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Länder

Bauernleger als Bauernopfer

Von B. B | 01.12.2009

Am 26. November beschloss der Bundestag die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Der ehemalige Verteidigungsminister Jung wurde von der Bundesregierung als Minister geopfert, um den Krieg gegen das afghanische Volk ungehindert fortführen zu können.

Am 26. November beschloss der Bundestag die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Der ehemalige Verteidigungsminister Jung wurde von der Bundesregierung als Minister geopfert, um den Krieg gegen das afghanische Volk ungehindert fortführen zu können.

Jung war von der bürgerlichen Rechtspresse bloßgestellt worden, weil er Lügen über den Bundeswehreinsatz am 3./4. September verbreitet hatte. Damals war vom deutschen Oberst Klein der Bombenangriff auf zwei Tank­laster, die eine afghanische Widerstandsgruppe der ISAF abgenommen hatte, befohlen worden. Dabei wurden nach Medienberichten ca. 125 ZivilistInnen, sprich Bäuer­Innen, aus dem Dorf Haji Abdur Rahman ermordet. Jung hatte den Angriff mit den Worten gerechtfertigt: „Ich halte es auch für richtig, dass wir in einer solch schwierigen Situation unseren Oberst, der die Entscheidung getroffen hat, nicht allein stehen lassen, wenn voreilig von schweren Fehlern gesprochen wird“. Jung soll frühzeitig gewusst haben, dass es Tote unter der zivilen, ländlichen Bevölkerung gegeben hatte, dies aber heruntergespielt haben. Auch Angela Merkel wollte damals eine „Vorverurteilung nicht akzeptieren“.
Unterschiedliche Strategien
Von allen imperialistischen Ländern hat die Bundeswehr das drittgrößte Truppenkontingent in Afghanistan im Rahmen der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan (ISAF) stationiert, die als koloniale Schutztruppe für Warlords und Drogenbarone fungiert.
In den letzten Jahren hat der bewaffnete Widerstand der afghanischen Bevölkerung gegen die Besatzungsmächte, die ihnen das Selbstbestimmungsrecht verweigern, stark zugenommen. Darauf reagieren die US-Besatzungstruppen anders als die Bundeswehr. Die geänderte US-Strategie sieht vor, Afghanistan zu „pazifizieren“, indem, wie im Irak, die herrschenden Klassen und Eliten eingekauft werden – anstatt weiter Hochzeitsfeiern mit Bomben in Schutt und Asche zu legen. Diese Strategie kann in den nächsten Jahren durchaus erfolgreich sein, denn die Käuflichkeit der herrschenden Eliten hängt hauptsächlich vom Preis ab.
Für die neue US-Strategie war der Angriffsbefehl des Obersten Klein auf die beiden Tanklaster völlig kontraproduktiv. Deshalb kann es durchaus möglich sein, dass die Unterlagen, die den Einsatz gegen Zivilpersonen belegen, von den US-Behörden selbst der bürgerlichen Presse zugespielt wurden.
Radikalisierung der Offizierskaste
So schnell wie Oberst Klein bei dem Angriffsbefehl auf Bauern und Bäuerinnen, Kinder und Jugendliche war, so langsam arbeitet die Bundeswehr, wenn es darum geht, den „freiwilligen“ Rücktritt ihres höchsten Militärs Generalinspekteur Scheiderhan auf der eigenen Homepage zu vermelden, dem u.a. der Führungsstab der Streitkräfte untersteht. Blitzschnell äußerte sich der Deutsche BundeswehrVerband. Auf seiner 18. Hauptversammlung vor mehr als 400 Militärs am 24. November gab Oberst Kirsch zum Besten: „Der alte Verteidigungsminister geht uns aber nicht verloren! Ich freue mich, dass wir mit Bundesarbeitsminister Dr. Franz-Josef Jung nun noch einen Bundeswehr-Auskenner am Kabinetttisch sitzen haben“. Danach folgten Durchhalteparolen: „Ich stelle mich als Bundesvorsitzender des Deutschen BundeswehrVerbandes mit 207000 Mitgliedern vor Oberst Klein. Deutliches Zeichen ist der volle Rechtsschutz für das Verfahren. Anlässlich des NATO-Berichts zu dem Vorfall hat sich auch der Generalinspekteur mit deutlichen Worten dazu geäußert. Ich bin General Scheiderhan sehr dankbar dafür. Der Generalinspekteur hat klargestellt, dass Treibstoff aus ISAF-Tankwagen schon früher für Anschläge der Aufständischen verwendet wurde. Somit war die Vernichtung der stecken gebliebenen Tankwagen eine klare militärische Notwendigkeit. Der neue Bundesverteidigungsminister, Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg, hat dies bestätigt“.

Mit dem Krieg, den die Bundeswehr in Afghanistan als Besatzungsmacht führt, ist eine Radikalisierung ihres Offizierskorps verbunden. Hier wird eine neue Generation von Militaristen gezüchtet und als elitäre Kaste von der Gesellschaft abgetrennt, die nur allzu bald jeden Einsatz – nach außen und nach innen – ohne Wenn und Aber durchführen wird.
Bundeswehr-Einsatz verlängert
Am 26. November verlängerte der Bundestag den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan um ein weiteres Jahr. Angeblich sind es 4.500 SoldatInnen in Nord-Afghanistan. Verteidigungsminister Guttenberg ordnete jedoch bereits die Verlegung einer Infanteriekompanie nach Kunduz an. Für den weiteren ISAF-Einsatz, der die Verlängerung des Krieges bedeutet, sprach sich im Bundestag die große Koalition von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen aus. Sie alle, die nun zum zehnten Mal ihr Händchen für den Krieg in Afghanistan heben, sind politisch verantwortlich für die Taten Kleins und für all die Opfer, die der Krieg noch treffen wird. Die Kriegsverbrecher sitzen in Berlin!

Das Ausscheiden von Minister Jung und des militärischer Beraters der Bundesregierung und des Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Schneiderhan, dient als Bauernopfer. Bauernleger1 Jung musste gehen, damit Guttenberg bleibt. Vor allem aber soll mit dem Rücktritt Jungs der Kritik in der Bevölkerung die Spitze gebrochen werden, um den Afghanistan-Krieg weiter fortführen zu können.

1     Im Deutschen Bauernkrieg wurde die Ermordung von Bauern als „Bauernlegen“ bezeichnet.

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