Die Baukonzerne Bilfinger Berger (am Standort die Tochter Babcock Borsig Service) und Hauptkonkurrent Hochtief gelten als Übernahmekandidaten. Aber was hat die Bauwirtschaft mit Neoliberalismus und Globalisierung zu tun?
Beide Konzerne erwirtschafteten 2006 steigende Gewinne besonders auf dem australischen Markt – Bilfinger Berger sogar mit weniger Lohnabhängigen. Auch in der BRD zieht die Baukonjunktur wieder an. Doch als der Milliardär August von Finck Ende 2006 seine 25%ige Beteiligung an Hochtief abstoßen wollte, löste er wilde Spekulationen in der Baubranche aus. Durch Finanzinvestoren drohte Hochtief die feindliche Übernahme und anschließende Zerschlagung. Letztendlich gingen die Anteile des Herrn von Finck für 1,264 Mrd. Euro an den größten spanischen Baukonzern ACS.
Das Fusionskarussell dreht sich
Das Zusammengehen von ACS-Hochtief kann nicht nur Arbeitsplätze kosten, auch Konkurrent Bilfinger Berger kommt unter Druck. Als Interessent gilt der britische Baukonzern Balfour Beatty. Bereits Mitte 2005 hatte die Dresdener Bank AG ihre Beteiligung von 25% an Bilfinger Berger abgegeben. Mit vielen Aktien in Streubesitz bleiben Hochtief und Bilfinger Berger potentielle Übernahmekandidaten.
Der Konzentrationsprozess in der Bauwirtschaft wird durch die weltweite Konkurrenz begünstigt. Wenn ACS und Hochtief einen addierten Umsatz von etwa 28 Mrd. Euro haben, der französische Konkurrent Vinci auf ca. 26 Mrd. Euro und der US-Konzern Bechtel auf ca. 20,5 Mrd. US$ kommt, dann geraten kleinere Konzerne wie die Strabag mit 9,315 Mrd. Euro oder Bilfinger Berger mit 7,2 Milliarden Euro Umsatz unter Druck.
Privatisierung öffentlichen Eigentums
Die Kommunen der BRD haben in diesem Jahrzehnt einen Investitionsbedarf von 700 Mrd. Euro (u.a. 80 Mrd. € für Schulen, 120 Mrd. € für Abwasserbeseitigung, 180 Mrd. € für Verkehr). Seit vielen Jahren treten Konzerne wie Bechtel, Hochtief und Bilfinger Berger für die Privatisierung von öffentlich geführten Versorgungseinrichtungen wie z.B. Autobahnen oder Flughäfen ein. In Modellen der sog. Public-Private-Partnership (PPP) errichten Baukonzerne Rathäuser, Schulen, Flughäfen oder Schwimmbäder, die dann für 20 oder 30 Jahre an die Stadt vermietet werden. In Gladbeck baute und betreibt Hochtief auf 25 Jahre das Rathaus, im Kreis Offenbach finanziert und betreibt Hochtief 50 Schulen auf 15 Jahre. Bilfinger Berger baut und betreibt auf 30 Jahre ein Justiz- und Verwaltungszentrum in Wiesbaden, das von der Hessischen Landesbank finanziert wird. In Oberhausen droht demnächst das Spaßbad Aquapark am CentrO. von einem privaten Investor gebaut zu werden, um wahrscheinlich von der Stadt bzw. OGM zurückgemietet zu werden.
Solche Betreibermodelle sind für Baukonzerne eine Art Geldpumpe mit langfristiger Garantie. Nach Werner Rügemer (Autor von „Colonia Corrupta“) fallen für die Städte insgesamt 20 bis 30% Mehrkosten an. Die Städte bluten finanziell noch mehr aus, weil die Kredite, mit denen Private investieren, um 2% höher als die Kommunaldarlehen liegen. Außerdem muss die Umsatz- und Gewerbesteuer des Investors sowie sein Gewinn von ca. 6% mitbezahlt werden. Für die Kapitaleigner lohnt es sich.