Wie viele Wochenstunden sind eigentlich zumutbar? In der Arbeitswelt sind es derzeit 40. Auch über diese Zahl lässt sich streiten. In Anbetracht von Millionen von Arbeitslosen scheint sie entschieden zu hoch. Aber da diese Zahl nun einmal existiert, nehmen wir sie als Richtwert. Denn 40 Wochenstunden sind eine Zahl, von der Menschen in Ausbildung, egal ob SchülerIn, StudentIn oder Azubi oft nur träumen können.
Beginnen wir bei den SchülerInnen. In der Oberstufe verbringen diese im Durchschnitt 35 Wochenstunden in der Schule, hinzu kommen mindestens 10 Stunden für Hausaufgaben und Lernen. Damit ist bereits die Wochenstundenzahl überschritten, die einem voll ausgewachsenen, berufstätigen Menschen zumutbar ist. Hinzu kommen Leistungs- und Konkurrenzdruck. Dies bleibt nicht ohne Folgen: 25% der SchülerInnen leiden unter Symptomen, die die Folge von Stress sind. Diese reichen von Kopfschmerzen und Schlafproblemen in ihrer milderen Form bis hin zu Depressionen und burn-outs.
Da sind auch SchulpsychologInnen nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn diese greifen dann ein, wenn das Problem bereits entstanden ist. Wer dieses Problem lösen will, sollte kein Ritalin verschreiben, sondern den Stress an den Schulen reduzieren. Dazu gehört vor allem, die sofortige Abschaffung des Turboabiturs. Aber auch darüber hinaus muss sich an den Schulen grundlegend etwas ändern. Im Angesicht der Masse an Inhalten, die vermittelt werden müssen, bleibt oft nur das pure Auswendiglernen, die ineffizienteste Methode überhaupt. Von auswendig gelerntem Wissen sind nach einem halben Jahr noch 20% vorhanden. Wer könnte noch die Klassenarbeiten vom letzten Jahr bestehen? Wir sagen stattdessen: Gemeinsames Lernen statt Konkurrenzdruck! Mehr Zeit und kleinere Klassen statt Turboabitur!
Und die Auszubildenden?
Wie viel Prozent der Azubis an Stresserscheinungen leiden, ist nie erhoben worden. Kein Wunder – die Zahl könnte erschreckend hoch sein. Auszubildende arbeiten in ihren Lehrbetrieben oft ohne arbeitsrechtlichen Schutz. Aus Angst um den Ausbildungsplatz müssen sie überlange Schichten machen, für ein oft lächerlich geringes Entgelt. Aus Angst, nicht übernommen zu werden, werden auch Sechzehn-Stunden-Schichten gearbeitet.
In der Job-Konkurrenz werden sie oft, wegen des geringeren Lohnes, gegen ausgebildete Fachkräfte eingesetzt und tragen so wider Willen zum Lohndumping bei. Daher fordern wir: vollen Kündigungsschutz und Tariflöhne für Auszubildende! Sofortige Verkürzung der Arbeitszeit bis genug Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, um jedeN zu übernehmen! Darüber hinaus stellen wir die gleichen Forderungen an Berufsschulen, die wir auch an den allgemeinbildenden Schulen stellen: Volle Ausfinanzierung, kleinere Klassen und kostenlose Lehrmittel.
„Arbeitsscheue Studierende“
Doch auch die Situation während des Studiums sieht alles andere als rosig aus: Um mit rapide gestiegenen Mieten und Studiengebühren in vielen Ländern zurechtzukommen, müssen die Studierenden arbeiten gehen – durchschnittlich 13,5 Stunden pro Woche, ein gutes Viertel bringt es auf mehr als 17 Stunden. Rechnet mensch die Studienzeit dazu, kommt für viele eine 44-Stunden-Woche zusammen – ohne jedoch die Zeit für Hausarbeiten, Klausurlernen und die tägliche Nachbereitung der Veranstaltungen mitzuzählen. Der Mythos des „arbeitsscheuen” Studierenden sollte damit endgültig begraben sein.
Im Durchschnitt sinkt für jede gearbeitete Wochenstunde die Durchschnittsnote um eine Stelle hinterm Komma. Das auch hier Studierende aus sozial schwachen Familien stark benachteiligt werden, liegt auf der Hand. Deshalb fordern wir:
- Keine Zensuren
- Keine Kopfnoten
- Keine Credits
Dieser Text ist Teil der Sondervanti zum Bildungsstreik 2010. Hier kannst du die vollständige PDF-Datei herunterladen.