Das gewerkschaftliche „Stuttgarter Zukunftsforum“ hatte für den 17.05. zu einer Konferenz ins Gewerkschaftshaus geladen. Thema: „Umverteilen statt Sozialabbau. Gegenwehr organisieren“.
Zum Stand der Gewerkschaftsbewegung in Deutschland referierte Frank Deppe, zu den wirtschaftspolitischen Alternativen der Gewerkschaften gegenüber Sparpolitik und Sozialabbau Michael Schlecht, Leiter der wirtschaftspolitische Abteilung bei Ver.di, und Johannes Steffen (Arbeiterkammer Bremen) zu den aktuellen Angriffen von Schröder und Kapital. Einig waren sich die TeilnehmerInnen darüber, dass den Gewerkschaften ein größeres politisches Mandat und eine größere Verantwortung im Kampf gegen den Abbruch des Sozialstaates zuwachse, als bisher von diesen wahrgenommen wurde.
In zwei Referaten wie auch in einigen Diskussionsbeiträgen wurde betont, dass die gewerkschaftliche Linke, zusammen mit der Antiglobalisierungsbewegung, mittel- bis langfristig eine „neue politische Formation" (Partei) bilden müsse. Diese Formation solle die Interessen der Arbeitenden zum Ausdruck bringen! So klar wurde dies bisher in der bundesdeutschen Gewerkschaftslinken noch nicht geäußert. Die 170 bis 200 TeilnehmerInnen reagierten auf diesen Vorschlag mit Applaus. Für uns revolutionäre MarxistInnen ergibt sich hieraus die Möglichkeit, perspektivisch unsere („abstrakte") Propaganda für eine „Sozialistische ArbeiterInnenpartei" zu konkretisieren.
Einig war mensch sich, dass die Gewerkschaftsführungen bisher sehr schwach auf die bisher schärfsten Angriffe auf die sozialen Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung reagiert haben und dass alle gewerkschaftlichen Mittel (einschließlich Streik) eingesetzt werden müssen. Aber die Stimmung in den Betrieben sei noch nicht „streikreif". Weitere Aufklärungsarbeit steht an. Die geringe Kampfbereitschaft (auch wenn bei SKF in Schweinfurt schon am 28. April gegen die „Agenda 2010" gestreikt wurde, s. Kasten) hängt auch mit der perspektivlosen Kampfführung der Gewerkschaftsführungen zusammen. IG-Metall Vize Jürgen Peters kündigte an, dass – sollte die Regierung nach den Aktionstagen vom 24.5. nicht einlenken – der Kampf gegen die Agenda 2010 „in den kommenden Tarifrunden weitergeführt werden müsse"?! Um dieser Demobilisierungstaktik entgegenzutreten, wurde auf der Konferenz ein klarer „Mobilisierungs-Eskalationsplan" (siehe Kasten) entwickelt. Dieser Mobilisierungsplan wurde in eine größtenteils zahme Abschlusserklärung der Konferenz eingefügt. Dennoch kann mit dem Mobilisierungsplan in den gewerkschaftlichen Gremien gearbeitet werden.
Ein Wermutstropfen bei den Referaten war das einseitige Setzen von Michael Schlecht auf die Stärkung der Binnennachfrage, als ob damit der Angriff von Schröder und Kapital ideologisch abzuwehren wäre. Diese neo-keynesianische Position gibt natürlich keine ausreichende Antwort auf die Frage, wofür heute GewerkschafterInnen im Kampf gegen die „Agenda 2010" eintreten müssen. Natürlich verschärft der Rückgang der Binnennachfrage die Krise, aber seine Ursachen liegen tiefer; Rückgang der Profitrate und Zunahme der Produktivität. Es ist die alte Hoffnung, die SPD doch noch „zu überzeugen", dass die Gewerkschaftsbürokratie es besser weiß, was für das Kapital gut ist. Zum Glück wurde diese Herangehensweise als völlig unangebracht kritisiert. Damit können die Gewerkschaften nicht politisch gewappnet werden.
Insgesamt war die Konferenz eine überraschender kleiner Erfolg, vergleicht man sie mit dem Unvermögen der bundesweiten Gewerkschaftslinken, etwa zum Irak-Krieg in den Betrieben aktiv zu werden!
- Nach den regionalen Protesten am 24.05. gegen die Agenda 2010 mit einer bundesweiten Großdemonstration aller Gewerkschaften, Arbeitsloseninitiativen, Sozialverbände und Anti-Hartz-Initiativen nach Berlin! Wenn möglich noch vor der Sommerpause!
- Weil dies aber nicht reichen wird, um die „Agenda 2010" zu kippen, müssen Aktionen in den Betrieben organisiert werden, bis hin zum Streik.