TEILEN
Innenpolitik

Jeder Innenminister will seinen Vorgänger übertrumpfen

Von Trixi Blixer | 01.01.2008

Innenminister Schäuble versucht neue Felder der Inneren Sicherheit zu besetzen: nach der Einführung von biometrischen Pässen oder des Anti-Terror-Paragrafen 129 b durch SPD-Mann Schily schlägt Schäuble jetzt die geheime Durchsuchung von privaten Computern vor. Damit will er die staatlichen Behörden noch weiter in unsere Privatsphäre eindringen lassen. Seit dem 1. März 2007 gibt es die Benutzung der bundesweiten Anti-Terror-Datei. Sie wurde nach dem sog. „Gemeinsamen-Dateien-Gesetz“ errichtet, um die bisher umfangreichste Datensammlung der BRD aufzubauen.

Innenminister Schäuble versucht neue Felder der Inneren Sicherheit zu besetzen: nach der Einführung von biometrischen Pässen oder des Anti-Terror-Paragrafen 129 b durch SPD-Mann Schily schlägt Schäuble jetzt die geheime Durchsuchung von privaten Computern vor. Damit will er die staatlichen Behörden noch weiter in unsere Privatsphäre eindringen lassen.

Der ehemalige Innenminister der „Rot/grünen“-Koalition, Otto Schily, wurde vor allem durch seine „Otto-Kataloge“ bekannt. Mit denen schlug er Maßnahmen gegen vermeintliche und echte TerroristInnen vor. Schon Schily wurde oft als ein Vertreter von „Law and Order“ gesehen, v.a. wegen seiner weitgehenden Vorschläge gegen den Terrorismus, Einschränkungen der Zuwanderung und Aushöhlung des Datenschutzes. Durchsetzen konnte Schily seine Verordnungen gegen den Datenschutz infolge des 11. September 2001, als wegen der schweren Anschläge breitere Kreise bereit waren, auf BürgerInnenrechte zu verzichten, um vermeintlich mehr Sicherheit zu bekommen. Nun möchte Wolfgang Schäuble noch eins draufsetzen.
Repression à la Schäuble
Seit dem 1. März 2007 gibt es die Benutzung der bundesweiten Anti-Terror-Datei. Sie wurde nach dem sog. „Gemeinsamen-Dateien-Gesetz“ errichtet, um die bisher umfangreichste Datensammlung der BRD aufzubauen. Als Begründung dient der „islamistische Terrorismus“, dessen Strukturen mit der Zusammenführung der behördlichen Daten erkannt werden sollen, um damit mögliche „Schläfer“ und geplante Attentate schon im Vorfeld unterbinden zu können. Natürlich sind aber nicht ausschließlich muslimische Menschen in dieser Datei registriert (was zynisch genug wäre), sondern auch alle anderen, deren Daten bei den Behörden erfasst und gesammelt wurden, die also z. B. beim BKA, dem Verfassungsschutz oder dem Militärischen Abschirmdienst gespeichert sind. Bei solchen Datensammlungen geht es nicht nur darum, Menschen zu registrieren, die schon wegen einer Straftat rechtsgültig verurteilt sind, sondern v.a. auch diejenigen ins Blickfeld der Behörden zu rücken, die eben noch nichts gemacht haben, aber eine potenziell falsche Gesinnung haben. Eine Löschung aus Gefährder-Dateien zu erreichen, ist in der Regel nicht möglich, und für den / die Einzelne ist i.d.R. auch nicht erkennbar, warum er / sie nun registriert wurde.

Seit März ´07 sind nun also insgesamt 38 Behörden zugriffsberechtigt und stellen wiederum ihre Erkenntnisse ins gemeinsame Netz. Dazu gehören u.a. das BKA, der Bundesnachrichtendienst und der Verfassungsschutz, das Zollkriminalamt und die Landespolizeien. Insgesamt wurden 334 Datenbanken vernetzt, bspw. auch die DNA-Vorsorgedatei mit 1.018.815 Einträgen. Natürlich finden sich darunter ebenfalls diejenigen Register, die sog. linke Störer erfassen, wie z. B. die G8-Datei.
Der Bundestrojaner
Eine der Trumpfkarten in Schäubles Repressionsvisionen ist der Vorschlag für die geheime Durchsuchung von privaten PCs mithilfe einer Trojanersoftware. Im Regierungsprogramm „zur Stärkung der Inneren Sicherheit“ wird die Online-Durchsuchung als Maßnahme „entfernte PCs auf verfahrensrelevante Inhalte hin zu durchsuchen, ohne tatsächlich am Standort des Gerätes anwesend zu sein“ beschrieben. Die Durchsuchung soll präventiv zur Gefahrenabwehr stattfinden. Anscheinend soll dafür ein Ausspäh-Tool geschaffen werden, welches eine vom Benutzer unbemerkte Durchsuchung seines PCs ermöglicht. Nach dem Aufschrei in den Medien, der nach Bekanntwerden der Schnüffelpläne erfolgte, versuchte sich die Bundesregierung in Beschwichtigung. Wer nichts zu verbergen habe, brauche auch nichts zu befürchten … Aber das Interesse der Ermittlungsbehörden an den PCs in den Privathaushalten ist nicht erst seit heute groß. Schon zu Schilys Zeiten wurde 2005 nach Bitte des Verfassungsschutzpräsidenten Fromm eine Dienstanweisung geschaffen, die solche Durchsuchungen ermöglichte.

Der Bundestrojaner alleine genügt aber dem Innenministerium nicht. Schäuble fordert neben der Erfassung der Fingerabdrücke im Reisepass und künftig im elektronischen Personalausweis die Speicherung all dieser Daten und ihre Hinterlegung bei den Meldeämtern. Damit könnten jederzeit alle personenbezogenen Daten bspw. mit Internettätigkeiten der Betreffenden verknüpft werden.
Bewegung schwach – Repression stark
Das Sammeln möglichst aller Daten und ihre Zuordnung zu bestimmten Personengruppen hat mit der EDV-Technologie erst ihre jetzigen Möglichkeiten erlangt. So muss nicht mehr, wie noch zu DDR-Zeiten, jedes Papier und jede Geruchsprobe irgendwo physisch gelagert und dann im Zweifelsfall auch wiedergefunden werden, sondern es reicht, die Datenbanken elektronisch zu vernetzen und dann nach bestimmten Stichworten von einer Software durchforsten zu lassen. Damit haben die Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden unglaubliche Möglichkeiten bekommen. Auch die Menge der Daten stellt kein großes Problem mehr dar, es müssen keine Lagerhallen angemietet werden, um die Papierberge unterzubringen – genügend große Speicherchips reichen vollkommen aus. Je größer die Speicher und Verknüpfungsmöglichkeiten, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit, dass möglichst breite Teile, ja wenn nicht sogar die gesamte, Bevölkerung in den Datenbanken erfasst werden sollen. Schließlich könnte jedeR heute Unschuldige schon morgen einE GefährderIn sein und dann ist es für die Bundesbehörden sinnvoll, schon jetzt die Daten zu erfassen und aufzuheben … Big Brother wird so zur Realität!

Aber nicht nur die technischen Errungenschaften ermöglichen der Bundesregierung und den Behörden das Durchsetzen ihrer Schnüffelträume. V.a. die Schwäche der Antirepressionsbewegung und die Schwäche der klassenkämpferischen ArbeiterInnenbewegung eröffnen der bürgerlichen Regierung die Durchsetzung ihrer „Law and Order“- Vorstellungen. Denn viele Gesetze und Verordnungen, wie eben auch das „Gemeinsame-Dateien-Gesetz“ oder die Erfassung biometrischer Merkmale werden nicht nur für jetzt, sondern eben auch in Hinblick auf zukünftige Entwicklungen gemacht. Würde sich z. B. der Streik der LokführerInnen stark radikalisieren und zusätzlich zur Stilllegung der Bahn noch von den Streikenden die Autobahn blockiert werden und die Gefahr einer breiten Ausweitung des Klassenkampfes bestehen, könnte mithilfe der Anti-Terror-Paragrafen ggfls. die Bewegung massiven Repre
ssalien ausgesetzt werden. Das ist im Moment noch nicht der Fall, wird aber bei der Erstellung solcher Gesetze mitbedacht. Ist die Bewegung schwach, wird die Repression stärker. Sie dient auch dazu, kommende Bewegungen möglichst schon im Keim zu ersticken. Ist die Bewegung stark, ist eine große gesetzlich legitimierte Repression oft nicht mehr durchsetzbar!

Wichtig, um nicht nur noch im Glashaus leben zu müssen, ist deshalb, dass wir uns jetzt und sofort gegen diese und kommende Gesetze und Verordnungen wehren, die dazu dienen, uns auszuspionieren, zu registrieren und zuzuordnen!

Artikel teilen
Kommentare auf Facebook
Ähnliche Artikel
Zur Startseite