Aktionstag gegen Rechts
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KÖLN STELLT SICH QUER am 21. März 2024

Aktionstag gegen Rechts

Von Thies Gleiss, Köln, 22.03.2024 | 23.03.2024

Die Initiative des Kölner Bündnisses „Köln-stellt-sich-quer“ (KSSQ) am 21. März 2024, stadtweit innerhalb und außerhalb von Betrieben und Verwaltungen Aktionen gegen die AfD und die Rechten Aufmärsche zu veranstalten, stieß auf ein lebhaftes Echo. Der 21. März ist nicht nur Frühlingsanfang und für kurdische und andere Migrant:innen der Tag des Newroz-Festes, sondern er wurde schon in den sechziger Jahren von der UN-Vollversammlung in Erinnerung an das Massaker im südafrikanischen Sharpeville an protestierenden Menschen aus der Schwarzen-Gemeinde zum „Internationalen Tag gegen den Rassismus“ erklärt, an dem jedes Jahr weltweit Aktionen gegen die rassistische Diskriminierung stattfinden.

Dieses Jahr sollten nach Vorschlag von KSSQ um 11.45 Uhr überall die normale Arbeit unterbrochen und Aktionen gegen Rassismus und rechte Umtriebe organisiert werden. Die größten Unternehmen der Metallindustrie beteiligten sich in einer von den Betriebsräten, den IG Metall-Vertrauensleuten und den Geschäftsführungen gemeinsam unterstützten Aktion. Bei Ford-Köln gab es eine Video-Gesprächsrunde von Betriebsrat und Vorstand, die überall übertragen wurde, während die Produktion ruhte. Bei den Deutz-Werken versammelten sich große Teile der Belegschaft und formierten sich vor den Werkshallen zu einem Schriftzug „Art. 1 GG“ (Die Würde des Menschen ist unantastbar), der mit einer Drohne von oben gefilmt wurde. Bei Atlas-Copco formierten sich die Kolleg:innen zu einem Schriftzug „Respect“. In vielen kleineren Betrieben gab es Gesprächsrunden oder digitale Call-ins.

In zahlreichen Verwaltungen der Stadt, ebenso in der Lanxess-Arena, konnten sich die Beschäftigten arbeitsfrei nehmen, um an Aktionen teilzunehmen. Die Oberbürgermeisterin hielt eine überall übertragene oder verteilte Ansprache. Viele Schulen gingen mit selbst produzierten Schildern und Transparenten auf die Straße. Das Festkomitee der Karnevalsvereine rief ebenso zur Unterstützung auf wie die Fußballclubs 1. FC Köln und Viktoria Köln. Die Karnevalsvereine stellten eine riesige Figur des Kölner Bauern – Symbol der karnevalistischen Proteste – als Bühnendekoration zur Verfügung.

Auf verschiedenen Plätzen in Köln gab es 15 Minuten vor Zwölf Aktionen von Gastro-Betrieben und Clubs. Die Ratsfraktionen trafen sich zu einer öffentlichen Aktion vor dem Rathaus. In Kölner Theatern gab es öffentliche Auftritte und Publikumsangebote.

Für all diejenigen, die nicht zur Mittagszeit an Aktionen teilnehmen konnten und die unermüdlichen Aktiven wurde am Nachmittag ein Sternmarsch organisiert. Von fünf Sammelpunkten gingen Demonstrationszüge mit unterschiedlicher thematischer Ausrichtung zu einer gemeinsamen Abschlusskundgebung an der „Bastei“ am Rheinufer. Es gab Demonstrationen für die Migrant:innen, von „Köln-gegen-Rechts“, den verschiedenen Initiativen von der rechten Rheinseite und von der Gastro- und Clubszene. Aufrufe zum Sternmarsch gab es wie in Köln üblich von der gesamten Stadtgesellschaft, den Parteien, den Kirchen, den Karnevalsvereinen.

Angesichts des breiten Aufrufs und bei den vielen Aktionen zur Mittagszeit war bei dem abendlichen Sternmarsch aber schon ein wenig die Luft raus. Es waren nicht die 70.000 Menschen, die sich noch vor wenigen Wochen aus gleichem Anlass in Köln versammelten, sondern nach meiner Schätzung nur noch ungefähr 3000. Aber insgesamt war die Stimmung gut, und ein gelungener Aktionstag fand mit einem beeindruckenden Taschenlampen-Lichtermeer einen guten Abschluss.

Die Initiative, die Proteste gegen Rechts in die Tiefe der Gesellschaft, in Betriebe, Schulen und andere tägliche Strukturen hineinzutragen, ist sehr wichtig und muss unbedingt fortgesetzt werden. Es war eine breite städtische Aktionseinheit, bei der Unternehmensleitungen, Gewerkschaften, Kirchen und linke Oppositionsstrukturen zusammenarbeiteten. Das lässt sicher nicht immer und zu jedem zusätzlichen Thema wiederholen.

Gegen Rechts hilft als politische Medizin nur Links – das wird sich wie früher sehr schnell zeigen. Die Idee einer solidarischen Gesellschaft und einer sozialistischen Wirtschaftsplanung sind die Voraussetzung dafür, der Politik mit der Angst, die immer das Rezept der Rechten sind, eine Politik der Hoffnung entgegenzusetzen. Das wird mit einer Aktionsgemeinschaft von Gewerkschaften und Kapital, von linken Parteien und bürgerlichen Regierungsvertreter:innen nicht dauerhaft funktionieren. Wir brauchen eine politische Unabhängigkeit, um den rechten politischen Theorien und Forderungen unseren Widerstand langfristig entgegen zu stellen.

Aber der Vorsitzende des Kölner DGB, Witich Rossmann, hat ganz sicherlich auch Recht, als er gestern auf der Rede beim Sternmarsch hervorhob, dass in Köln am 4. Januar 1933 die wichtigsten Vertreter des deutschen Kapitals beschlossen, Hitler den Weg an die Macht zu ermöglichen, und dass es heute umso wichtiger ist, auch diese Vertretung der herrschenden Klasse in die Aktionen gegen Rechts einzubinden und ihnen eine Wiederholung der Verbrechen so schwer wie möglich zu machen.

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