Am 17. April führt das Bündnis „Wir zahlen nicht für eure Krise“ in Wiesbaden seine dritte bundesweite Aktionskonferenz durch. Das Bündnis funktioniert, aber es ist ihm noch nicht gelungen, breitere Kreise als im letzten Jahr zu mobilisieren.
Das vor gut einem Jahr gebildete Bündnis hat zwar mit den Auftaktdemos vom 28. März 2009 einen kleinen Achtungserfolg erzielt, aber die Ausdehnung stagniert, hauptsächlich aus zwei Gründen: Zum einen ist die Krise immer noch nicht bei breiteren Bevölkerungsschichten angekommen, zum anderen ist das politische Profil eher verschwommen und zu sehr darauf ausgerichtet, die Zustimmung der Gewerkschaftsführungen zu erlangen. Dabei ist von denen so lange keine Beteiligung zu erwarten, wie der Druck von unten nicht stärker geworden ist.
Für die Aktionskonferenz schlägt der Koordinierungskreis vor, sich zunächst über die politische Lage im Jahr drei der Krise auszutauschen (vielleicht auch zu verständigen). Es besteht weitgehend Einigkeit in der Einschätzung, dass die Abwälzung der Krisenlasten nach der NRW-Wahl an Fahrt aufnehmen wird.
Im Mittelpunkt der Beratungen sollen stehen: die Gesundheitsreform (mit Schwerpunkt Kopfpauschale), die kommunale Verarmung, die Situation in den Betrieben (Massenentlassungen), Rente mit 67 sowie der Kampf um eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Entgelt- und Personalausgleich. Ganz zweifellos ist Letzteres die strategisch wichtigste Achse im Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die ArbeiterInnenklasse, aber um hier voranzukommen, muss vor allem die Politik der Gewerkschaftsvorstände scharf kritisiert werden, die diesem Anliegen gerade in letzter Zeit wieder einen Bärendienst erwiesen haben. Die IG Metall hat nämlich mit ihrem Tarifabschluss „Zukunft in Arbeit“ (ZiA) grundsätzlich der Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich zugestimmt und damit die Parole „Arbeitszeitverkürzung“ ein weiteres Mal diskreditiert1.
Im zweiten Abschnitt der Konferenz soll es um die Handlungsoptionen für die nächsten Monate gehen. Es soll ein Aufruf diskutiert und verabschiedet werden, der für den bereits beschlossenen bundesweiten Aktionstag 12. Juni genutzt werden soll. Fest steht im Prinzip, dass es neben Berlin in einer oder zwei weiteren Städten zu Großdemonstrationen kommen soll. Es ist leider zu befürchten, dass der Aufruf nur wenige oder gar keine konkreten Forderungen benennen wird und nicht zuletzt deshalb nicht die Mobilisierungskraft entwickeln wird, die heute möglich wäre.
Der Aufruftext ist aber nur ein Moment bei der Mobilisierung. Wichtiger ist die konkrete Mobilisierungsarbeit vor Ort. Dazu können die örtlichen Bündnisse ihre eigenen Materialien nutzen. Nur gibt es zurzeit noch zu wenige örtliche Bündnisse und nur, wenn sie gut arbeiten, können sie auch Druck auf die örtlichen Gewerkschaftsgliederungen ausüben, also offensiv auf sie zugehen, ohne sich von ihnen abhängig zu machen. Und: Die Aktivitäten der nächsten Monate sollten mit der Bildungsstreikbewegung verzahnt werden.
Einen richtigen Auftrieb könnte die Mobilisierung in den nächsten Monaten allerdings von einer ganz anderen Seite bekommen: Wenn sich die Proteste und Streiks in Griechenland ausweiten, könnte das auch hierzulande vielen Menschen Mut machen.
1 Danach braucht – je nach Tarifgebiet – bis zur Absenkung auf 30 oder 31 Stunden überhaupt kein Entgeltausgleich stattfinden, danach nur zu ca. 15 %.
http://www.labournet.de/diskussion/wipo/gesund/rakowitz4.html