Internationalismus und der Krieg Russlands gegen die Ukraine
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DKP: Russland als Opfer und China als sozialistischer Staat?

Internationalismus und der Krieg Russlands gegen die Ukraine

Von Manuel Kellner | 12.12.2022

Nach der Lektüre einer Vielzahl von Stellungnahmen der DKP und von Artikeln in ihrer Zeitung „Unsere Zeit“ (UZ) drängt sich mir zuerst der Eindruck auf: Das ist krass, da lohnt sich keine Diskussion. Ich weiß aber, dass viele Linke zumindest Versatzstücke dieser Sichtweise vertreten. Und einen wahren Kern gibt es ja. Wie der unvergessene Franz-Josef Strauß mal sagte, wird aus einem Eisbär auch mit einer rosa Brille noch kein Himbä(ee)r. Damit meine ich die USA, die Nato und den westlichen Imperialismus.

Vielleicht können wir zunächst einmal festhalten, dass nicht die Ukraine Russland überfallen hat, sondern Russland die Ukraine. Nicht russische Städte werden bombardiert, sondern ukrainische. In den Stellungnahmen der DKP und der UZ wird aber suggeriert, dass Russland hier Opfer einer Aggression sei. In einem Artikel der UZ über das 22. Treffen von Kommunistischen und Arbeiterparteien in Havanna auf Kuba am 28,/29. Oktober dieses Jahres heißt es zum Beispiel:

„Zum anderen ging es um die Einschätzung des Krieges in der Ukraine, der aus Sicht der DKP mit dem Angriff der Ukraine gegen den Donbass 2014 begonnen hat, wobei die Ukraine schon damals von den USA und der NATO als Mittel genutzt wurde, einen Krieg gegen die Russische Föderation zu entfachen. Es handelt sich hier nicht um einen Konflikt zwischen zwei imperialistischen Lagern, sondern um eine Fortsetzung der militärischen Einkreisung Russlands durch die NATO – eine Aggression, die nicht zuletzt auch gegen das sozialistische China gerichtet ist.“

Den Konflikt zwischen zwei Lagern gibt es natürlich, zwischen den USA und der Nato auf der einen und Russland und seinen Verbündeten auf der anderen Seite. Wieso soll nur die eine der beiden Seiten in diesem Konflikt „imperialistisch“ sein? Weil Russland dem Westen militärisch – mit Ausnahme der atomaren Bewaffnung – hoffnungslos unterlegen ist? Aber auch ein schwächerer Imperialismus ist ein Imperialismus. Insofern handelt es sich hier tatsächlich um einen innerimperialistischen Konflikt.

Russland ist nicht die untergegangene Sowjetunion. Es ist das stärkste Land der zerfallenen UdSSR, die es beherrscht hatte. Sein Wirtschaftssystem ist, ganz wie das der Ukraine, staatskapitalistisch geprägt. Hochrangige Bürokraten rissen sich das sogenannte „Volkseigentum“ (Staatseigentum) unter den Nagel. Das sind die heute so genannten „Oligarchen“. Personal aus den Geheimdiensten nahm sich die politische Macht.

Die UZ spricht vom „sozialistischen“ China! Auch hier werden Eisbären zu Himbä(ee)ren! Wer kann sowas ernsthaft behaupten? Die UZ sagt auch: Ein Krieg gegen die Russische Föderation sollte entfacht werden. Was für ein Schwachsinn. Ernster zu nehmen ist das Argument der Einkreisung Russlands durch die Osterweiterung der Nato. Natürlich sehen wir auf der Landkarte die Vielzahl der Nato-Stützpunkte rund um Russland und die wenigen Russlands wie zum Beispiel in Syrien. Das westliche Argument, alle Völker hätten das Recht zu wählen, welchem Bündnis sie angehören möchten, ist wurmstichig. Auch ein Bündnis kann sagen „nein, lieber nicht“. Eine der schlimmsten Folgen der Aggression Putin-Russlands gegen die Ukraine ist die spektakuläre Re-Legitimierung der Nato (baltische Staaten, Schweden, Finnland…).

Die „Friedensbewegung“ in Deutschland ist unglaubwürdig geworden, sie findet keine Argumente gegen die gigantischen Aufrüstungsprogramme. Sie muss sich zuerst vom „Lagerdenken“ lösen. Internationalismus ist der Einsatz für die Ausgebeuteten, Unterdrückten und Angegriffenen aller Länder. Was die Ukraine betrifft gehört dazu ihr Recht, sich gegen den russischen Überfall zu verteidigen. Zudem muss endlich die Frage gestellt werden, wer die Waffen hat und wer sie haben sollte. Vor allem im eigenen Land. In der UZ heißt es abschließend:

 „Wir Kommunisten treten für eine neue Weltordnung ein, die auf der Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, auf gegenseitig vorteilhaften Beziehungen zwischen Staaten und Völkern, auf Frieden, nachhaltiger Entwicklung zur Befriedigung sozialer Bedürfnisse, sozialer Gerechtigkeit und Solidarität beruht. Notwendig ist dazu eine Mobilisierung der Massen zur Anprangerung und Ablehnung des Wettrüstens und der damit verbundenen massiven Kürzungen der Sozialausgaben, der Existenz und Modernisierung von Atomwaffen, ausländischer Militärbasen; gegen die NATO und ihr Vorhaben, sich zu erweitern und eine globale Militärorganisation zu werden“.

Nun gut! Darauf können wir uns verständigen! Bloß: wie kriegen wir diese Massenmobilisierung zustande? Mit Sicherheit nicht, wenn wir imperialistische Mächte, Diktatoren, Aggressoren schönfärben nach dem Motto „der Feind meines Feindes ist mein Freund“. Das Mullah-Regime im Iran steht auch im Konflikt mit den USA und dem Westen, ebenso der syrische Diktator Bashar al-Assad. Saudi-Arabien hingegen gehört zu den engsten Verbündeten des Westens. Alle drei sind aber unsere Todfeinde.

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