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Betrieb & Gewerkschaft

IG Metallstreik unter heftigem Beschuss

Von Korrespondent Halle | 01.07.2003

Obwohl in Sachsen-Anhalt bisher nur in der Stahlbranche für die 35-Stundenwoche gestreikt wurde, ist die Stimmung in den meist mittelständischen Metallbetrieben widersprüchlich.

Obwohl in Sachsen-Anhalt bisher nur in der Stahlbranche für die 35-Stundenwoche gestreikt wurde, ist die Stimmung in den meist mittelständischen Metallbetrieben widersprüchlich.

So steht nach Aussagen eines BR-Mitgliedes des Leichtmetallwerkes Nac-hterstedt bei Aschersleben, eine große Mehrheit der 600 Kolleginnen und Kollegen hinter den Forderungen der IGM. Einer möglichen Urabstimmung sehen die MetallerInnen gelassen entgegen. Der zum Alcan-Konzern gehörende Autozulieferer hat volle Auftragsbücher und in den letzten Jahren 250 Beschäftigte, überwiegend aus dem Kreis der bis 1990 dort Arbeitenden ursprünglich 1.600 Lohnabhängigen, wieder eingestellt.

Im knapp 50 km westlich davon liegenden Stahl- u. Walzwerk Ilsenburg, welches zum Salzgitter-Konzern gehört, ist die Meinung zum Abschluss für den Stahlbereich zwiespältig. Die Beteiligung an den Warnstreiks war sehr gut, zumal, nur 5 km von der Landesgrenze zu Niedersachsen entfernt, besonders wenig Verständnis unter den 700 Stahlwerkern für die Aufrechterhaltung der Arbeitszeitmauer existiert. Während der Betriebsrat hinter dem ausgehandelten Stufenplan zur Angleichung der Arbeitszeit bis 2009 steht, sind Teile der Belegschaft hinter vorgehaltener Hand unzufrieden. So ein seit 21 Jahren im Werk arbeitender Schlosser: "Ein Teil der Kollegen fragt sich, ob sich der Kampf gelohnt hat. Die Skeptiker haben es jetzt einfacher zu diskutieren."

Im größten Industriebetrieb der Stadt Halle, dem Waggonbau Ammendorf, überwiegt nach Aussage eines Betriebsrates unter den 950 Beschäftigten die Skepsis. Diese resultiert aus der Tatsache, dass der Betrieb zum wiederholten Mal vor einem drastischen Arbeitsplatzabbau durch den Mutterkonzern Bombardier steht. Zwar hatte der Kanzler persönlich im Februar 2002, nach heftigen Protesten der Belegschaft, den Erhalt des Standortes zugesichert, jetzt allerdings wollen sich weder der Kanzler, das Land oder die Stadt, ganz zu Schweigen von der Konzernmutter in Kanada, an die Abmachungen halten. Die Belegschaft unterstützt zwar das Anliegen der IGM, sieht aber die Erhaltung des Betriebes für wichtiger an. Ähnlich ist die Stimmung in vielen Kleinbetrieben, deren Organisationsgrad unter 10 % liegt. Zum Teil erwarten die Kolleginnen und Kollegen einen Durchbruch in den "Groß"-Betrieben, sehen sich aber einem massiven Druck der Unternehmer ausgesetzt. Die spektakulärste Aktion startete, natürlich medienwirksam in Szene gesetzt, der Geschäftsführer eines Dresdener Metallbetriebes, der seine angeblich streikunwillige Belegschaft mit dem Hubschrauber einfliegen ließ, um die Streikposten zu düpieren. Die Aktion geht einher mit einer an Gehirnwäsche erinnernden Kampagne in fast allen Massenmedien der ostdeutschen Bundesländer. Dabei bemüht die bürgerliche Presse sich noch nicht einmal, den Schein der Objektivität zu wahren. 9 von 10 Beiträgen sind tendenziell gegen die Forderungen der IG Metall gerichtet. Das bleibt in vielen Köpfen hängen. Dem kann die Gewerkschaft bisher nur wenig Gegenöffentlichkeit entgegensetzen.

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