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Innenpolitik

Erklärung des RSB/IV. Internationale zur Bundestagswahl: Der Kapitalismus ist angeschlagen

Von Politisches Sekretariat des RSB | 01.09.2009

Die tiefste Wirtschaftskrise seit 1929 ist nicht spurlos an den Herrschenden in der Bundesrepublik vorübergegangen. Seit ihrem Ausbruch bemühen die BefürworterInnen der freien Marktwirtschaft „radikale“ Töne. Der „angloamerikanische Casinokapitalismus“ ist „gescheitert“ (Bundespräsident Köhler), der „Turbokapitalismus der vergangenen Jahre“ ist „tot“ (Außenminister Steinmeier), „nicht nur einige Banken und Unternehmen sind zusammengebrochen, sondern ein ganzes Weltbild“, das nur auf „Spekulationskapitalismus“ (Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer) ausgerichtet gewesen ist.

Die tiefste Wirtschaftskrise seit 1929 ist nicht spurlos an den Herrschenden in der Bundesrepublik vorübergegangen. Seit ihrem Ausbruch bemühen die BefürworterInnen der freien Marktwirtschaft „radikale“ Töne. Der „angloamerikanische Casinokapitalismus“ ist „gescheitert“ (Bundespräsident Köhler), der „Turbokapitalismus der vergangenen Jahre“ ist „tot“ (Außenminister Steinmeier), „nicht nur einige Banken und Unternehmen sind zusammengebrochen, sondern ein ganzes Weltbild“, das nur auf „Spekulationskapitalismus“ (Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer) ausgerichtet gewesen ist.

Die Kapitalismusschelte der Herrschenden spiegelt die Kritik wider, die viele Lohnabhängige am System haben. Aber sie überzeugt nicht. Vertreter­Innen der offen bürgerlichen Parteien CDU/CSU, SPD und Die Grünen hängen nur deshalb dem Kapitalismus die Zusätze „Turbo“, „Raubtier“, „Casino“ und „Spekulation“ an, um allein seine Auswüchse wie „Managergehälter“, den „Finanzdschungel“, die „Unverantwortlichkeit der Banker“ usw. zu kritisieren. Damit soll der „reine“ Kapitalismus, das System als Ganzes, geschützt und verteidigt werden.

Doch selbst die verkürzte Kritik der Herrschenden bestätigt noch, wie tief die Krise des Systems ist. Der Kapitalismus hat seine jahrzehntelang zur Schau getragene Stabilität und Selbstsicherheit verloren. Auch wenn er nicht von heute auf morgen zusammenbrechen wird, so bietet er düstere Zukunftsperspektiven: Arbeitslosigkeit, Verarmung, Hunger, Zerstörung der Umwelt, Krieg – und nicht zuletzt Unterdrückung und Diktatur. Denn die herrschende bürgerliche Klasse wird trotz aller Krisen nicht freiwillig abtreten.

So schnell den Herrschenden die Schelte des „Casino-Kapitalismus“ über die Lippen kam, so schnell wurde in den Parteiprogrammen die „freie“ Marktwirtschaft durch die „soziale“ oder „grüne“ Marktwirtschaft ausgetauscht. Bei den offen bürgerlichen Parteien sind zwei Richtungen zu unterscheiden:

Die FDP und ein Teil der Unionsparteien wollen die Krise nutzen, um ein marktradikales Programm durchzusetzen. Das heißt bei der FDP massive Steuersenkungen für das Kapital, weniger Betriebsräte und weniger Kündigungsschutz, Lohnsenkung, Eliteförderung in der Bildung, Ausbau der Atomkraft, weitere Privatisierung von Staatsbetrieben. Am deutlichsten kommt dies in Guttenbergs (CSU) „Gesamtkonzept für eine nachhaltige Industriepolitik“ heraus. Dort wird letztlich klar gemacht, wozu die Herrschenden die Krise nutzen wollen: „Entlastung von Unternehmen“ = Senkungen der Gewinnsteuern, „Senkung der Lohnnebenkosten“ = Kürzung der „Arbeitgeberanteile“ an den Sozialversicherungen, „Flexibilisierung des Arbeitsmarktes“ und „Erleichterungen beim Naturschutz“. Die SPD möchte zwar gerne das Guttenberg-Papier dazu nutzen, sich von der Union abzugrenzen, aber in Wirklichkeit bereitet auch sie eine Agenda 2020 vor, nur verpackt sie diese etwas anders.

Die FDP ist die einzige bürgerliche Partei, die sich gegen jede Systemkritik wehrt und sei sie noch so samten verpackt. Sie profitiert von der massiven Verunsicherung des Kleinbürgertums, der kleinen Unternehmer­Innen, Selbstständigen und leitenden Angestellten. Sie sehen sich in ihrer Existenz bedroht und suchen (noch) nach marktradikalen, vielleicht aber schon allzu bald nach nationalistischen Antworten. Ein Teil des wirtschaftsliberalen Flügels der CDU/CSU stimmt mit der FDP überein. Dies gilt nicht nur bei der Angst vor jeder Systemkritik, sondern vor allem für so profitable Vorhaben wie die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke.

Im Unterschied zur FDP betonen der Hauptteil der CDU/CSU, die SPD und die Grünen das vorübergehende Eingreifen des Staates ins Marktgeschehen. Finanzhilfen für Banken, Bürgschaften über 100 Mrd. Euro für angeschlagene Konzerne, Verlängerung der Kurzarbeit und Qualifizierungsangebote sollen Unternehmen erhalten und angeblich Jobs retten. Neue Regularien sollen für die Eindämmung der Finanzmärkte sorgen, damit sich die Zusammenbrüche von Banken nicht wiederholen. Durch die Krise gezwungen, mussten CDU/CSU, SPD und Grünen eine vorläufige, verbale Wende vom Marktradikalismus zur „sozialen Marktwirtschaft“ machen.
Gefahren für das Bürgertum, Hoffnung für uns
Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sieht Gefahren „für die ökonomische, soziale und demokratische Stabilität ganzer Staaten“ aufziehen. Es könne eine Situation aufkommen, die empfänglich für eine „irrationale antithetische Antwort“ ist. Steinbrück: „Eine solche irrationale Antwort gibt es in Frankreich bereits. Wenn eine Umfrage ausweist, dass 50 Prozent der Befragten für Geiselnahmen von Managern sind, dann ist das eine irrationale antithetische Antwort. Ich bin mir nicht so sicher, ob wir, die nach wie vor eher auf der bevorteilten Seite sitzen, ein ausreichendes Gespür dafür haben, dass diese Krise durchaus zu gesellschaftlichen Auflösungserscheinungen führen könnte“. Steinbrück appelliert an die „Funktionseliten in Politik, Wirtschaft, Wissenschaften, Medien und Verbänden“, das „hohe Gut der politischen Stabilität und des gesellschaftlichen Zusammenhaltes zu wahren“. Die parteipolitische Quintessenz von Steinbrücks Appell ist die Fortsetzung der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD.
Die Offensive des Kapitals hat längst begonnen
Die Lohnabhängigen ahnen, was auf sie zukommt. Wer soll die Krise bezahlen? Diese Frage wird den bürgerlichen Politiker­Innen immer wieder gestellt. Da die Banker, die Manager­Innen, die Kapitaleigner­Innen, deren System die Krise verursacht hat, nicht dafür die Folgen tragen sollen, hat die herrschende politische Kaste ein „Vermittlungsproblem“.

Steinbrück: „Wie erkläre ich den Menschen (…) eine Bankenrettungsaktivität von 500 Milliarden Euro, die diese Milliarden alle auf ihr persönliches Lebensumfeld abspiegeln, auf Hartz IV-Regelsätze, auf die Entwicklung ihrer verfügbaren Einkommen, auf den maroden Zustand der Schule ihrer Kinder, auf die fehlende Umgehungsstraße, auf die hohen Gebühren in den Kindergärten, auf die wirtschaftliche Lage ihres kleinen Handwerks- oder Gewerbebetriebes? Der erste Satz lautet dann immer: `Aber 500 Milliarden hast Du für die Banken!` Der nächste Satz `Du hast sie für die Banker` ist nicht weit e
ntfernt. Und dann wird die Diskussion schon etwas schwieriger“.

Unabhängig von dem, was die neue Bundesregierung zur Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiter­Innenklasse beschließen wird: Die Kapitaleigner­Innen sind längst in der Offensive. Hunderttausende von Arbeitsplätzen werden vernichtet. Viele Lohnabhängige sehen ihre Existenz gefährdet. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erwartet 2010 einen Anstieg der offiziellen Arbeitslosigkeit auf rund 4,6 Millionen. Der IG Metall-Vorsitzende Huber wie der Chefökonom der Deutschen Bank, Walter, sehen im nächsten Jahr die 5 Millionen-Grenze überschritten. Die tatsächliche Zahl der Erwerbslosen, sog. „stille Reserve“ und all diejenigen, die in der offiziellen Statistik willkürlich ausgeblendet sind, beträgt heute schon annähernd 7 Millionen. Diese Zahl wird in nächsten Zeit stark ansteigen.
Die Gewerkschaften sind wie gelähmt
Die Kritik der Gewerkschaftsführung an den „Finanzhaien“, den „Hedgefondsmanagern“ und den „Boni-Jägern“ geht nicht über die Kritik der CDU/CSU und der SPD hinaus. Was den Kampf gegen die Krisenauswirkungen angeht,  reagieren die Gewerkschaften wie gelähmt. Die zaghafte Mobilisierung von 100 000 Lohnabhängigen am 16. Mai nach Berlin zeigte deutlich, dass die Gewerkschaftsführungen nicht mehr Mitglieder mobilisieren wollen.

Die mangelnde Kampfperspektive schlägt in die entgegengesetzte Richtung um. Bei Opel „kämpft“ Belegschaft um Belegschaft für „ihren“ Standort. Bei der Übernahme von Porsche durch VW oder umgekehrt standen die Betriebsräte fest auf der Seite „ihres“ Konzerns. Porsche-Chef Wiedeking erntete bei seinem Abschied im „Kampfbetrieb“ Zuffenhausen Beifallsstürme der Belegschaft. Seit` an Seit` mit der Multimilliardärin Schaeffler demonstriert die Belegschaft unter dem Motto „Auch wir sind Schaeffler“. Während sie sich in den Aufsichtsräten auf eine oder verschiedene Kapitalseiten schlagen, sind die Gewerkschaften völlig unfähig, gemeinsame Mobilisierungen der Lohnabhängigen von Porsche und VW, von Schaeffler und Conti oder von allen Opelwerken zustande zu bringen. Wenn sich in der Krise die Grundsätze der elementarsten gewerkschaftlichen Solidarität auflösen, dann öffnen sich dem Rassismus, Nationalismus und Faschismus Tür und Tor.

Die Perspektive der Gewerkschaftsbürokratie ist eine andere als die der Klassenaktion der Arbeiter­Innen und Angestellten. Die Gewerkschaftsführung ist froh, endlich wieder bei den bürgerlichen Parteien Gehör zu finden. Diese wiederum wissen, was sie in der Krise an den Gewerkschaften haben. Nicht von ungefähr lobt Bundespräsident Köhler die „Besonnenheit der Gewerkschaften“. Ist die Krise erst weitgehend auf die Arbeiter­Innenklasse abgewälzt, bekommen die Gewerkschaften einen Tritt ins Kreuz.
Die Linke ist keine politische Alternative
Die Linke stellt eine Reihe richtiger Forderungen auf z. B. gebührenfreie Bildung für alle, Stopp aller AKWs. Anderen Forderungen fehlt die Zuspitzung. So ist Die Linke nur gegen neue Kohlekraftwerke (nicht gegen alle) und kämpft nicht für eine Enteignung der Energiekonzerne und eine Umstellung der gesamten Energiegewinnung. Sie fordert 10 € Mindeststundenlohn nicht sofort, sondern innerhalb von vier Jahren.

Wir rufen aber vor allem wegen ihrer mangelhafte Kapitalismuskritik, der fehlenden Klassenanalyse, der Abwesenheit einer sozialistischen Perspektive und ihrer lähmende Wirkung innerhalb der außerparlamentarischen Bewegung nicht zur Wahl der Partei Die Linke auf.

Die Kritik Der Linken am Kapitalismus geht nicht über die „Kapitalismuskritik“ der Herrschenden hinaus. Auch Die Linke spricht vom „Casinokapitalismus“. Sagt Oskar Lafontaine, dass Die Linke den Kapitalismus überwinden will, so erläutert Gysi, dass die Überwindung des Kapitalismus nicht seine Abschaffung bedeutet.

Die Arbeiter­Innenklasse existiert für Die Linke ebenso wenig wie die Bourgeoisie. Die Linke behandelt den bürgerlichen Staat als neutrale Institution, die linke Forderungen durchsetzen soll. Druck soll durch Parlamentsmehrheiten, Tolerierungsabkommen, Regierungskoalitionen etc. aufgebaut werden, außerparlamentarische Bewegungen dienen in ihren Augen nur dazu,  bestimmte parlamentarische Kombinationen durchzusetzen. Im Bündnis „Wir zahlen nicht für Eure Krise“, macht Die Linke ihren ganzen Einfluss geltend, um „radikalere“ Forderungen zu verhindern. Innerhalb der Gewerkschaften orientiert sich Die Linke am „linken“ Flügel der Bürokratie, statt eine klassenkämpferische Gewerkschaftsopposition aufzubauen, um die Gewerkschaftsmitglieder zu mobilisieren.
Eine revolutionäre Alternative schaffen
Mit Lassalle bleibt es stets eine revolutionäre Tat, auszusprechen, was ist. Die Krise des Kapitalismus verlangt nach einer Analyse der politischen Lage und der Kräfteverhältnisse, nach radikalen Aktionsformen und revolutionären Antworten. Die Krise legt aber auch schonungslos offen, wie schwach unsere eigenen Kräfte sind.

Eine Schlussfolgerung daraus ist unser Bemühen, mit anderen radikal antikapitalistischen Kräften in Diskussion und Zusammenarbeit zu kommen, um Schritte zum gemeinsamen Aufbau einer revolutionären Alternative in Angriff zu nehmen.
Radikale Antworten sind nötig
Der Kapitalismus ist grundsätzlich nicht in der Lage, allen Menschen ein auskömmliches Einkommen zu garantieren oder beispielsweise den Klimawandel aufzuhalten. Eine Minderheit lebt in Saus und Braus, während andere nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen. Selbst in einem der reichsten Länder dieser Erde leiden viele Menschen unter Mangelernährung und sind vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, andere müssen sich mit Zweit- und Drittjobs oder vielen Überstunden durchkämpfen.
Angesichts der umfassenden und tiefgreifenden Krise des Kapitalismus – Ernährungskrise, Energiekrise, Wirtschaftskrise, ökologische und Klimakrise – kann es nicht darum gehen, nur defensive Forderungen aufzustellen oder gar von einer Rückkehr zu einer angeblich sozialen Marktwirtschaft zu träumen. Die Menschheit kann sich diese Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung nicht länger leisten, wenn sie nicht gewaltige Katastrophen für große Teile der Bevölkerungen heraufbeschwören will. Deswegen machen wir uns stark für: Arbeitszeitverkürzung – bis alle Arbeit haben.

Die Produktivität ist heute so hoch – und steigt in der Industrie jährlich zwischen 2 und 4 % –, dass durch das kapitalistische System die ständige „Freisetzung“ von Arbeitskräften vorprogrammiert ist. Die Folge ist nicht nur die Zunahme der Erwerbslosenzahl, sondern eine dadurch bedingte Verschiebung der Kräfteverhältnisse und die Ausdehnung ungeschützter, prekärer Beschäftigung. Wenn wir dem nicht tatenlos zusehen wollen, muss eine breite Bewegung in den Gewerkschaften und in der ganzen Gesellschaft aufgebaut werden, die den Kampf für eine unmittelbare Arbeitszeitverkürzung in großen Schritten bei vollem Entgelt- und Personalausgleich aufnimmt. Zusammen mit anderen Teilen der soz
ialen Bewegung setzen wir uns für die 30-Stundenwoche ein, machen aber auch deutlich: Wir wollen die Verteilung der Arbeit auf alle Hände, d. h. Arbeitszeitverkürzung – bis alle Arbeit haben. Wir wissen, dass dieses Ziel im Kapitalismus nicht zu verwirklichen ist, aber wir halten an dieser Forderung fest, weil schon die ersten Schritte dorthin die Lebenslage vieler Menschen verbessern und die Kräfteverhältnisse zwischen den Klassen verschieben werden.
Preisgleitklauseln
Wir rechnen damit, dass das Geld, das zurzeit den Bänker­Innen in den Rachen geworfen wird, in den kommenden Jahren sowohl über den Sozialabbau und erhöhte Abgaben (etwa durch eine Mehrwertsteuererhöhung) als auch über das Anwerfen der Notenpresse bei uns wieder reingeholt werden soll. Wir dürfen uns von der niedrigen Inflationsrate nicht täuschen lassen: Das billige Geld, das die Zentralbank zurzeit dem Bankensektor zur Verfügung stellt, ist nur zu einem geringen Teil durch die Schaffung zusätzlicher realer Werte gedeckt. Eine Geldentwertung in den kommenden Jahren wird vor allem diejenigen treffen, die außer ihren monatlichen Einkommen keine großen Sachwerte besitzen. Die Lohnabhängigen und die Bezieher­Innen von Transfereinkommen werden bei einer Geldentwertung die Hauptopfer sein. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass künftig in alle Tarifverträge Preisgleitklauseln eingebaut werden: Steigen die Preise um einen gewissen Prozentsatz, müssen die Einkommen automatisch um denselben Prozentsatz erhöht werden. Die Neufestsetzung sollte dann grundsätzlich alle drei oder spätestens alle sechs Monate erfolgen, ganz unabhängig von der Laufzeit des Tarifvertrages.
Anhebung des Eckregel­satzes und der Renten
Gleiches gilt für die Renten und alle Transfereinkommen. Auch sie müssen regelmäßig an die Preisentwicklung angepasst werden. Die Renten müssen auf 75 % des bisherigen Bruttoverdienstes steigen, für eine allein stehende Person mindestens auf 1500 €. Die Rente mit 67 muss abgeschafft und dafür die abschlagsfreie Rente mit 60 eingeführt werden.

Hartz IV-Bezieher­Innen stehen 3,85 € pro Tag für Essen und Trinken zur Verfügung, Damit kann mensch sich in keinem Fall ausreichend und gesund ernähren. Deswegen: Der Eckregelsatz für Bedürftige (Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld) muss umgehend auf 700 € plus Warmmiete erhöht werden, damit auch diese Menschen sofort am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Die Kosten für die Arbeitslosenversicherung müssen aus Steuern auf Unternehmensgewinne bezahlt werden.
Verbot von Entlassungen
Es ist klar, dass das Kapital ohne Entlassungen nicht wirklich funktionieren kann. Und es ist auch klar, dass von einer bürgerlichen Regierung kein Eingreifen in diesen Funktionsmechanismus zu erwarten ist. Wir müssen aber gegen alle Entlassungen ankämpfen und werden – je nach Stärke der Bewegung – die eine oder die andere Massenentlassung verhindern oder eingrenzen können. Auch das hat nicht nur weitreichende Auswirkungen für die jeweils Betroffenen, es kann – je nach Umfang und Widerhall des Kampfes – das gesamte gesellschaftliche Klima und die Kräfteverhältnisse beeinflussen. Deswegen machen wir uns bei geplanten Entlassungen für die Bildung örtlicher Solidaritätskomitees stark und setzen auf den Widerstand der betroffenen Belegschaften und der Nachbarbetriebe sowie der Bevölkerung in der Region. Wir sagen: Die Parole von ver.di „Verbot von Entlassungen“ ist richtig, vor allem und gerade dort, wo Gewinne gemacht werden, aber wir sagen auch: Wir wollen überhaupt keine Entlassungen, ganz gleich wie rentabel ein Betrieb ist und: Der entsprechende Kampf kann nur durch eine mobilisierte Belegschaft – mit Unterstützung von außen – geführt werden. Es kann nicht dem Zufall bzw. der Gewinnentwicklung in der anarchisch funktionierenden kapitalistischen Wirtschaft überlassen bleiben, ob eine Belegschaft „gebraucht“ wird, sprich Gewinn bringend zur weiteren Kapitalverwertung eingesetzt werden kann oder nicht.

Die kapitalistische Wirtschaft funktioniert grundsätzlich nach dem Konkurrenzprinzip und darin werden Betriebsräte und gewerkschaftliche Funktionäre über die Mitbestimmung in den Aufsichtsräten eingebunden. Sie können sich damit nur für den Erhalt jeweils „ihrer“ Arbeitsplätze gegen diejenigen des Konkurrenzbetriebes stark machen. Deswegen ist es eine grundlegend falsche Ausrichtung der Gewerkschaften, wenn sie Belegschaften an „ihrem“ Betrieb beteiligen wollen. Neben dem Arbeitsplatzrisiko würden diese Belegschaften dann auch noch Lohnverzicht üben und ihre wenigen Ersparnisse im allgemeinen Konkurrenzkampf aufs Spiel setzen. Denn letztlich ist die Begrenzung des Absatzes gerade von Autos eine Frage der weltweiten Überkapazitäten. Für diese Überkapazitäten gibt es nach unserer Ansicht nur eine doppelte Anwort:
Konversion
Angesichts von weltweit 30 % Überkapazitäten in der Autoindustrie und erst recht angesichts der sich verschärfenden Klimakrise gibt es gerade für den Automobilsektor nur eine Antwort: Konversion, also Umbau der Produktion auf gesellschaftlich nützliche Produkte. Es müssen umweltverträgliche Verkehrsmittel gebaut werden (Bahnen, Busse, Fahrräder) und der ÖPNV muss massiv ausgebaut werden und für die Nutzer­Innen kostenlos sein. Dies muss kombiniert werden mit einer durchgreifenden Infrastrukturpolitik, die für kurze Wege zur Arbeit, zum Einkaufen usw. sorgt. Nur dann kann im Verkehrssektor ein wirksamer Beitrag zum Abbremsen des Klimawandels und zu den drohenden Massenentlassungen vor allem in der Automobilindustrie geleistet werden.
Enteignungen der Banken und Konzerne
Die zweite wichtige Achse in diesem Zusammenhang ist die Inbesitznahme der Konzerne unter Kontrolle der Arbeiter­Innenklasse. Dies betrifft nicht nur die Autoindustrie, sondern ganz aktuell vor allem die Banken und Versicherungen. Die Politik der Herrschenden besteht darin, durch staatliche Stützungsmaßnahmen das kapitalistische Funktionieren der Banken (und ganz nebenbei die hohen Einkünfte ihrer Besitzer­Innen und Manager­Innen) sicherzustellen. Spätestens nach dem Abflauen der akuten Krise sollen die vorübergehenden Staatsbeteiligungen wieder privatisiert werden, damit das Recht der Kapitalisten auf volle Profite wieder hergestellt ist. Wir brauchen aber überhaupt keine privaten Banken. Solange es überhaupt noch Geldwirtschaft gibt, brauchen wir lediglich eine einzige Zentralbank mit flächendeckender Filialversorgung, möglichst auf gesamteuropäischer Ebene. Kein neues Atomkraftwerk kann gebaut werden ohne Investitionskredite der Banken, kein Spekulationsgeschäft und keine Privatisierung öffentlichen Eigentums kann stattfinden ohne deren Dienstleistungen. Die Offenlegung und Kontrolle der Finanzströme durch die Lohnabhängigen überwindet die Machtlosigkeit der im Kapitalismus Ausgebeuteten gegenüber angeblichen Sachzwängen und eröffnet die Perspektive zu einer anderen Gesellschaft: Einer selbstverwalteten Rätedemokratie. 
Wie die Forderungen durchsetzen?
Die Umsetzung dieser Forderung kann weder über parlamentarische Konstellationen erreicht werden, noch durch Appelle an den „guten Willen“ der Herrschenden. Eine Verwi
rklichung ist erst dann in Sichtweite, wenn die BRD durch eine breite, radikale außerparlamentarische Massenbewegung erschüttert wird. Damit die außerparlamentarische Bewegung und der offene Klassenkampf vorankommen, wollen wir auch verstärkt den RSB und die IV. Internationale aufbauen. Wir treten ein für militante Aktionsformen wie Massenstreiks und Fabrikbesetzungen.
Unsere revolutionäre Antwort
In seinem Krisentaumel stürzt der Kapitalismus heute ganze Gesellschaften in den Abgrund der Barbarei. In Palästina, Afghanistan, oder Sri Lanka ist die menschliche Zivilisation bereits im Prozess ihrer Auflösung.  Die bürgerlichen Regierungen am Rand der EU stehen vor dem Staatsbankrott. Das Aufkommen des Faschismus wird zur europaweiten Gefahr. Und die Vertreter­Innen des Kapitalismus geben heute nicht einmal mehr vor, die existentiellen Probleme der Menschheit lösen zu können. Die einzelnen Krisen (Wirtschaftskrise, Energiekrise, Ernährungskrise, ökologische Krise) haben alle globalen Charakter und sind nur Erscheinungsformen der heutigen universellen Krise des Kapitalismus. Doch der Widerstand wächst. In der Peripherie des Imperialismus erleben wir ständig Massen- und Volksaufstände ungekannten Ausmaßes und von gewaltiger Sprengkraft. Wie etwa im Iran können sich die konservativen Regime nur durch nackte Gewalt und Massenrepression halten. Gleichzeitig fehlt den Klassenkämpfen ein entschlossener revolutionärer sozialistischer Pol, der sie vorantreibt. Die sozialen Unruhen kommen näher. In Frankreich nehmen die Arbeiter­Innen Manager als Geiseln oder drohen, Fabriken zu sprengen. In der Schweiz, England und Südkorea kam es zu Fabrikbesetzungen. Das beunruhigt die Herrschenden hierzulande, denn sie wissen, dass auch in der BRD der Unmut unter der Bevölkerung groß ist. Die Legitimationskrise des Kapitalismus wird nicht ohne Folgen bleiben, wenn die neue Regierung nach der Bundestagswahl der arbeitenden Klasse die Rechnung für die Geschenke an die Banker­Innen präsentieren wird. Der RSB unterstützt alle Bestrebungen der Arbeiter­Innenklasse und aller unterdrückten Schichten zu Selbstorganisation und Selbsttätigkeit.

Unser Ziel ist eine Rätedemokratie, in der auf allen Ebenen der Gesellschaft – in Betrieb, Wohnviertel, Bildungsstätten – die Betroffenen ihre Angelegenheiten selbst verwalten. In einer solchen Rätedemokratie kann die Bevölkerung in einem revolutionären Prozess das Regime des Kapitalismus beenden und den Sozialismus des 21. Jahrhunderts aufbauen.

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