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Afghanistan: Karzais Wiederwahl Demokratie à la Obama und Merkel

Von M. Anwar Karimi | 01.12.2009

Mit schamlosen Hinterzimmer-Fehden und Intrigen der sogenannten Internationalen Gemeinschaft – nämlich westlicher Beamter, Spione und Diplomaten – wurde Hamid Karzai am 19.11.2009 als Präsident Afghanistans für weitere fünf Jahre vereidigt. Karzais Wiederwahl ist in erster Linie ein Gewinn für die Warlords, Drogenbarone, korrupten Minister und höheren Beamten.

Mit schamlosen Hinterzimmer-Fehden und Intrigen der sogenannten Internationalen Gemeinschaft – nämlich westlicher Beamter, Spione und Diplomaten – wurde Hamid Karzai am 19.11.2009 als Präsident Afghanistans für weitere fünf Jahre vereidigt. Karzais Wiederwahl ist in erster Linie ein Gewinn für die Warlords, Drogenbarone, korrupten Minister und höheren Beamten.

Mit zunehmenden Bauchschmerzen verfolgten die USA und ihre Verbündeten die von ihnen mit organisierte Präsidentschaftswahl in Afghanistan, die in einem Fiasko endete. Der Betrug besonders des Karsai-Lagers (mit einer Million Phantom-Stimmzetteln) war so gewaltig, dass niemand mehr die Augen davor verschließen konnte.

Eigentlich sollte die Präsidentenwahl eine Bestätigung der Reise Afghanistans auf dem Weg in eine blühende Demokratie sein. Ganz im Gegensatz dazu aber offenbarte sie deutlich die leeren Versprechungen von Präsident Karzai und der westlichen Mächte, die ihn im Dezember 2001 an die Macht gebracht hatten.

Seitdem funktioniert das politische System Afghanistans allein über Netzwerke – über das Patronagesystem des Präsidenten, indem er verschiedenen Stammesführern oder Warlords und Drogenbaronen Ämter zuspricht, die als Gegenleistung versuchen, seine Politik umzusetzen. Das ist das einzige Mittel, das er hat.

Außerhalb Kabuls ist er auf Verbündete angewiesen, die sich ebenfalls in einem Netzwerk befinden. Das funktioniert nur so lange, wie er ihnen Posten und Ressourcen zukommen lässt.

Das Karzai-System ist Teil der gesamten Korruption im Land. Wenn jemand Gouverneur einer Provinz werden will, muss er ca. 50 0000 – 100 0000 Euro an die Ministerien in Kabul zahlen. Das Geld müssen die Gouverneure natürlich wieder hereinholen. Das ganze System baut also darauf auf, dass Posten gekauft werden. Das geht hinunter bis zum Distrikt-Gouverneur und zum Polizeichef. Karzai kann sich nur an der Macht halten, solange dieses System fortdauert. Wollte er mit ihm brechen, würde seine Macht ins Wanken geraten. Immer dann, wenn er versucht hat, einen Gouverneur von der einen in die andere Provinz zu verschieben und dabei auf Widerstand traf, konnte er sich selten durchsetzen. Ihm fehlen also die Machtmittel, um seine Politik durchzusetzen. Er ist darauf angewiesen, mit diesen Netzwerken zu hantieren.

Zweifellos ist Karzai einer den korruptesten Politiker der Welt. Aber um so merkwürdiger ist, dass ein afghanischer Präsident, der für sein Überleben auf NATO-Truppen und westliche Gelder angewiesen ist, beauftragt wird, Dinge zu tun, die außerhalb seiner Macht stehen.
Gewaltige Korruption
Es waren die westlichen Mächte, die die afghanischen Kriegsherren, die von den Taliban (1996-2001) besiegt waren, an die Macht zurückbrachten. Aber jetzt verlangen sie von dem schwachen afghanischen Präsidenten, diese mächtigen Männer, die hohe Ämter als Statthalter, kommandierende Generäle, Minister und Berater haben, aus dem Weg zu räumen.
Die USA und ihre Verbündeten mit 108 000 Soldaten in Afghanistan sind in erster Linie verantwortlich für Korruption, Warlordismus und Anstieg des Opium- und Drogenhandels und für die Untätigkeit gegenüber den Drogenbaronen.

Im Laufe der letzten acht Jahre haben die Vereinigten Staaten durch die Unterstützung der Drogenbarone mitgeholfen, das Land zum größten Rauschgift-Lieferanten der Welt zu machen. Heute werden 93 Prozent des gesamten Opiums der Welt in Afghanistan produziert. Viele Parlamentsabgeordnete und hochrangige Offizielle und Minister ziehen ganz offen Nutzen aus dem Drogenhandel.
Der eigene Bruder des Präsidenten, Ahmad Wali Karzai ist ein weithin bekannter Drogenhändler, der laut Bericht der Zeitung „The New York Times“ seit acht Jahren zusätzlich regelmäßige Zahlungen vom US-Geheimdienst CIA erhält. Der Geheimdienst zahle ihm – so die New York Times – für verschiedene Dienste, darunter Hilfe beim Aufbau von paramilitärischen Todesschwadronen, die auf Anweisung der CIA im Großraum Kandahar agieren.

Die US-und NATO-Truppen geben Hunderte von Millionen Dollar jährlich für Verträge mit afghanischen Sicherheits-Anbietern aus, die lokalen Machthabern unterstehen, die sich diverser Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht haben.
Ahmed Wali Karzai und Hashmat Karzai, einen anderen Bruder von Präsident Karzai, und Hamid Wardak, der Sohn des Verteidigungsministers Rahim Wardak sind mächtige Figuren, die private Sicherheitsdienst-Unternehmen kontrollieren und Aufträge im Bereich der Sicherheit ohne Registrierung bei der Regierung bekommen haben.

Man geht davon aus, dass 1 000 bis 1 500 nicht registrierte bewaffnete Sicherheitsgruppen – ausgebildet und bewaffnet von ISAF- und US-Truppen – für Sicherheitsdienste eingesetzt wurden. Von den 120 000 individuell bewaffneten Personen sind nach Schätzungen der UNMA zufolge nicht weniger als etwa 5000 Angehörige der privaten Milizen in Afghanistan.
Auch seit Kurzem versucht die US-Special-Force, mit stillschweigender Zustimmung der deutschen Besatzungstruppe in Großraum Kundus neue Milizenbanden aufzustellen, um einerseits ihre Basen vor Angriffen der Aufständischen zu schützen und andererseits dadurch ihre Verluste während der Aufstandsbekämpfung zu verringern.
Verschlechterte Lage
Berichte über die Situation in Afghanistan zeigen, dass die Lage immer hoffnungsloser wird. Die Aufständischen erobern eine Provinz nach der anderen, die Warlords kämpfen schon jetzt für die Erweiterung ihre Einflussgebiete, die Korruption blüht, Recht und Ordnung bleiben auf der Strecke. Ohne das Geld westlicher Länder könnten die Kriegsherren ihre expandierenden Ambitionen gar nicht durchführen.

Denn solange die Warlords, Gebietsfürsten und Distriktgouverneure mit jährlichen Millionenbeträgen auf der Gehaltsliste der CIA und der NATO stehen, haben sie noch weniger Interesse an friedlichen Verhältnissen in der Region. Je mehr Krieg und Terror, um so besser – ansonsten würden diese hohen Einnahmen für sie wegfallen. Das Geld bekommen diese Führer dafür, dass sie private Sicherheitstruppen mieten, um die jeweiligen Basen der westlichen Truppen sowie die Transportwege vor aufständischen Überfällen zu schützen. Diese Kuh gilt es, mit allen Mitteln zu melken.

Nun versucht man, aus Karzai einen Sündenbock für das kollektive westliche Scheitern in Afghanistan zu machen und auf diese Weise die öffentliche Meinung in den westlichen Ländern zu beeinflussen, weil sie gegenüber ihrer Bevölkerung keinen entscheidenden militärischen S
ieg gegen die Aufständische vorweisen können.

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