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Länder

Beherrschung auch ohne Diktaturen

Von Politisches Sekretariat des RSB | 01.03.2011

Die gegenwärtigen Umbrüche in der arabischen Welt beunruhigen die imperialistischen Mächte mehr als sie zugeben wollen. Denn diese revolutionären Prozesse könnten sehr wohl über den Sturz der Diktaturen hinausgehen und tiefgreifende soziale Veränderungen in Gang setzen.

Die gegenwärtigen Umbrüche in der arabischen Welt beunruhigen die imperialistischen Mächte mehr als sie zugeben wollen. Denn diese revolutionären Prozesse könnten sehr wohl über den Sturz der Diktaturen hinausgehen und tiefgreifende soziale Veränderungen in Gang setzen.

Dann stünden handfeste wirtschaftliche Interessen nicht nur der dortigen herrschenden Schichten auf dem Spiel, sondern auch der imperialistischen Mächte, vor allem der EU.
Rekolonisierung im Gang
Die Herrschaft der Potentaten im Maghreb und im Nahen Osten hat das Geschäft der Imperialisten erleichtert. Nicht nur konnten auf diese Weise umfangreiche Waffengeschäfte getätigt werden (allein jährlich 1,4 Mrd. $ an US-Rüstungs­hilfe für Ägypten), vor allem das Eindringen ausländischen Kapitals in die Volkswirtschaften dieser Länder wurde auf diesem Weg bedeutsam erleichtert. Die Rekolonisierung vor allem der südlichen Mittelmeeranrainer bekam mit dem Barcelona-Prozess einen gewaltigen Schub. Seit 1995 wurden mehr und mehr Zollschranken abgebaut und damit das Eindringen billiger Waren aus der EU in den dortigen Wirtschaftsraum erleichtert. Europäische Konzerne konnten verstärkt dort Fertigungsstätten mit Billigjobs errichten und in Kombination mit dem Import ausländischer Waren die dortigen Volkswirtschaften völlig aus dem Tritt bringen.

Mit der von Sarkozy 2008 angeregten Mittelmeerunion (UPM) werden neben der wirtschaftlichen Durchdringung politische „Ratgeber“ in diese Länder geschickt, um die „Wirtschaftsreformen“ zu unterstützen. Sogar die Restrukturierung staatlicher Verwaltungsaufgaben wurde in den letzten Jahren mit Hilfe von Gesandten aus der EU vorangetrieben. Die polizeiliche Kooperation – auch und gerade zur Abwehr afrikanischer Flüchtlinge – tut ihr Übriges. So haben sich allein in Libyen bislang mehrere Millionen (!) illegalisierte AfrikanerInnen aufgehalten, etwa 60000 Menschen hielt der libysche Staat in Lagern in der Wüste gefangen – bezahlt von der EU. Die Grenze der Festung Europa verläuft durch Nordafrika. Mit dem Wegfall der Kooperation durch die diktatorischen Regime drängt sich dem Imperialismus eine direkte, militärische „Lösung“ der Flüchtlingsfrage auf. Die italienische Regierung erwägt daher bereits die Entsendung von Polizeitruppen nach Tunesien.

Die wesentlichen Interessen der EU liegen in der fortgesetzten Ausbeutung billiger Arbeitskräfte, dem ungestörten Bezug von Rohöl (vor allem aus Algerien und Libyen), der ungestörten Fahrt durch den Suez-Kanal und dem Absatz von Waren. Solange dies gesichert bleibt, kann man auch die Diktatoren (spätestens dann, wenn sie eh nicht mehr zu halten sind) fallen lassen.
Den Sturz der Diktaturen bekommen die arabischen Massen wohl auch ohne unsre aktive Unterstützung hin. Schwieriger wird es bei der Durchsetzung sozialer Umwälzungen und dem Abschütteln neokolonialer Beherrschung werden. In der nächsten Zeit wird auf diesem Gebiet eine umfangreiche aktive Solidaritätsarbeit in den imperialistischen Metropolen erforderlich sein.

Der RSB unterstützt den Aufruf der Versammlung der sozialen Bewegungen auf dem Weltsozialforum von Dakar für einen Tag der weltweiten Solidarität mit der Revolution in der arabischen Region am 20. März (dies ist der Jahrestag der Invasion in den Irak 2003). Die Aufgaben der internationalen Solidarität mit den revolutionären Prozessen in der arabischen Welt werden in den nächsten Wochen und Monaten zweifellos wachsen. Wir haben also viel zu tun. Organisieren wir uns!

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