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Griechisches Feuer

Von Politisches Sekretariat des RSB | 01.01.2009

Die Ermordung des 15-jährigen Alexis Grigoropoulos in Athen war nur der Auslöser für die Jugendrevolte in Griechenland. Hintergrund für die Bereitschaft Hunderttausender auf die Straße zu gehen, sind die fehlenden Perspektiven, die das kapitalis­tische System der Jugend bietet. Sie kündigt mit ihrer Revolte einen Wendepunkt im Verhältnis zu den Herrschenden an.

Die Ermordung des 15-jährigen Alexis Grigoropoulos in Athen war nur der Auslöser für die Jugendrevolte in Griechenland. Hintergrund für die Bereitschaft Hunderttausender auf die Straße zu gehen, sind die fehlenden Perspektiven, die das kapitalis­tische System der Jugend bietet. Sie kündigt mit ihrer Revolte einen Wendepunkt im Verhältnis zu den Herrschenden an.

Wer Hunderte von Milliarden Euro für die Sanierung der Banken ausgibt, aber die Bedürfnisse der Jugend und der Lohnabhängigen ignoriert, wird zukünftig mit noch ganz anderen Protesten rechnen müssen – nicht nur in Griechenland, sondern überall in Europa und weltweit.

Aus hiesiger Sicht, wo die soziale Bewegung daniederliegt, scheinen griechische Verhältnisse weit entfernt. Das kann sich aber ändern. Hätten die kürzlichen Proteste der Schüler­Innen nach den Ereignissen in Griechenland stattgefunden, wären sie wahrscheinlich anders verlaufen. Denn das Misstrauen gegenüber den Herrschenden sitzt auch hier tief. Die Krise des Kapitalismus, der Bankrott des Neoliberalismus und die für viele erstmals ersichtliche „Parteinahme“ der politischen Kaste und des Staates, deren bürgerlicher Charakter sich offenbart, sind der soziale und politische Nährboden dafür, dass das griechische Feuer1 auf andere Staaten überspringt.

Sind Hunderttausende SchülerInnen in Griechenland spontan auf die Straße gegangen, so spielt doch in der Bewegung die autonome und anarchistische, aber auch die antikapitalistische Linke eine nicht unwichtige Rolle. Umgekehrt drücken die Erfordernisse der Revolte in zweierlei Hinsicht der Linken ihren Stempel auf. Sie verlangen mehr Kooperation und sie werfen die Frage nach der Erneuerung des revolutionären Projekts auf. Die mit der Revolte entstehende größere Bereitschaft zur Kooperation der antikapitalistischen Linken erklärt sich aus der massiven zentralisierten Staatsmacht, der sie gemeinsam gegenüberstehen. Hierbei können wir von ihnen lernen, die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund zu stellen, ohne die solch breite Proteste nicht möglich sind.
Annäherung der internationalen Debatte
In diesem Zusammenhang ist auffallend, wie sehr sich die internationale linke Debatte bereits angenähert hat. Wenn die in Athen verabschiedete „Erklärung der offenen Versammlung von Beschäftigten aus Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und der Privatunternehmen“, an der die AktivistInnen fast aller antikapitalistischen Organisationen beteiligt waren, fordert „1.400 Euro Mindestlohn, Rente, Arbeitslosengeld“, „Keinen Euro für die Banken“ oder „Gesetzliches Verbot der Entlassungen“, dann werden solche Forderungen auch von der linken Bewegung in Frankreich aufgestellt oder von der sozialen Bewegung hierzulande. Sie sind allerdings bisher nicht die Forderungen „der“ Bewegung in Griechenland.

Die kapitalistische Krise von 2008 und die Jugendrevolte in Griechenland erfordern aber nicht nur mehr Kooperation der antikapitalistischen Linken. Sie radikalisieren darüber hin­aus die linke Debatte. Sie liefern Stoff für Diskussionen in der Nouveau Parti Anticapitaliste in Frankreich und geben Anstöße für die Erneuerung einer revolutionären Perspektive. Dass die Diskussion über radikalere Maßnahmen nicht spurlos an der hiesigen sozialen und linken Bewegung vorbeigeht, zeigen Forderungen wie „Banken in Öffentliche Hand“, die in der ein oder anderen Form von Attac über Die Linke bis hin zur Gewerkschaftslinken erhoben werden.

Hoffen wir, dass das griechische Feuer auch im Jahr 2009 weiterbrennt.

1    Im Mittelalter war das „Griechische Feuer“ eine auf dem Wasser brennbare Mischung, die die Marine von Byzanz auf feindliche Schiffe schleuderte, es war nicht löschbar

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