnach dürfe eine unbeschränkte Freigabe der Nachtarbeit nicht erfolgen.

Versucht ver.di über das Bundesverfassungsgericht längere Ladenöffnungszeiten und die Nachtarbeit zu verhindern?

Darauf deutet alles hin. Bei der Nachtarbeit argumentieren Gewerkschaften mit der staatlichen Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit, die sich aus dem Grundgesetz Art. 2, Abs. 2, Satz 1 ergibt. Demnach dürfe eine unbeschränkte Freigabe der Nachtarbeit nicht erfolgen. Eine ähnliche Begründung für den Gang zum Gericht ist auch gegen längere Ladenöffnungszeiten zu erwarten.

Es stimmt: Nachtarbeit ist grundsätzlich für jeden Menschen schädlich, da sie zu Schlaflosigkeit, Appetitstörungen, Störungen des Magen-Darm-Trakts, erhöhter Nervosität und Reizbarkeit sowie zu einer Herabsetzung der Leistungsfähigkeit führt.
Welches Gericht soll aber ausgerechnet beim Einzelhandel der Nachtarbeit oder längeren Ladenöffnungszeiten einen Riegel vorschieben? In der Industrie, vor allem in der Chemiebranche, arbeiten Millionen Menschen nachts. Das gilt auch für Bereiche, in denen es weder technisch erforderlich ist noch der allgemeinen Daseinsvorsorge dient. Und da soll das Bundesverfassungsgericht anders entscheiden? Es ist die Kapitalrendite, die unter den normalen Bedingungen des Kapitalismus die Zulässigkeit solcher Arbeitszeiten bestimmt.

Mensch muss sich nur die Forderungen des Erfurter Programms der SPD von 1891 zum Arbeitsschutz vor Augen führen, um zu wissen, wo wir 2007 stehen. Damals hieß es u. a. „Festsetzung eines höchstens acht Stunden betragenden Normalarbeitstages“, „Verbot der Nachtarbeit, außer für solche Industriezweige, die ihrer Natur nach aus technischen Gründen oder aus Gründen der öffentlichen Wohlfahrt Nachtarbeit erheischen“ und „eine ununterbrochene Ruhepause von mindestens 36 Stunden in jeder Woche für jeden Arbeiter“ Aktueller geht`s nimmer! Um die Zunahme der Nachtarbeit und längere Ladenöffnungszeiten zu verhindern, zählt nur die Veränderung der gesellschaftlichen und damit auch der betrieblich-gewerkschaftlichen Kräfteverhältnisse. Eine breite Kampagne ist nötig, die die KollegInnen im Einzelhandel mit den betroffenen Lohnabhängigen anderer Branchen, den VerbraucherInnen und der sozialen Bewegung zusammenführt. Würden diese Bündnisstrukturen auch noch die Preisentwicklung anprangern, könnten sie ein enormes Echo in der ArbeiterInnenklasse erzielen.  Die Führung von ver.di glaubt nicht an die gewerkschaftliche Kraft. Sie glaubt noch nicht einmal an sich selbst, sonst würde sie nicht im Kampf gegen längere Ladenöffnungszeiten und Nachtarbeit auf die Gerichte setzen. Hier muss die ver.di-Linke die Initiative zur Gegenwehr ergreifen.

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