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Das Recht zu schweigen (Teil 2)

Von Dimitri Tolov | 01.03.2011

An dieser Stelle wird der in der letzten Avanti begonnene Artikel über die von den bürgerlichen Medien verschwiegenen, aber umso wichtigeren Wikileaks-Veröffentlichungen fortgesetzt. Denn wie immer versuchen die Medien, uns im Trivialen zu ertränken, um die öffentliche Aufmerksamkeit von den wirklich bedeutenden Fakten abzulenken.

An dieser Stelle wird der in der letzten Avanti begonnene Artikel über die von den bürgerlichen Medien verschwiegenen, aber umso wichtigeren Wikileaks-Veröffentlichungen fortgesetzt. Denn wie immer versuchen die Medien, uns im Trivialen zu ertränken, um die öffentliche Aufmerksamkeit von den wirklich bedeutenden Fakten abzulenken.

Während in der Öffentlichkeit immer noch die Meinung vorherrscht, der Staat Israel würde in irgendeiner Art und Weise zu den „guten“ gehören und am Elend in Palästina und besonders im Gazastreifen sei die „Misswirtschaft“ der Hamas schuld, redet Israel mit seinem engsten Verbündeten, den USA, Klartext. Die norwegische Zeitung Aftenposten veröffentlichte die ungekürzte Depesche der US-Botschaft in Tel-Aviv. Bereits der erste Satz bringt die Dinge auf den Punkt:
Gaza – Krieg gegen ein ganzes Volk
„Since the Hamas takeover, Israel has designated Gaza as a  ‚hostile entity‘ [..].“ („Seit der Hamas-Machtübernahme hat Israel den Gazastreifen als ‚feindseliges Gebilde‘ angesehen.“)  Als Feind angesehen wird nicht die (demokratisch gewählte) Hamas, nicht ihre Milizen, sondern Gaza als solches. Seine Zivilbevölkerung, seine Wirtschaft, seine Schulen, seine Krankenhäuser. Die Depesche erläutert danach die Rolle der israelischen Währung Schekel, die auch im Gazastreifen verwendet wird. Durch permanente Unterversorgung mit Geld erzwingt die Israelische Regierung eine tauschbasierte Ökonomie und verhindert jeden Ansatz einer funktionierenden Wirtschaft. Konsequent auf den Punkt gebracht bedeutet das:

„As part of their overall embargo plan against Gaza, Israeli officials have confirmed […] that they intend to keep the Gazan economy on the brink of collapse without quite pushing it over the edge […].“ („Als Teil ihres Gesamt-Embargoplans gegen Gaza haben israelische Vertreter bestätigt, dass es ihre Absicht ist, die Ökonomie in Gaza am Rand des Kollaps zu halten, ohne sie jedoch ganz in den Abgrund zu stoßen.“) An anderer Stelle spricht das Schreiben auch explizit davon, die Ökonomie auf dem „niedrigstmöglichen Niveau zu halten, während eine humanitäre Krise vermieden werden soll“.
Das Ziel der israelischen Politik ist es offenbar, im Gazastreifen jede Form der wirtschaftlichen und damit auch der politischen Entwicklung zu verhindern. Lediglich die völlige wirtschaftliche und die hierauf folgende humanitäre Katastrophe sollen „vermieden“ (nicht etwa verhindert) werden. Frieden oder Versöhnung spielen in diesen Überlegungen nicht die geringste Rolle, allen Lippenbekenntnissen zum Trotz. Dass die Hauptleidtragenden die Menschen Gazas ist, versteht sich von selbst. Dass an sie nur gedacht wird, wenn es um die Machtgrundlage der Hamas und nicht um die Lebensgrundlage von Menschen geht, ebenso. Oder, um es mit dem trockenen Humor des US-Botschafters zu sagen: „Die Politik der israelischen Regierung stimmt mit ihrer Einschätzung des Gazastreifens als ‚feindliches Gebilde‘ überein“. (Depesche nachzulesen unter: http://www.aftenposten.no/spesial/wikileaksdokumenter/article3972840.ece)
Kuweit 1990 und die USA
Die wohl spektakulärste aller Veröffentlichungen dürfte das Gesprächsprotokoll zwischen Saddam Hussein und dem damaligen US-Botschafter in Bagdad am 09. Juli 1990, am Vorabend des irakischen Einmarsches in Kuwait, sein. Dieser je nach Zählung erste oder zweite Golfkrieg war seit langem ein Spekulationsobjekt für Verschwörungstheoretiker­Innen ebenso wie für Historiker­Innen.
Umso erstaunlicher ist die fehlende Resonanz auf die bekannt gewordenen Tatsachen, denn offensichtlich waren die Verschwörungstheorien doch nicht so theoretisch… – doch der Reihe nach:

Zwei Jahre zuvor war der irakisch-iranische Krieg nach hohen Verlusten für beide Seiten zu Ende gegangen, und Saddam Hussein suchte nach einer Erholungsphase nach neuen Expansionsmöglichkeiten und fand diese in Kuwait. Ein ungelöster Grenzkonflikt sowie die andauernden Verstöße gegen die OPEC-Förderquote brachten hervorragende Anlässe, doch zunächst musste die Neutralität der Hegemonialmacht USA gesichert werden. Nachdem zunächst die verzweifelte Situation des Iraks verdeutlicht werden sollte (Hussein gab an, bald „die Kriegswaisenrenten kürzen zu müssen“), machte Saddam Hussein in einem langen Gespräch deutlich, dass eine militärische „Lösung“ unmittelbar bevorstehe, sollte Kuwait nicht einlenken, womit die Frage, wie viel die USA wann wussten, wohl abschließend beantwortet sein dürfte.

Eine viel wichtigere Frage wird am Ende des Protokolls fast beiläufig beantwortet:
„Damals wie heute bezogen wir keine Position in diesen arabischen Belangen.“

Sich von den USA gedeckt wähnend, marschierte Saddam Hussein nur einen Monat später in Kuwait ein, von den USA in einen Krieg geführt, den angeblich niemand kommen sehen konnte, der aber dem US-Kapital lukrative Aufträge in Milliardenhöhe, Zugriff auf wichtige Ölfelder und neue Absatzmärkte eröffnete. (Depesche nachzulesen unter: http://213.251.145.96//1990/07/90BAGHDAD4237.html)

Ein „Kommunist“, wer Böses dabei denkt…

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