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Innenpolitik

Kurts Linkspirouette

Von Walter Weiß | 01.12.2007

Der selbsternannte Mainzer Arbeitsmarktexperte ­– „waschen und rasieren“ – Kurt Beck hat sein Herz für die älteren Erwerblosen entdeckt und eine Verlängerung des Arbeitslosengelds 1 (ALG1) durchgesetzt. So avanciert er zum führenden Sozialkosmetiker der Republik und verpasst seiner Partei einen vermeintlichen Linksruck in Form der Agenda 2010 light. Die bereits Ende 2003 beschlossene Kürzung des ALG1 ist seit dem 1.2.2006 in Kraft. Erwerbslose bis zum Alter von 54 Jahren erhalten grundsätzlich nur 12 Monate diese Transferleistung und ab dem 55. Lebensjahr ist ein Bezug von 18 Monaten möglich. Selbst „Robin“ Rüttgers unterstützte den Vorschlag auf der Grundlage des Äquivalenzprinzips, d. h. Jüngere erhielten kurzfristiger das ALG1.

Der selbsternannte Mainzer Arbeitsmarktexperte ­– „waschen und rasieren“ – Kurt Beck hat sein Herz für die älteren Erwerblosen entdeckt und eine Verlängerung des Arbeitslosengelds 1 (ALG1) durchgesetzt. So avanciert er zum führenden Sozialkosmetiker der Republik und verpasst seiner Partei einen vermeintlichen Linksruck in Form der Agenda 2010 light.

Die bereits Ende 2003 beschlossene Kürzung des ALG1 ist seit dem 1.2.2006 in Kraft. Erwerbslose bis zum Alter von 54 Jahren erhalten grundsätzlich nur 12 Monate diese Transferleistung und ab dem 55. Lebensjahr ist ein Bezug von 18 Monaten möglich. Selbst „Robin“ Rüttgers unterstützte den Vorschlag auf der Grundlage des Äquivalenzprinzips, d. h. Jüngere erhielten kurzfristiger das ALG1. Dem konnte die SPD in Stimmungstief nicht zustimmen, denn das hätte Stimmverluste in der jüngeren Generation hervorgerufen und die SPD langfristig zu einer 18 % plus X-Partei gemacht. Und der verschmitzte Michael Glos signalisierte Zustimmung… wenn die Erwerbstätigen eine Zusatzversicherung abschlössen. Der vorsorgende Sozialstaat lässt grüßen.
Flächendeckender Sozialraub
Tatsächlich bedeutet die Verkürzung der Anspruchszeiten beim ALG1 einen der größten Raubzüge in der Sozialgeschichte der BRD. Die BeitragszahlerInnen werden z.T. um 2/3 ihrer geleisteten Versicherungsbeiträge betrogen. Die vermeintliche „sozialstaatsinduzierte Arbeitslosigkeit“ soll reduziert werden. Angeblich sind die Erwerbslosen selbst für massenhafte Arbeitsplatzvernichtung verantwortlich und flüchten voller Freude in die „soziale Hängematte“. Damit soll Druck auf die Erwerbslosen ausgeübt werden, auch den schlechtesten Job anzunehmen. Millionen wurden und werden so faktisch enteignet.
Die neue Regelung, den über 50jährigen 15 Monate, über 55jährigen 18 Monate und über 58jährigen 24 Monate das ALG1 zu zahlen, ist ohnehin nur eine Verlängerung der Fahrt auf der „Armutsrutsche“ (Ch. Butterwege). Ins Auge wird wieder die Altregelung gefasst, wonach Eltern und Kinder sich zu unterstützen haben und die Bedarfsgemeinschaften entlastet werden. Das sozialpolitische Rad wird hier zurückgedreht.

Allerdings profitieren nur diejenigen von längeren Bezugszeiten, die vorher ein nennenswertes Einkommen bezogen haben. Mittlerweile arbeiten aber 29 % der Lohnabhängigen in prekären Arbeitsverhältnissen und müssen bei Verlust des Arbeitsplatzes ihr mickriges ALG1 durch Hartz IV aufbessern! Das heißt, sie werden über Nacht de facto zu SozialhilfeempfängerInnen. Härter trifft es die älteren Erwerbslosen, die in Zukunft gegen ihren Willen bei erheblich reduzierten Altersbezügen mit 60 Jahren zwangsverrentet werden. Das entlastet die Kassen und schönt die Statistik.
Sozialkosmetik – Der Hintergrund
Der Unmut über die Sozialpolitik ist weit verbreitet. 80 % der Bevölkerung favorisieren die Verlängerung des ALG1 und somit war politischer Handlungsbedarf gegeben. Auch die „Rente mit 67“ wird mehrheitlich abgelehnt. Also werden scheinbare Verbesserungen wie z.B. beim ALG1 vorgestellt, aber im Kern der Sache bleibt die Regierung hart und die Substanz der Agenda 2010 unberührt. Selbst jene imaginäre Formation wie die SPD-Linke, so real wie das Ungeheuer von Loch Ness, steht hundertprozentig hinter der Agenda. Von diesen AkteurInnen Korrekturen in Richtung sozialer Gerechtigkeit zu erwarten, ist eine Illusion. Auch der Wolf, der Kreide gefressen hat, bleibt ein Wolf. Den parlamentarischen ManipulateurInnen einen außerparlamentarischen Strich durch die Rechnung zu machen, ist notwendiger denn je.

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