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Innenpolitik

Die Leichen im Keller der Linkspartei (Teil 3)

Von Tom Bogen | 01.09.2007

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Um die „Leichen“ der Linkspartei/Die Linke zu entdecken, muss mensch nicht nach Brandenburg (siehe Avanti 141), Mecklenburg-Vorpommern oder in den Bundestag (Avanti 142) schauen. Dieser dritte und letzte Teil beschäftigt sich exemplarisch mit Maßnahmen, die die PDS.Linkspartei im Berliner Senat mitzuverantworten hat. Als die Linkspartei.PDS 2005 den Verkauf sämtlicher städtischer Wohnungen in Dresden beschloss, war das kein Präzedenzfall in der Politik der Partei…

Um die „Leichen“ der Linkspartei/Die Linke zu entdecken, muss mensch nicht nach Brandenburg (siehe Avanti 141), Mecklenburg-Vorpommern oder in den Bundestag (Avanti 142) schauen. Dieser dritte und letzte Teil beschäftigt sich exemplarisch mit Maßnahmen, die die PDS.Linkspartei im Berliner Senat mitzuverantworten hat.

Als die Linkspartei.PDS 2005 den Verkauf sämtlicher städtischer Wohnungen in Dresden beschloss, war das kein Präzedenzfall in der Politik der Partei. Die GenossInnen in Sachsen machten nur das nach, was in Berlin vorexerziert wurde.
Wohnungsverkauf – Berlin macht’s vor
Seit 1995 plante die Berliner Landesregierung die Veräußerung von kommunalen Wohnungen. 1998 beschlossen CDU-SPD den Verkauf von 74,9 % der Gehag für den Preis von damals 950 Millionen D-Mark. 2000 scheiterte der Versuch, ebenfalls 74,9 % einer zweiten Gesellschaft, der GSW, zu versilbern – mangels seriöser Angebote. Die Berliner SPD hatte Skrupel und wollte nicht um jeden Preis verkaufen. Doch 2001 änderte sich die Situation. Berlin wurde „rot-rot“. Der Verkauf wurde im Jahre darauf aber nicht ad acta gelegt, sondern in Sack und Tüten gebracht. Anders als damals CDU-SPD verzichtete der Senat auf seine 25,1 % Sperrminorität das Landes und im Jahr darauf wurde die GSW unter dem „sozialistischen“ Wirtschaftssenator Harald Wolf verkauft. Der Kaufpreis für den Finanzinvestor Cerberus lag bei 405 Millionen Euro. Als Dankeschön übernahm der Senat noch die Schulden der Gesellschaft – 1,7 Milliarden Euro. Ein wahrlich lohnendes Geschäft, es wurde zum Vorbild für die Regierung. Fortan wurde auf Sperrminoritäten verzichtet und auch Bieter, die kein Interesse an einer langfristigen Bewirtschaftung der Flächen hatten, wurden akzeptabel. War für Harald Wolf der geplante Verkauf der GSW in der Opposition noch eine „krasse Fehlentscheidung“, war der unter Dach und Fach gebrachte Verkauf für den Minister Harald Wolf ein „voller Erfolg.“ Seitdem hat „rot-rot“ mehr Wohnraum privatisiert, als alle Berliner Vorgängerregierungen zusammen.
Sparkasse – besonders investorfreundlich
Ähnlich radikal geht der Senat auch beim Verkauf der Berliner Sparkasse (siehe Avanti 144) vor – ein Novum in Deutschland und ein großes Geschenk an das Bankkapital. Die L.PDS erläuterte in der Öffentlichkeit, die Privatisierung sei von der EU vorgeschrieben. Die zuständige EU-Kommission erklärte mit Blick auf Berlin aber, dass „gemäß Artikel 295 EG-Vertrag (…) Deutschland vollkommen frei über die Privatisierung oder Nichtprivatisierung einer Sparkasse entscheiden kann.“

Der Senat scheint nur interessiert daran zu sein, einen möglichst hohen Kaufpreis für die noch öffentlich-rechtliche Berliner Sparkasse zu erzielen. Wie sonst könnte erklärt werden, dass „rot-rot“ es strikt ablehnt, im Sparkassengesetz ein kostenloses Girokonto für jedeN festzuschreiben? Das Umfeld des Institutes sollte so investorenfreundlich wie möglich gestaltet werden. Deshalb gab der Senat den Entwurf des neuen Sparkassengesetzes, welches den Weg für die Privatisierung erst frei räumte, bei der Kanzlei „Freshfields Bruckhaus Deringer“ in Auftrag, die eng mit der Bankenlobby verflochten ist. Für so viel Engagement gibt es denn auch das Lob der KapitalistInnen: Die Financial Times Deutschland schreibt (und die Avanti hätte es nicht viel anders formuliert), dass „die der Zusammensetzung […] nach ‚linkeste‘ Landesregierung die Privatisierung ihrer Sparkasse am entschiedensten betreibt. Die FDP hätte das nicht besser machen können, obwohl sie es wenigstens programmatisch vertritt“.
Abschiebeknast – perfide und menschenverachtend
In Deutschland gibt es derzeit 10 Abschiebegefängnisse [auch „Ausreisezentren“ genannt]. Diese lagerähnlichen Einrichtungen haben zum Ziel, Asylsuchende dazu zu bringen, „sich freiwillig“ abschieben zu lassen. Menschen, die dort leben, befinden sich unter einer permanenten Kontrolle. Durch die Unterbringung verlieren sie ihr Einkommen, ihre Wohnung, das soziale Umfeld; meist auch ihre Anwälte, weil sie kein Geld, nur noch Sachleistungen bekommen – kurz sie verlieren ihre Würde. Einige MigrantInnen flüchten aus den Lagern und werden so in die Illegalität gedrängt. Im Januar 2006 hat die Berliner Sozialsenatorin der Linkspartei, Heidi Knake-Werner, mit einer Verwaltungsvorschrift solch ein Lager in Berlin eingerichtet. Die Begründung der Linkspartei, die Asylsuchenden würden so wenigstens nicht auf der Straße leben müssen (wie vor 2006) ist mehr als zynisch.

Organisiert wie ein offener Vollzug, bekommen die Menschen hier abgepacktes und zu wenig Essen. Ihre Schlafgelegenheit befindet sich in kleinen Mehrbettzimmern. Privatsphäre, etwa ein Ort für persönliche Dinge oder abschließbare Toiletten (die oft nicht funktionieren) gibt es nicht. In der Gemeinschaftsküche kriechen Kakerlaken. Das von der AWO betriebene Lager liegt abgeschottet vom Leben inmitten eines Industriegebiets. Da die MigrantInnen kein Geld bekommen, können sie sich Fahrkarten hinaus nicht leisten.
Die Zustände in der Berliner Motardstraße folgen der gleichen Funktion wie der anderer Zentren: Selbstachtung der InsassInnen brechen, jede andere Lebensperpektive nehmen. Praktische Asylpolitik à la Linkspartei.
Fazit
Wenn Die Linke regiert, trägt sie die bürgerlich-neoliberale Politik der SPD mit. Und es gibt in der Linkspartei keinen Mechanismus, dieser Politik einen Riegel vorzuschieben. Im Gegenteil, die Spitzen der Partei versuchen, wo es nur geht, sich als SPD-Koalitionspartner anzubiedern. Die Illusionen der Parteibasis sind jedoch gewaltig, sie betrachten die Regierungspolitik der Linkspartei durch eine rosarote Brille. Wenn sie Kritik an den Berliner Verhältnissen entwickeln, dann betrachten sie sie als Einzelfall. Doch kein Endzustand ohne Zwischenstadien. So ist die Politik der Linkspartei in den Kommunen oft haarsträubend. Hier, wo die bundesweite Aufmerksamkeit geringer ist, werden auch schon mal Bündnisse mit der CDU geschlossen. Der Weg
der Sozialdemokratisierung von Die Linke ist deutlich. Aufgabe von Revolutionär­Innen ist, mit sich aktivierenden AnhängerInnen der Linkspartei Aktionseinheiten zu bilden und deren Politik der Politik von Die Linke entgegen zu halten und in Widerspruch zu bringen. Letzteres dürfte aller Voraussicht nach immer weniger schwierig werden.

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