TEILEN
Ökologie

„Alles muss man selber machen! Sozialen Fortschritt erkämpfen“

Von Korrespondent Mainz | 01.02.2009

Nachdem am 13. Januar 2009 unter Polizeischutz im Kelsterbacher Wald am Flughafen Frankfurt die ersten Zäune gestellt wurden, war dies für die Bürgerinitiativen vor Ort der Tag X – der Baubeginn. Spätestens im Februar will der Flughafenbetreiber Fraport zum Bau einer neuen Landebahn mit der Abholzung des Waldes beginnen.

Nachdem am 13. Januar 2009 unter Polizeischutz im Kelsterbacher Wald am Flughafen Frankfurt die ersten Zäune gestellt wurden, war dies für die Bürgerinitiativen vor Ort der Tag X – der Baubeginn. Spätestens im Februar will der Flughafenbetreiber Fraport zum Bau einer neuen Landebahn mit der Abholzung des Waldes beginnen.

Am 14. Januar fand in Frankfurt am Main unter dem Motto ‚Alles muss man selber machen! Sozialen Fortschritt erkämpfen!‘ eine landesweite Demonstration statt, zu der ein breites Bündnis eingeladen hatte. Auch das Bündnis der Bürgerinitiativen rief zu der Demonstration auf. Bürgerinitiativen und die WaldbesetzerInnnen demonstrierten gemeinsam mit antifaschistischen, studentischen und migrantischen Gruppen sowie Arbeitsloseninitiativen. Ca. 2000 Menschen zogen dabei durch die Innenstadt.

Die Pläne von Fraport haben zum Ziel, die Flugbewegungen von jährlich 500 000 auf 800 000 zu verdoppeln. Dies bedeutet die Verdoppelung von Fluglärm und Dreck. Rodungen bis zu 600 ha sind geplant, der dreifachen Größe der Anfang der 80er Jahren gebauten Startbahn-West. Mitten im Rhein-Main-Gebiet werden gigantische Schneisen in vormals geschützte Waldgebiete gebrochen.

Ein kastriertes Nachtflugverbot von 23.00 bis 5.00 Uhr, das noch 17 Start- und Landebewegungen erlaubte, sollte trösten und den Bau einer Landebahn hinnehmbar machen. Dabei ist selbst dieses „Nachtflugverbot“ noch nicht einmal sicher.

Seit 2000 haben sich die Nachtflüge um fast 50 % gesteigert. Dahinter steht die Geldgier der Fluggesellschaften, denen die Nachtruhe der Umlandbevölkerung völlig egal ist.

Alle Bürgerinitiativen und viele Städte in der Rhein-Main-Region sind nicht bereit, für das Profitstreben von Fraport und der Fluggesellschaften die Gesundheit, Nachtruhe, ihren Naherholungsraum und die extreme Verschmutzung der Atmosphäre in Kauf zu nehmen.
Die Fraport möchte mit millionenschwerer Werbung glauben machen, der Flughafen sei das schiere Lebenselixier der Region.
Es geht um Profit
Fraport und Lufthansa sind jedoch keine Wohlfahrtsinstitute, denen die Schaffung von fantastischen Arbeitsplätzen am Herzen läge. Das Gegenteil ist der Fall: Wo es nur geht, wird rationalisiert und werden Arbeitsplätze abgebaut. Das, was den Menschen als Zukunftssicherung verkauft wird, bedeutet für die am Flughafen Beschäftigten vermehrter Arbeitsdruck und Stress. Ganze Unternehmensbereiche werden ausgegliedert, um mit Tochterunternehmen noch mehr Leistung für weniger Lohn aus den Menschen herauszupressen. Die meisten Arbeitsplätze, die neu entstehen, sind unterbezahlt, stressig, laut und schmutzig, sie zählen zu den gesundheitsschädlichsten der Republik.

Im Gegensatz zur herrschenden Politik fragen die Betroffenen in der Region nicht nur nach der Zahl der Arbeitsplätze, sondern ebenso nach den Arbeitsbedingungen, – ja mehr noch – nach dem Sinn und dem Inhalt der Arbeit. Sie fragen lautstark, wem sie nutzt und wem sie schadet. Und fragen nach Lebensqualität …

Verkehr, Kraftwerke, Ver- und Entsorgung belasten die Region mit einer immensen Menge von Schadstoffen, Feinstäuben, Versiegelung von Naturflächen, Lärm und nicht zuletzt dem global belastenden CO2.
Die Betroffenen fordern die Erstellung einer Gesamtbelastungsstudie für das Rhein Main Gebiet in Verbindung mit einem Planungsstopp für umweltbelastende Großprojekte.
AKW Biblis
Da ist das älteste aktive Atomkraftwerk der BRD. Seit 1975 und 1977 produziert das AKW-Biblis Strom aber auch atomares Gift. Diese Reaktoren sind jedoch nicht nur die „dienstältesten“ im Land, sondern auch die pannenanfälligsten. Hier in Hessen ereignete sich der folgenschwerste Unfall in einem bundesdeutschen AKW: im Dezember 1987 wurde die Rhein-Main-Neckar-Region beinahe zum radioaktiv verseuchten Katastrophengebiet.

Jeder weiß, dass Atomkraftwerke nicht sicher sind, sie sind ein nicht tragbares und unkalkulierbares Risiko, sie gehören abgeschaltet, sofort und ohne jeden Kompromiss. Es entstehen im atomaren Betrieb radioaktive hochgefährliche Substanzen (z.B. Plutonium mit einer Halbwertzeit von 24 000 Jahren), die für viele hunderttausend Jahre von der Biosphäre abgeschirmt werden müssen. Für die Atomstromkonzerne sind die längst abgeschriebenen Anlagen Gelddruckmaschinen: Überschlagsweise spülen die beiden Blöcke in Biblis jedes Betriebsjahr über 500 Millionen Euro in die Kassen der RWE.

An vielen AKW-Standorten, so auch im südhessischen Biblis, wurden unter „Rot-Grün“ neue so genannte „standorteigene Zwischenlager“ genehmigt und errichtet. Das heißt, in der dicht besiedelten Rhein-Main-Region stehen bis zu 40 Jahre lang Castoren randvoll mit hochradioaktivem Atommüll aus den Reaktoren Biblis A und B.

Es geht in diesem Sinne nicht ausschließlich um Ökologie: es geht auch darum, ob sich Herrschaftsstrategien in Deutschland, in Europa, ja weltweit durchsetzen lassen. So wie die Profite der Konzerne steigen, so verarmen andere Teile der Gesellschaft, Giftmüll der Industrienationen wird den Ärmsten der Welt vor die Füße gekippt, Verelendung und Hunger interessieren nicht, solange die Gewinne aus den Waren- und Kapitalströmen in die richtigen Taschen fließen. Die Arroganz der Macht zeigt sich in vielen Facetten. Nicht nur der Protest, sondern auch der Widerstand wird wachsen.

Artikel teilen
Kommentare auf Facebook
Zur Startseite