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Betrieb & Gewerkschaft

Bahn-Vorstand und Transnet-Bürokratie Hand in Hand

Von D. Berger | 01.01.2008

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Spätestens seit der ZDF-Sendung Frontal21 vom 16.10.07 ist einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, wie eng die Führung der Bahngewerkschaft Transnet und der Bahnvorstand zusammenarbeiten. Diese Offenlegung hat den Transnetvorstand um Hansen aber in keiner Weise zu einer Revision seiner politischen Linie bewegt. Was linken KritikerInnen an den Enthüllungen von Frontal21 nicht grundsätzlich neu war hat in seinem Ausmaß doch manche überrascht. Nehmen wir nur die wichtigsten Fakten, die Transnet nicht einmal im Ansatz zu widerlegen versucht:

Spätestens seit der ZDF-Sendung Frontal21 vom 16.10.07 ist einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, wie eng die Führung der Bahngewerkschaft Transnet und der Bahnvorstand zusammenarbeiten. Diese Offenlegung hat den Transnetvorstand um Hansen aber in keiner Weise zu einer Revision seiner politischen Linie bewegt.

Was linken KritikerInnen an den Enthüllungen von Frontal21 nicht grundsätzlich neu war hat in seinem Ausmaß doch manche überrascht. Nehmen wir nur die wichtigsten Fakten, die Transnet nicht einmal im Ansatz zu widerlegen versucht:

  • •    Der Transnetvorstand betreibt eine aktive Lobbyarbeit für die Bahnprivatisierung. Als Aufsichtsratsmitglied lässt Hansen kaum eine Gelegenheit aus, von der Notwendigkeit der Privatisierung zu schwafeln, um „im europäischen Wettbewerb besser aufgestellt zu sein.“ Als einziger Gewerkschaftsvorsitzender hat er am 6. März 2007 gegen den Beschluss des DGB-Bundesvorstands gestimmt, der sich gegen die Bahnprivatisierung stellte.
  • •    Die „Gegenleistung“ des Bahnvorstands ist nicht unbedeutend. Bei den letzten Tarifverhandlungen hat die Bahn festgelegt, dass eine Reihe von Sozialleistungen wie Unterstützung bei Kuren, Zuschüsse zur Fort- und Weiterbildung und andere Vergünstigungen exklusiv nur für Mitglieder der Tarifgemeinschaft von Transnet und der Gewerkschaft Deutscher Bundesbahnbeamter und Anwärter (GDBA) gelten. Mitglieder einer anderen Gewerkschaft oder Unorganisierte gehen leer aus.

Transnet am Tropf des Bahnvorstands
Angesichts drastisch sinkender BeitragszahlerInnen hat die Transnet gewaltige finanzielle Probleme bei der Aufrechterhaltung ihres Apparats. Denn seit 1990 hat die Bahn mehr als 50% der damals 462 239 Stellen abgebaut. Viele Gewerkschaftsmitglieder sind heute RentnerInnen und zahlen einen geringen Beitrag, andere treten aus oder wechselten seit 2003 und besonders seit Sommer 2007 zur GDL. Da aber Mehdorn sehr gut weiß, was er an Hansen und dem Transnet-Vorstand hat und mit einer starken Transnet ein Eindringen von IG Metall und Verdi in den Bahnbereich besser verhindert werden kann – am größten ist die Konkurrenz bei den DB-Regionalbusgesellschaften –, wird der Apparat der Transnet kräftig geschmiert.

So werden überzählige Gewerkschaftsfunktionäre, die Transnet nicht mehr bezahlen kann, auf gut dotierten Posten bei der Bahn AG oder deren Tochterunternehmen untergebracht. Betriebsräte, die fast ausschließlich bei der Transnet organisiert sind, werden angehalten, ihre Lehrgänge bei der Transnet-Tochter Transweb zu machen, was eine Quersubventionierung erlaubt.

Aktive Betriebsräte werden von der Bahn mit Gehaltserhöhungen geködert. Ein freigestellter Betriebsrat darf eine Vertrauensperson nennen, an deren Laufbahn sich dann seine eigene Beförderung messen wird. Oft suchen sich Betriebsräte dann eine Person, die kurz vor der Beförderung steht und bekommen dann die gleiche prozentuale Steigerung. So manche dieser Betriebsräte haben es damit geschafft, ihr Gehalt zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen.
Und vergessen wir nicht, welch tolle solidarische Leistung der Transnet-Vorstand beim Abschluss des Beschäftigungssicherungsvertrags hinbekam. Bis 2010 sind betriebsbedingte Entlassungen ausgeschlossen. Die Gegenleistung der Gewerkschaft: Ausgerechnet die LokführerInnen müssen seit 2005 ohne Lohnausgleich länger arbeiten (41 Stunden). Das fiel dem Transnet-Vorstand nicht schwer, denn bei den LokführerInnen gibt es kaum Transnet-Mitglieder.
Und vergessen wir auch nicht: Der Aufsichtsrat, dessen Mitglied Hansen ja ist, hat sich 2006 seine Bezüge auf 875 000 € verdreifacht. Dafür, dass diese Herren gerade mal ein paar wenige Sitzungen im Jahr abhalten, ein stolzer Betrag für dieses Gremium.
Streikbrecher Hansen
Am verheerendsten ist allerdings die ganz konkrete Streikbrechertätigkeit des Herrn Hansen. Der von Hansen so hoch gelobte Tarifabschluss der Transnet vom Sommer 2007 liegt mit seinen real 2,8% sogar noch unter der aktuellen Preissteigerungsrate. Erst als der Transnet-Vorstand durch die kämpferische Haltung der GDL unter Druck geriet, forderte er den Bahnvorstand zu ergänzenden Verhandlungen über „Strukturveränderungen“ auf. Das hielt ihn aber nicht davon ab, gemeinsam mit dem Bahnvorstand weiterhin die faktische Tarifgemeinschaft der GDL mit der Transnet und der GDBA zu fordern und sich wiederholt abfällig über die Forderungen der GDL zu äußern. Vor allem die permanente Aufforderung an die GDL, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und in dieser Zeit nicht zu streiken – also die einzige Waffe aufzugeben, die eine Gewerkschaft hat – ist purer Streikbruch. Es ist Zeit, dass die KollegInnen dies öffentlich brandmarken.

 

Austritt der Transnet aus dem DGB?
Schon bei der Transnet-Bundesbetriebsrätekonferenz 2004 in Karlsruhe hatte Herr Hansen damit gedroht, seine Gewerkschaft werde ihren Weg auch notfalls gegen den DGB fortführen. Der Grund liegt nur zum Teil in den gegensätzlichen Positionen zur Bahnprivatisierung. Der Hauptgrund liegt in dem Bemühen der Transnet-Bürokratie, die finanzielle Misere der Organisation unter anderem durch eine Fusion mit der GDBA zu lösen. Die GDBA ist aber Mitglied im Beamtenbund DBB, also einem anderen Dachverband.
Die Diskussionen, für die Fusion mit der GDBA auch den Austritt aus dem DGB in Kauf zu nehmen, werden gänzlich hinter dem Rücken der Mitglieder geführt. Auch hier wird deutlich, dass die Apparatinteressen wichtiger sind, als die gewerkschaftliche Grundausrichtung und die bei anderer Gelegenheit so hoch gepriesene Einheitsgewerkschaft im Rahmen des DGB.
D. B.

 

Die DKP und der LokführerInnenstreik
Der Streik der LokführerInnen entspricht nicht dem gängigen linken Schema. Neben der neuen Partei Die Linke hat auch die DKP Schwierigkeiten mit dem GDL-Streik. Während sich der DKP-Vorsitzende Stehr mit den Streikenden solidarisch erklärte, bemäkelten andere DKP-Funktionäre das Fehlen gemeinsamer Streikaktionen von GDL und Transnet und lehnten den Rückzug der GDL aus der Tarifgemeinschaft ab. Kritiklos gegenüber den Gewerkschafts„spit
zen“ schieben sie die politische Verantwortung auf „opferbereite Belegschaften“ und sehen im LokführerInnenstreik gar einen möglichen Vorwand der Herrschenden für Repressalien gegen die ArbeiterInnenklasse. Dem Fetisch Einheitsgewerkschaft entspricht die Ignorierung der Gewerkschaftsbürokratie. Aber woher soll eine kritische Position zur ArbeiterInnenbürokratie kommen, zu der die DKP bis zum Zusammenbruch der DDR selbst gehörte?
B. B.

 

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