Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen
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Miese Wahlbeteiligung ‒ CDU und Grüne gewinnen ‒ alle anderen verlieren

Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen

Von Helmut Born und Thies Gleiss | 19.05.2022

Gewonnen haben die aktivsten Kriegstreiber

Die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai haben zwei eindeutige Gewinner: Die CDU, die wieder stärkste Partei geworden ist, und die Grünen mit einer Verdreifachung ihrer Stimmenzahl. Damit haben sich bei diesen Wahlen die beiden Parteien durchgesetzt, die am deutlichsten die Aufrüstungspolitik in Deutschland unterstützen und sich am massivsten für Waffenlieferungen in die Ukraine einsetzen. Bei den Grünen kommt sicherlich hinzu, dass sie in der Bevölkerung mit der größten Kompetenz in Klimafragen verbunden wird. Die Grünen haben als einzige Partei an absoluten Stimmen hinzugewonnen.

Dagegen hat die Sozialdemokratie das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 eingefahren. Nur noch gut 27 % gaben der SPD ihre Stimme. Damit zählt sie genauso wie die FDP zu den Verlierern der Wahl, die mit ihren 5,6% sogar um den Wiedereinzug in den Landtag fürchten musste. Aber auch die AfD hat in NRW wieder Stimmenanteile verloren und liegt jetzt gleichauf mit der FDP.

Wie schon bei den Wahlen im Schleswig-Holstein wird die SPD auch für den im öffentlichen Bewusstsein immer noch zu besonnenen Kanzler Scholz in der Kriegs- und Aufrüstungsfrage abgestraft. Dazu kam, dass selbst Eingeweihte keine großen politischen Unterschiede zwischen Hendrik Wüst von der CDU und Thomas Kutschaty von der SPD feststellen konnten.

DIE LINKE verliert – Wählerstimmen und Vertrauen

Für DIE LINKE ist das Wahlergebnis mit den 2,1 %, die sie erreicht hat, eine deutliche Klatsche. Dieses Ergebnis zeigt an, dass die Partei weder Vertrauen bei den Wähler:innen besitzt und noch als nützlich angesehen wird. Der Zustand der Partei ist momentan dazu auch nicht geeignet, dies zu korrigieren. In vielen Kreisverbänden war DIE LINKE NRW kaum zu nennenswerten Wahlkampfaktivitäten in der Lage. Der Landesverband verliert rasant an Mitgliedern, allein im April waren es 153 Austritte. Dazu gibt es zu viele Dissonanzen in der Partei, die auch nach außen vertreten werden. Hinzu kommen ihre kleinen und größeren Skandale, die die Partei erschüttern. Vor allem die sexistischen Vorgänge in Hessen haben heftige Erschütterungen in der Partei hervorgerufen. Die „MeToo-Debatte“ der Linken ist von verschiedenen Seiten für den innerparteilichen Fraktionskampf instrumentalisiert worden. So die Auftritte einzelner Vertreter:innen des Jugendverbandes oder auch der Rücktritt der Mit-Parteivorsitzenden Susanne Henning-Wellsow.

Für die LINKE bedeutet das schlechte Abschneiden bei der Landtagswahl empfindliche finanzielle Verluste im kommenden Jahr, die vor allem zu einer noch weiteren Schwächung des Landesverbandes gegenüber einzelnen finanziell viel besser ausgestatteten Kreisverbänden führen wird.

Eine Regierung für den Klimaschutz? Wohl kaum…

Alles spricht für eine Regierungsbildung aus CDU und GRÜNEN. Die FDP hat die einzige numerische Alternative, eine Ampel-Koalition, bereits abgelehnt. Die CDU hat bereits am Tag nach der Wahl das Thema Klimaschutz für sich reklamiert, damit die selbstbewussten GRÜNEN erst gar nicht frech werden. Dafür wird den GRÜNEN das in NRW regelmäßig als Schleudersitz daherkommende Bildungsministerium aufgehalst werden.

Nichtwähler:innen – die stärkste der Parteien…

Der größte Block bei diesen Wahlen bleiben die Nichtwähler:innen mit ihren 44,5 %. In den Statistiken der Wahlbeteiligung ist deutlich abzulesen, dass große Teile der Arbeiter:innenklasse sich nicht an der Wahl beteiligt haben. Alleine die SPD hat 300.000 Stimmen an den Block der Nichtwähler:innen verloren. In den abgehängten verarmten Vierteln (z. B. Köln-Chorweiler) lag die Wahlbeteiligung teilweise unter 30 Prozent. Besonders DIE LINKE, die als echte Programmpartei eigentlich die treuesten Wähler:innen haben sollte, leidet unter der niedrigen Wahlbeteiligung.

Bundesregierung als Retterin der Unternehmen, nicht der Menschen.

Dass die Bundesregierung bei ihren Beschlüssen zur Linderung der Preissteigerung schlicht die ärmeren Teile der Bevölkerung, Rentner:innen und Studierende „vergessen“ hat, ist sicherlich einer der Gründe für das Fernbleiben von den Wahlurnen; dass die Hartz-IV-Empfänger*innen am Anfang des Jahres eine Erhöhung der Regelsätze um 3 € bekommen haben, während sie jetzt zu denen gehören, die die Inflation am härtesten spüren, hat dazu beigetragen, dass sie sich verarscht vorkommen. Wenn den etablierten Politiker:innen das Schicksal der armen Menschen egal ist, wenn sie gleichzeitig aber fast beliebige Summen für Rettung von Unternehmen und zur Aufrüstung ausgeben, dürfen sie sich nicht wundern, wenn die Abgehängten, Enttäuschten, Verzweifelten nicht wählen gehen.

Was bleibt zu tun? Arbeiten an der kommenden Revolte.

Das Problem ist, dass sie nicht auf die Straße gehen, dass die Revolte ausbleibt – und dass es keine glaubwürdige sozialistische Alternative gibt. Das ist eines unserer Probleme. Wir wollen dazu beitragen, dass sich hieran etwas ändert.

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