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Innenpolitik

G8-Gipfel: Viel Lärm um nichts

Von Thadeus Pato | 01.07.2007

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Als die GipfelteilnehmerInnen in Heiligendamm medienwirksam mit dem Golfwägelchen zur Pressekonferenz zockelten, war das symptomatisch für die Ergebnisse des G8-Treffens den Klimawandel betreffend: Mehr als symbolische Erklärungen hatte es nicht gegeben. Natürlich sieht das die regierungstreue Presse ganz anders:

Als die GipfelteilnehmerInnen in Heiligendamm medienwirksam mit dem Golfwägelchen zur Pressekonferenz zockelten, war das symptomatisch für die Ergebnisse des G8-Treffens den Klimawandel betreffend: Mehr als symbolische Erklärungen hatte es nicht gegeben.

Natürlich sieht das die regierungstreue Presse ganz anders: Da wird Kanzlerin Merkel als Jeanne d´Arc des Klimaschutzes gepriesen, die dem Klimasünder Bush Zugeständnisse abgerungen habe, von „Durchbruch“ ist die Rede. Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Denn die so genannten Ergebnisse lassen sich in drei Sätzen zusammenfassen. Erstens: Die Berichte des Weltklimarates IPCC zu den Folgen des Klimawandels werden anerkannt. Zweitens: Der „Klimaprozess“ soll im Rahmen der UNO erfolgen. Drittens: Die G8 wollen die Entscheidungen der EU, Kanadas und Japans, die mindestens eine Halbierung der globalen Kohlendioxidmissionen bis 2050 beinhalten, „ernsthaft prüfen“.
Was heißt das ?
Was den ersten Punkt betrifft, so wirft es ein bezeichnendes Licht auf die geistige Verfassung der GipfelteilnehmerInnen ebenso wie auf die der berichtenden Presse, wenn es öffentlich als Durchbruch bezeichnet wird, dass führende Politiker nach harten Diskussionen sich bereit erklären, die Gültigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse anzuerkennen. Was den zweiten Punkt betrifft, so handelt es sich eigentlich um eine Selbstverständlichkeit.

Der dritte Punkt bedarf einer genaueren Untersuchung. Das Problem beim Klimawandel besteht ja gerade darin, dass sich heute getroffene Maßnahmen erst über Jahrzehnte bemerkbar machen und dass umgekehrt die Emissionen der vergangenen Jahrzehnte noch ebenso lange nachwirken. Die Klimaforscher gehen davon aus, dass, um das (unbedingt notwendige) Ziel, in diesem Jahrhundert den weltweiten Temperaturanstieg auf maximal 2 Grad zu begrenzen, zu erreichen, eine Reduzierung der Emissionen von Treibhausgasen von 80% bis 2050 erforderlich wäre. 50% sind reiner Etikettenschwindel – das bedarf keiner weiteren Prüfung.
Nicht nur zu wenig, sondern auch noch das Falsche
Das ganze Getöse soll verbergen, dass die allgemeinen Absichtserklärungen nichts anderes sind, als der Versuch, auf Zeit zu spielen, und dass die von den angeblichen „Vorreitern einer aktiven Klimapolitik“ wie Merkel vorgeschlagenen Ziele und Maßnahmen in keiner Weise ausreichen – weder quantitativ noch qualitativ. Denn nicht nur die vorgegebenen Zielmarken sind absolut unzureichend, sondern auch die Methoden, mit denen sie erreicht werden sollen. Zwei Beispiele von vielen:

  • –     Die USA setzen auf so genannten Biosprit. Gemeinsam mit Brasilien produzieren sie jetzt bereits 70% des weltweiten Angebots an Ethanol aus Mais und Zuckerrohr – mit verheerenden Folgen für die Umwelt und die Nahrungsmittelversorgung. Aber ein gutes Geschäft ist es: Spekulanten wie George Soros und Bill Gates investieren bereits kräftig ins Biospritgeschäft.
  • –     In Deutschland wird in Zukunft das abgasfreie Kohlekraftwerk der Renner sein. Der Haken ist, dass natürlich weiter Kohlendioxid entsteht. Das soll dann in unterirdischen Kavernen eingelagert werden. Problemverlagerung statt Problemlösung also.

Und warum?
Natürlich ist auch PolitikerInnen wie Merkel klar, dass etwas getan werden muss. Aber an erster Stelle steht dabei, dem Industriekapital die Gelegenheit zu geben, bei der notwendigen Umsteuerung möglichst auch noch einen Schnitt zu machen. Das hat dann beispielsweise zur Folge, dass eben nicht der menschen- und umweltfeindliche Individualverkehr in Frage gestellt wird, sondern lediglich der Treibstoff. Und das heißt außerdem, dass die Kapitalfraktionen, die sich eine kurzfristige Umorientierung nicht leisten können, weil sie ihr eingesetztes Kapital erst amortisieren müssen, auf Zeit spielen (dürfen) – das nennt sich Emissionshandel. Und genau diese Interessen haben Leute wie Bush in Heiligendamm vertreten. Aber auch Merkel. Nur die konnte sich als die bessere Umweltschützerin präsentieren, weil das deutsche Kapital die Zeichen der Zeit etwas eher erkannt hat: So hält dank der staatlichen Subventionierung der Windkraft die deutsche Industrie heute ein Drittel des Weltmarktes für Windkraftanlagen.
Fazit
Heiligendamm war weder ein Durchbruch noch ein Desaster. Es war eine perfekt inszenierte PR-Veranstaltung – wenn sie auch durch die Proteste deutlich an Glanz verloren hat. In Bezug auf die Klimapolitik hat der G8-Gipfel eines deutlich gezeigt: Die selbsternannten Weltbeherrscher denken überhaupt nicht daran, die notwendigen Konsequenzen aus dem Klimawandel zu ziehen. Wir werden sie wohl dazu zwingen müssen …

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