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Betrieb & Gewerkschaft

Der Hansen-Einkauf: DB-Vorstand verkalkuliert?

Von W.Wiese / D. B. | 01.06.2008

Der Übertritt von Hansen von der Gewerkschaftsseite zur Arbeit„geber“seite hat Überraschung und Empörung sowie – auf Kapitalseite – Schadenfreude hervorgerufen. Das ungeschickte Vorgehen von Hansen könnte aber die Sache für die Bahn nicht gerade erleichtern. Gewerkschaftsfeinde freuen sich über die Bestechlichkeit von Gewerkschaftsvertretern. Dass Bestechung gang und gäbe ist, erfahren wir allerdings täglich, wenn z.B. über den Siemenskonzern und seine ehemaligen Vorstandsmitglieder berichtet wird. Und zum Bestechen gehören immer zwei: der aktive und der passive Teil.

Der Übertritt von Hansen von der Gewerkschaftsseite zur Arbeit„geber“seite hat Überraschung und Empörung sowie – auf Kapitalseite – Schadenfreude hervorgerufen. Das ungeschickte Vorgehen von Hansen könnte aber die Sache für die Bahn nicht gerade erleichtern.

Gewerkschaftsfeinde freuen sich über die Bestechlichkeit von Gewerkschaftsvertretern. Dass Bestechung gang und gäbe ist, erfahren wir allerdings täglich, wenn z.B. über den Siemenskonzern und seine ehemaligen Vorstandsmitglieder berichtet wird. Und zum Bestechen gehören immer zwei: der aktive und der passive Teil. Merkwürdigerweise wird dabei oft das Handeln des aktiven anders beurteilt als des passiven.
Die Bahnpläne
Hansen war so ungeschickt, Dinge auszuplaudern, die offensichtlich in Kreisen der Privatisierungsbefürworter längst abgeklärt sind.

Erstens wird der Beschluss der Großen Koalition, die Bahn zu 24,9 % zu privatisieren, nur als ein Einstieg begriffen. Und auch Hansens 49,9 % sind sicher nicht das Ende der Fahnenstange.

Zweitens soll auf Kosten der Belegschaft die „Ertragslage“ verbessert werden. Nicht anders ist Hansens Aufforderung zu verstehen, die LokführerInnen sollten doch auch mal beim Reinigen der Waggons Hand anlegen. Gerade so, als ob die LokführerInnen nicht schon genug Stress hätten. Ziel ist es jedenfalls, über diesen Weg noch mehr Personal abzubauen.
Drittens sollen über die Ausgliederungen bestehende Tarifverträge unterlaufen werden. Auch dies träfe in erster Linie die Lokführer­Innen und die Zugbegleiter. Auf die Gefahr solcher Planungen hatten wir bereits im letzten Herbst anlässlich des Streiks der LokführerInnen hingewiesen.

Hansen ist also nicht nur ein „Arbeiterverräter“, wie es vielen Transnet-Mitgliedern heute wie Schuppen von den Augen fällt. Er hat es auch persönlich nicht verkraftet, dass sich die GDL mit ihrer eigenständige Politik ein Stück weit durchgesetzt hat, ganz unabhängig davon, wie wir die bürokratische und bremsende Politik des GDL-Vorstandes bewerten. Von seiner neu gewonnenen Machtposition aus kartet Hansen nach und piesackt speziell die LokführerInnen, von denen er nicht mehr hofft, sie noch mal als Anhängsel „seiner“ Transnet zurück zu gewinnen.
Schlussfolgerungen für die Gewerkschaftspolitik
Viele Kolleginnen und Kollegen verspüren zurzeit eine unglaubliche Ohnmacht, weil sie mit diesem Gemauschel nicht gerechnet haben. Sie protestieren im Nordosten, in Frankfurt (Seniorenrat), in Halle usw. Sie erwarten von dem Nachfolger Lothar Krauß ein schnelles Eingreifen, damit die miese Stimmung nicht zu einer Existenzkrise der Transnet wird. Aber Krauß (der bisher kein Hansen-Fan war) und die übrigen Vorstandsmitglieder führen den bisherigen Kurs fort: Sie haben dem Wechsel von Hansen zugestimmt und ihr Mitbestimmungsrecht bei der geplanten Umstrukturierung nicht genutzt, was zumindest die Umsetzung verzögert hätte.

Kein Wunder: Dieser gesamte Vorstand billigt weiterhin die Privatisierungspläne und ist zusammen mit Funktionären der Bezirksebene in ein vielfältiges Korruptionsnetz eingebunden (sie werden für Nebenjobs mit einträglichen Posten und Aufsichtsratsmandaten bei diversen DB-Töchtern versorgt).

An der Basis rufen immerhin nicht wenige KollegInnen nach einem außerordentlichen Gewerkschaftstag der Transnet, um ihrer Empörung Ausdruck zu verleihen. Aber der Empörung Luft machen kann nicht alles sein. Es muss um einen inhaltlichen Neuanfang und um eine neue Führung gehen, auch wenn diese personell noch nicht bekannt ist. Dort muss auch anderes drin sein, insbesondere was die Vorstellung von Solidarität mit den anderen Gewerkschaften und ihren Mitgliedern angeht. Darüber hinaus ist ein klares tarifpolitisches, sozialpolitisches und allgemeinpolitisches Konzept von entscheidender Bedeutung, das im Kampf gegen Mehdorn und Co., zu dem jetzt auch Hansen gehört, als Handlungsorientierung gebraucht wird.
Hansen rausschmeißen
Ein Rausschmiss Hansens aus Transnet hat grundsätzliche Bedeutung für Gewerkschaftspolitik überhaupt, für die anstehende tarifpolitische Verteidigung der Interessen der Mitglieder und für den Kampf gegen die Bahnprivatisierung. Schließlich sind Gewerkschaften Organisationen, „in denen die Arbeitnehmer ihre Willensbildung vollziehen und den anderen Gruppen und dem Staat gegenüber repräsentieren“ (Wolfgang Abendroth).

Wenn der Schaden für die Gewerkschaft Transnet (und indirekt für alle Gewerkschaften) begrenzt werden soll, dann muss jetzt die Initiative zur Einberufung eines außerordentlichen Gewerkschaftstages unterstützt werden. Denn:
 

  1. mit einer klaren Entscheidung zum Ausschluss von Hansen könnte das gewerkschaftsschädigende Verhalten sanktioniert und ein Stück Glaubwürdigkeit hergestellt werden; dabei muss der Korruption auf allen Ebenen der Kampf angesagt werden;
  2. die bisherige Politik des Gewerkschaftsvorstandes könnte dort aufgearbeitet werden und mit einer neuen Kursbestimmung ein neuer Vorstand gewählt werden.
  3. ein Aktionsplan könnte gegen die Privatisierungspläne beschlossen werden.
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